Mir kannst no‘ a Weissbier bringe‘

Hatten wir, für den ausserbayerischen Rest Deutschlands (einschl. Antideutschlands), eigentlich schon mal angedeutet, dass Seehofer und seine Leute zu so ziemlich allem fähig sind? Das sind Leute, die einem in Europa seit 1989 nur noch im Vatikan mehr vorkommenden Syndikat vorstehen, das einen nicht so grossen, aber recht konsolidierten Staat völlig ohne Dazwischengreifen irgendeiner anderen Macht regiert. Und da hängen wohl allerhand Interessen dran, von denen man innerhalb des Landes selbst nur munkelt und ausserhalb nichts ahnt.

Das müssen ja wirklich prächtige Vorteile sein, die die Leute von der CSU und ihre Spezialfreunde da geniessen. Denn anscheinend sind die durchaus in der Lage, halb Europa in die Luft zu jagen für eine Landtagswahl. Die sie verlieren werden. (Es wundert gar nicht, dass solche Leute instinktiv Verständnis für einen wie Putin haben.)

Blanke Panik:

Nur mit einer harten Linie sei die Landtagswahl noch zu retten, am besten ohne Merkel. Was das genau bedeutet, wurde allerdings noch nicht durchgespielt. „Wir haben uns in eine ausweglose Situation manövriert“, klagt ein CSU-Mann, der sich diese Gedanken bereits gemacht hat.

Jetzt laufe eben das „Endspiel“ zwischen Seehofer und Merkel, heißt es in der CSU. Anders als bei normalen Spielen gibt es in Endspielen kein Unentschieden, keinen Kompromiss. Es gibt immer einen Sieger und einen Besiegten.

Nicht nur in Berlin:

Moment ist nur eines klar: Bekäme die CSU ihren Willen, wäre es schnell vorbei mit dem Europa ohne Grenzen. „Den Schaden hätten alle“, warnt der niederländische Migrations-Staatssekretär Mark Harbers, „Pendler, Touristen, Lkw-Fahrer.“

Außerdem entstünde der befürchtete Domino-Effekt: Wenn Deutschland zusperrt, folgt Österreich, und am Ende bleiben Griechen und Italiener auf den Migranten sitzen. „Deshalb können wir uns nicht nur auf die Außengrenzen konzentrieren“, sagt ein EU-Diplomat, „sondern müssen auch die Verteilungsfrage lösen.“ Das soll auf dem Gipfel gelingen, ist aber höchst unwahrscheinlich. Eine echte Lösung werde es wohl erst nach den Europawahlen im kommenden Jahr geben können, heißt es in Brüssel.

Bis dahin kann alles anders sein. Sollte Merkel stürzen, gewännen die illiberalen Kräfte in der EU, die Grenzschließer und Durchgreifer, wohl endgültig die Oberhand, befürchten viele – nicht zuletzt die französische Regierung, die den Berliner Vorgängen mit offenem Mund zuschaut.

Ist es nicht absurd? Da haben sie monatelang herumgemacht, bis sie eine Regierungskoalition zusammen hatten, und von überall kamen die Mahnungen, die SPD und vor allem die Jusos müssten begreifen, dass es hier um „das Land“ geht und nicht um die Interessen einer Partei. Dann hat sich die SPD gefügt. Und wer kommt daher und fackelt die Hütte ab? Die heissblütigen Südländer von der CSU. Und wegen einer Landtagswahl, die sie verlieren werden.

Die CSU hat es geschafft, die politischen Bruchlinien innerhalb der europäischen Bürgerklasse mitten durch den berliner Kabinettstisch laufen zu lassen statt wie bisher an den „Aussengrenzen“ (Seehofer). Und das ohne Anlauf. Sie hat ohne Not aus einer Einzelforderung in einem ansonsten geheimen Forderungskatalog eine politische Krise der Bundesrepublik und der EU gemacht. Aber auch eine in Bayern. Und hier, wo die Wurzeln ihrer Macht liegen, wird sie dadurch untergehen.

Dem Brauch der neuen Zeit folgend, enden wir dieses Gsatzl mit einem Zitat von Klaus Mann.

Und dies ist die Bedeutung der Schrift, die da geschrieben steht an der Wand, und steht in Blut geschrieben – MENE, MENE, TEKEL, UPHARSIN: Gezählt sind die Tage deiner Herrschaft. Du bist gewogen und zu leicht befunden. Dein Reich zerfällt, den Medern und Persern wird dein Reich gegeben. Die Perser! Die Perser kommen.

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