Die ukrainische Krise 2014 und der darauf folgende Krieg im Osten des Landes scheinen die europäische Linke nicht weniger zu überfordern als z.B. der Krieg in Syrien. Den Krieg in der Ukraine auf die Regiemekrise in Russland von 2011 zurückzuführen, würde einen viel radikaleren Begriff von der Politik erfordern, als linke Freunde des Politikmachens ihn haben könnten. In diesem Krieg würde – je nach dem Maß der Ignoranz linker Betrachter – entweder eine bedrängte antifaschistische Schutzmacht gegen die Vortrupps der NATO und der USA oder zwei gleichwertige Faschismen gegeneinander kämpfen. In Wirklichkeit vielmehr, kämpfen zwei verbrüderte Faschismen Seite an Seite gegen etwas, wovon der europäischen (und nicht nur dieser) Linken anscheinend der Begriff abhanden gekommen ist. (Damit ist nicht gesagt, dass das russische oder ukrainische Regime direkt faschistisch wären). Nicht nur wurden die Marionettenregimes der sog. Volksrepubliken etabliert, damit alles bleibe, wie es ist, auch im Inneren der Ukraine wirken Kräfte, die mehr mit Russland zu tun haben, als es auf den ersten Blick scheinen kann.
Als Ausgangspunkt für Überlegungen dazu eignet sich die Geschichte der „Kampforganisation der russischen Nationalisten“ (BORN), die zwischen 2006 und 2011 tätig war, obwohl sie bei Weitem nicht die größte und nicht die blutrünstigste Neonazi-Bande Russlands war. Die Gerichtsprozesse gegen BORN-Mitglieder wurden erst 2015 abgeschlossen und endeten mit lebenslänglichen Freiheitsstrafen für die meisten von ihnen. Bis zur Urteilsverkündung spekulierte der Chefideologe der Bande auf die vermeintlichen „Freunde von oben“, die ihn fallen ließen. Die Spuren in die Behörden und die Präsidentenadministration in die sog. „Jugendpolitik“ der damaligen Zeit, die während der Ermittlungen ans Licht gelangten, wurden nicht weiter verfolgt.
Was sagt der Umgang der Politik mit dem Fall BORN über das Regime Putin aus, welches Rechtsextreme im Inneren an kurzer Leine führt und Rechtspopulisten und Faschisten in Europa anfüttert? Die angebliche „Domestizierung“ der rechten Gewalt, die der russische Staat seit dem Ende der 2000er Jahre betreibt, bedeutet kein Abflauen der Gewalt, sondern nur noch, dass neonazistische Schläger verstärkt in Dienst genommen, weiterhin gegen jeglichen gesellschaftlichen Dissens eingesetzt und weitere Todesopfer gefordert werden. Rassistische Gewalt auf Russlands Straßen bleibt weiterhin virulent. Der Vortrag bietet einen Überblick über zeitgenössische rechtsextreme Tendenzen in Russland.
Ein Vortrag von Ndejra in VL in der Ludwigstraße 37, Halle a. Saale, 20 Uhr.
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