Ich weiss es nicht anders zu sagen: Dieser Beitrag zur Diesel-Debatte ist das dümmste, was ich lange gelesen habe. Selbst für Verhältnisse der Jungle World strunzdämlich.
Man mag das libidinöse Verhältnis der Deutschen zum Auto kritisieren, doch für viele entstand mit dem eigenen Auto die erste Möglichkeit, der Enge der Kleinstadt oder des Jugendzimmers zu entfliehen, Freunde und Clubs zu besuchen oder auf der Rückbank Sex zu haben. Vor allem aber sollte man die politischen Folgen bedenken, die der Kampf der Umwelthilfe hat. Diese Grünen werden die Braunen stark machen.
Man weiss nicht, ob das eine gut geschriebene Satire auf das Niveau der heutigen antideutschen Szene ist, oder ein Beispiel für dieses. Die „Deutschen“, die haben ein libidinöses Verhältnis zum Auto, aber die jungen Antideutschen nicht, sondern die haben Sex auf der Rückbank. Und deswegen machen die Grünen die Braunen stark. „Stark machen“ (einen „Gedanken“ etwa) war doch, dachte ich, die deppendialektische Vokabel für „etwas sagen“.
Woher die antideutsche Liebe zum Auto? Sie kommt von der neugefundenen Liebe zur Industrie und der Aussenhandelsbilanz. „Der Kampf für Fahrverbote ist ein antimoderner Kampf gegen die Industrialisierung“, prahlt die Artikelüberschrift. Kleiner hat man es nicht?
Solche Sachen könnte man ganz abtun, wenn da nicht immer das eine kleine Zeichen gegeben würde, an em man erkennt, wo der Hase herkommt:
Warum wir trotzdem über den Diesel diskutieren, hat der Kabarettist Vince Ebert bereits im vergangenen Jahr auf den Punkt gebracht: »Was ist typisch deutsch? Wenn studierte Theaterwissenschaftler utopische Grenzwerte beschließen, Ingenieure und Automanager aus Feigheit vor einer öffentlichen Konfrontation kuschen und dann hintenherum versuchen, das Ding mit unlauteren Mitteln hinzubiegen.«
Kabarettisten zitiert man, wenn man etwas so selbst nicht gesagt haben will; und in der Tat würde einen nicht mal die Jungle noch drucken, wenn man ernsthaft behaupten wollte, studierte Theaterwissenschaftler hätten sich die Verordnungen 715/2007/EG, 692/2008 (EG) oder 595/2009 (EG) ausgedacht. Wie kommt denn die deutsche Autoindustrie in den Fall, dass irgendwelche Leute ihnen „utopische Grenzwerte“ aufzwingen? Hat sie keine Lobby, die ihre Interessen in den Gesetzgebungsprozess einfliessen lässt?
Natürlich ist nie ein Grenzwert beschlossen worden, von dem die deutsche Autoindustrie nicht gedacht hat, ihn einhalten zu können. Und zwar durch Betrug, ermöglicht durch die kartellierten Strukturen und durch die immer bereitstehende Beihilfe des Staates. Grüne im Klimawahn zerstören die deutsche Industrie, das sagen Kabarettisten und das sagt Jürgen Elsässer, und so etwas schafft es auch durch das Lektorat der Jungle World.
Aber es passt ja ganz gut zur Befindlichkeit der Leserschaft: studierte Geisteswissenschaftler neigen dazu, studierte Geisteswissenschaftler zu verachten, und geben ihnen gerne Schuld an allem Übel der Welt. Selbsthass oder Grössenwahn? Aber seit Trump Präsident ist, springt man gerne auf die Idee auf, den hätten „die Arbeiter“ gewählt, und rechnet stolz den anderen Linken vor, wie viel mehr man selbst versteht, was „die Arbeiter“ umtreibt.
Je loser es erlaubt ist, zu argumentieren, desto besser bei diesem Spiel. Es läuft aber leider darauf hinaus, dass Leute wie Laurin der Jungle-Linken dasselbe aufzuschwatzen versuchen, was Elsässer „den Arbeitern“ versucht aufzuschwätzen. Ob man es ihnen glauben wird? Das hängt an folgendem: die deutsche Autoindustrie wird den chinesischen Markt (nur als Beispiel) verlieren. Liegt das daran, dass dort die studierten Theaterwissenschaftler das sagen haben? Man kann es ja versuchen, den Leuten einzureden. Es wird halt nicht stimmen. Es sind nicht die Fahrverbote, nicht die Umwelthilfe, es sind nicht die Karikatur-Grünen; die Krise der deutschen Autoindustrie ist, wie die Autoindustrie selbst, eine Sache der Weltmärkte, und das weiss niemand so genau wie die Autoindustrie selbst.
Die absurde Debatte, die seit ein paar Wochen in der Qualitätspresse geführt wird, ist nichts anderes als Bullshit. Und natürlich wird sie dann, detailgetreu, in der Jungle nachgestellt, nur mit etwas kostengünstigeren Bullshitern. Eine linke und antideutsche Presse, die etwas auf sich hielte, würde nicht selbst noch ein bezahlbares Stück vom Bullshit abhaben wollen, sondern würde versuchen, möglichst viel Platz zu zwischen sich und die Bullshitter zu bekommen.