Zur Wahl, III

Zwei Dinge wundern mich:

1. Die in linken Kreisen überall umgehenden Aufforderungen, doch zur Wahl zu gehen; mit der einen oder der anderen Begründung. Die linke Szene tut sich anscheinend schwer, zwei Dinge zu begreifen: a) ihre Personenstärke ist nicht ausreichend, um im geltenden deutschen Wahlrecht irgendeinen Unterschied zu machen, b) keineswegs vergibt sich, wer nicht wählen geht, das Recht, das Ergebnis zu bemängeln; sondern es ist, nach dem Zeugnis der klassischen Demokratietheoretiker, genau umgekehrt: wer seine Stimme gibt, erklärt sein Einverständnis mit dem Verfahren, und mit dem Ergebnis. Aber lassen wir das bei Seite.

2. Auf der anderen Seite finde ich unter radikalen Linken überall ein gründliches Desinteresse daran, was aus den Ergebnissen einer Wahl sich ablesen lässt. Zu den wenigen Dingen, die unsereins an dieser Veranstaltung unter allen Umständen interessieren müssen, gehören unbedingt die Aufschlüsse, die sie uns geben kann. Das Interesse, das völlig irrational der Wahl in der Wahlkampfphase entgegengebracht wird, erlischt ebenso irrational mit dem Wahltag. Im schlimmsten Falle wird es ersetzt durch lähmendes Entsetzen über z.B. das Ergebnis der AfD.

Aber nirgendwo will anscheinend jemand wissen, worum es denn bei der Wahl denen, die gewählt haben, z.B. wirklich gegangen ist. Lässt sich das wirklich mit den reduzierten Schlagworten beschreiben, wie „die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung“? Ich habe auf die letzten Umfragen z.B. in Bayern hingewiesen. Dort zeigen die letzten Umfragen vor der Wahl schon um die 10% für die AfD, während die CSU noch nicht einmal merklich verloren hat. An wen hat die CSU denn nun wirklich verloren? Die Antwort auf diese Frage kann uns doch nicht gleichgültig sein.

Es rumort etwas in dieser Gesellschaft, aber ist es die AfD? Ist ein angeblich verbreiteter Volkszorn über die angeblich stattgefundene „Grenzöffnung“ wirklich das einzige bewegende Element? Fragmentiert sich die Parteienlandschaft wirklich hauptsächlich wegen dieser Frage? Kaum. Also: was, zum Teufel, findet in dieser Gesellschaft gerade statt?

Beobachten wir das ganze also.

Dieser Beitrag wurde unter Geschireben veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.