Der eigentümlich bürgerliche Anarchismus

Falls ihr euch jemals gefragt habt, was man/frau so alles in der Zeitschrift eigentümlich frei schreibt, aber euch immer irgendwie dafür zu schade wart, reinzuschauen, lasst es. So arg interessant oder besonders bemerkenswert ist es nicht. In den Schriften der INWO steckt mehr Kritisierbares drin. Nennenswerte Politikanalysen oder „libertäre“ wirtschaftliche Theorien findet man/frau in eigentümlich frei kaum. Ich wäre auch nicht darauf gekommen, hätte ich mich nicht irgendwann mal gefragt, was der einstige Paul Goodman-Übersetzter Stefan Blankertz jetzt so treibt. Ihr wisst übrigens, welcher self made man sich auch noch nicht „rechts“, sondern „libertär“ nennt? Der Brüllaffe des Kapitals Alex Johnes. Das nur am Rande.

Hand aufs Herz, ich würde auch gerne jedes Thier-Heft mit einem genüsslichen Bericht über Whisky-Degoustation an der Ostsee anfangen, schließlich zieht es mich bekanntlich in maritime Gefilde und Whisky mundet mir durchaus. Aber bei allem „Anarcho-Kapitalismus“, was auch immer das sein soll, wohl nicht bei einem Igor-Schafarewitsch-Symposium. Ich vermute, das war

kein mathematisches Symposium für GeldliebhaberlInnen. Ich weiß allerdings, dass Schafarewitsch ein international anerkannter Mathematiker war, der zufälligerweise ein schriftstellerisches Hobby hatte: Pamphlete über die „Judenfrage“ und gegen den Kommunismus als jüdisches Werk zu verfassen.

Man/frau täuscht sich übrigens, wenn man/frau der Meinung ist, den Anarcho-KapitalistInnen bzw. Rechtslibertären wäre es prinzipiell egal, woran Leute im Privaten glauben und mit wem sie einvernehmlich schnackseln. Hauptsache, es hindert sie und/oder Dritte nicht, sich politisch und wirtschaftlich am Gemeinwesen gewinnbringend zu beteiligen. Hier ist der Chef der Postille, Andre F. Lichtschlag selbst, zum Thema der gerade entstehenden ukrainischen Autokephalie: „Vielleicht ist es ja sinnbildlich für die neue ukrainische Kirche unter dem Protektorat von Konstantinopel, dass ihre Entstehung vom selben Staatspräsidenten in Gang gesetzt wurde, der auch die Gay-Pride nach Kiew geholt hat“. Elsässer, ick hör` dir trapsen.

Selbst aus dem spannenden Thema Gilets Jaunes macht man/frau eine todlangweilige Reportage, wo irgendwelche Leute aus der französischen Provinz am Küchentisch ihre sehr wichtige biedere Meinung zum Protokoll geben.

Außer Anzeigen des Kopp-Verlags, der Goldhändler und anderer Werbung, die sich an gut betuchte Bürger richtet, gibt es da noch etwas: Geschäfte mit Russland als Kampfstrategie gegen den Staat. Ich vernehme zwar eine Sonderauffassung des „Putin, hilf uns!“-Rufes, aber die Nordstream II – Pläne der Bundesregierung dürften die „Anarchisten“ mit dem deutschen Staat bald wieder versöhnen.

russengas

Da mache ich lieber eine Flasche Glennfiddich auf und ergötze mich noch mal ein bisschen an„ Der Staatslichkeitswahn“ (1980) von Stefan Blankertz. Oder direkt an „Drawing the Line“ von Paul Goodman.

An eigentümlich frei möchte ich dennoch eine unverbindliche Empfehlung aussprechen, von Anarchist zu -ähem! – „AnarchistInnen“, sozusagen: fusioniert doch mit mit Melodie&Rhythmus. Auf Russland und die EU kann man/frau sich definitiv einigen, für das Bildungsbürgertum gäb`s was Interessantes über die bewegte Kunst, auch Konstantin Wecker wird man wohl noch von den „linksrechten“ Mahnwachen für Frieden kennen.

– spf

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