Zur Wahl, IV

Diesmal: Sachsen. Zum allgemeinen Entsetzen liegt die AfD knapp vor der CDU. Auch hier war das in der letzten Umfrage vor der Wahl noch nicht abgebildet. Dort liegt stattdessen die CDU bei 46%, die AfD bei 18%.

Die CDU liegt hinter dieser Umfrage etwa 20% zurück. Die AfD hat ein um 10% besseres Ergebnis. Die kleineren Parteien, zu denen in Sachsen auch die SPD zählt, haben leicht bessere Werte als in den Umfragen. Eine Gemeinsamkeit zur bayerischen Situation: die Unionsparteien verlieren, und zwar in etwa gleichviel zur „Mitte“ und zur „Rechten“. Man kann es auch anders beschreiben: die bisherige Konstellation der bürgerlichen Parteien löst sich auf. Die CDU in Sachsen, 1999 noch bei nahe 60%, hat sich seitdem etwa halbiert. So sieht es jedenfalls oberflächlich aus.

Vergleicht man die absoluten Stimmenzahlen von 2017 mit denen von 2013, so zeigt sich, dass bei um 7% gestiegener Wahlbeteiligung die CDU ein Drittel ihrer absoluten Stimmen verloren hat. SPD und Linkspartei haben Stimmen in wesentlich geringerem Verhältnis verloren. Die Stimmenverluste summieren sich zusammen mit der höheren Wahlbeteiligung etwa auf die Stimmengewinne von AfD und FDP.

Mit Blick auf die Grössenordnung (etwa 600.000 Mann) könnte man sagen, dass sich die halbe Wählerschaft der CDU Miegels und Biedenkopfs neu formiert hat. Aber ohne Zweifel ist die AfD nicht eine neue CDU neben der CDU, ein entlaufenes Potential, das der CDU wegen der angeblichen Grenzöffnung entglitten wäre und durch eine konsequente Politik wieder unverwandelt zurückzuholen wären.

Wir werden die ganze Angelegenheit wahrscheinlich genauer betrachten müssen, nämlich als Abschnitt zweier benennbarer Entwicklungen: nämlich einerseits das Zerbrechen des Bündnisses von Liberalismus und Konservatismus, andererseits die Demobilisierung der sozialdemokratischen Konstellation. Die Krise der Sozialdemokratie hat sich zu einer gesellschaftlichen Hegemoniekrise entwickelt; und zuletzt werden wir die gegenwärtigen Vorgänge als politische Auseinandersetzung innerhalb der arbeitenden Klassen beschreiben müssen, als Auseinandersetzung zwischen verschiedenen brüchig gewordenen politischen Modellen oder Orientierungen.

Ansonsten wären wir verdammt, bei Analysen wie solchen hängenzubleiben. Es wird sich aber doch etwas mehr dazu sagen lassen, sollte man denken.

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