Die gegenwärtige Revolution III

Fortsetzung der hier begonnenen Überlegungen. Jörg Finkenberger

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Das wahrscheinlichste Szenario scheint mir dagegen dieses zu sein. Die Bastionen, die der erste Ansturm nicht erobert, bleiben stehen, aber nicht mehr mit der alten Macht. So wie jede Armee verkommt und ihren militärischen Wert verliert, die zum Bürgerkrieg benutzt wird, so werden die bestehenden Gewalten den Ansturm durch rohe Gewalt aufhalten können, aber ihren Anspruch, die Gesellschaft zu vertreten, verlieren. Die Staatsgewalt steht der Gesellschaft einerseits wie eine auswärtige Besatzungsmacht gegenüber. Sie mag überwältigende Gewalt entfalten, aber darf ohne diese Gewalt nicht wagen, sich mehr sehen zu lassen. Sie wird eine gesellschaftliche Basis behalten, nach Erfahrungen werden das etwa ein Drittel der Gesellschaft sein; zuviele, um zu vergehen, zuwenige, um zu bleiben.

Die wirklichen Hauptträgerinnen der Revolte werden ganz andere Dinge zu tun bekommen. Sie werden sich um ihr eigenes Durchkommen zu kümmern haben, sie werden nicht den Himmel geerbt haben, sondern einen Trümmerhaufen. In diesen Trümmern, unter dem ständigen Terror alter und neuer Mächte, werden sie sich einzurichten haben. Und es wird wichtig sein, genau hinzusehen, auf welche Weise sie das tun.

Alle Schwierigkeiten des Neuaufbaus einer Gesellschaft, das gesamte Erbe der alten, und der fortdauernde Terror ihrer Erzeugnisse, konzentrieren sich hier unter den Bedingungen des Mangels. Von oben wird keine Hilfe zu erwarten sein, auch nicht durch eine neue Wahl, oder eine neue Verfassung. Oppositionelle Strömungen der einen oder anderen Art werden sich ohne Frage finden. Aber es ist überhaupt nicht gesagt, dass sie Unterstützung finden; dass sie in die Lage kommen, der Gesellschaft eine neue einigende politische Form zu geben. Die Gesellschaft duldet sie widerwillig, so wie sie den Staat duldet.

Die Bedingungen für eine bessere Neuorganisation sind nicht gut. Aber das sind die Bedingungen. Und es wird besser sein, sich diese Bedingungen genau anzusehen, denn sie sind nicht wilde Spekulation, sondern sie sind schon Realität. Man kann sie in Venezuela besichtigen oder auch Griechenland. Das sind nicht ferne Länder, sondern Fenster in die Zukunft: so kann es hier aussehen in fünf oder zehn Jahren. Das wird die Form sein, die der Kampf in dem grössten Teil der Welt annehmen wird für den grösseren Teil des Jahrhunderts; solange nämlich, bis die hohen Bastionen der kapitalistischen Akkumulation gefallen sind.

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Von einer solchen Zukunft aus wird man die gegenwärtigen und die jüngeren Debatten und Organisationsversuche zu beurteilen haben. Und ein solches Urteil über das, was hier im Land getrieben wird, fällt natürlich nicht ungemischt günstig aus, wenn auch nicht ungemischt ungünstig. Gewöhnlich wird mehr Geschrei erhoben als sinnvolles getan. Es sollte z.B. misstrauisch machen, wenn Leute lauthals Propaganda damit machen, wieviel Stadtteilarbeit oder Betriebsarbeit sie machen. Solche Dinge, wenn richtig gemacht, sind stille, nützliche und undankbare Arbeit, bei Material für Propagandaphrasen gar nicht anfallen kann. Solche machen auch das Ergebnis zunichte.

Sehr wenig derart lautstarke Werbung kann naturgemäss gemacht werden für Bereitschaft zu langwieriger und geduldiger aufbauender Arbeit; kurzfristig einfacher ist es, von kommunalem oder staatlichem Geld zu leben. Man könnte aber die Zeit, in der es so etwas gibt, nutzen, um Dinge aufzubauen, die auf eigenen Füssen stehen können. Kleine und unscheinbare Dinge, die ohne grossen Glanz einstweilen im Schatten der kommunalen Strukturen stehen, aber auf Unabhängigkeit und Ausdehnungsfähigkeit ausgerichtet sind. Stadtteilzentren mit Dienstleistungen auf genossenschaftlicher Basis, die nicht lange umlernen müssten, um auch weitere Aufgaben übernehmen zu können.

Es ist Mode, das Genossenschaftswesen mit allerhand Marx-Zitaten zu kritisieren. Es wird dort nur der Mangel verallgemeinert. Tatsächlich, ihr habt Recht! Und weiter? Oder: Ausbeutung in eigener Regie. Ist das schlimmer als unter Regie eines anderen? Aber wir vergessen, dass diese Kritiker über den Band I des Kapital nicht hinausgekommen sind und die Betätigung von Arbeitskraft überhaupt bereits für Ausbeutung halten. Es wird nichts anderes übrigbleiben, als ihnen alles Gute für ihre berufliche Zukunft zu wünschen, wo sie erwarten können, vom verallgemeinerten Mangel verschont zu bleiben und ihren bescheidenen Anteil am privatisierten Reichtum zu bekommen. Was meiner Meinung nach auch ruhig unterbleiben kann.

Allem, was in den letzten dreissig Jahren zur „Kritik der Arbeit“ geschrieben worden ist, zum Trotz kommen die Dinge nicht von nichts; für die arbeitenden Klassen ist die Arbeit in der Tat eine Lebensfrage und Notwendigkeit. Dass die Reichtümer dieser Welt im Ganzen und auf einmal ihnen in den Schoss fallen, das ist ein Reflex der alten Idee von dem einen grossen Ansturm, und das wird nicht passieren. Die Befreiung wird erarbeitet werden müssen. Wer etwas anderes verspricht, verspricht neue Herrschaft.

Unsere Intellektuellen haben auch ein Problem mit dem gesellschaftlichen Zusammenhang, sie haben gehört, dass Geld den stiftet und der Staat ihn vertritt, und bilden sich jetzt ein, er müsse etwas schlimmes sein. Sie wehren sich dagegen, zu begreifen, dass Geld und Staat bestehen wegen eines Mangels in dem gesellschaftlichen Zusammenhang. Und dieser Mangel kann nur geheilt werden durch fortschreitende Neuorganisation.

Zum gesellschaftlichen Zusammenhang haben sie ein gestörtes, fetischistisches und instrumentelles Verhältnis, sie beten den ihn da an, wo er roh tyrannisch erscheint; sie beuten ihn aus, wo er ihnen entgegenkommt; sie verspotten ihn als das Anliegen der kleinen Leute, wo sie sich über ihn erhaben denken. Sie handeln und denken instinktiv wie die künftige Kaderklasse.

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Die auf anspruchsvollste Weise vergeigte Debatte über solche Fragen war, wir hatten es neulich, die vor zehn Jahren über das sogenannte „Unsichtbare Kommittee“ und dessen Schrift von dem „kommenden Aufstand“. Diese Schrift ist zurecht dafür gelobt worden, in ihrem zweiten Hauptteil auf die Notwendigkeit des Aufbaus zwischen den jetzt schon uns umgebenden Trümmern aufmerksam gemacht zu haben. Sie haben nur die Bewegungsformen der jetzt bestehenden Gesellschaft selbst mit diesen Trümmern verwechselt, sie haben völlig die Bindekräfte des gesellschaftlichen Zusammenhangs selbst unterschätzt; und genau deswegen ist auch so überraschend wenig von Aufständen die Rede in dem Buch.

Der Aufstand bezieht sich nämlich auf das gesellschaftliche Ganze. Er ist gegen den Augenschein nichts partikulares. Er wird im Gegenteil zusammengehalten von dem bereits bestehenden Staat, der politischen Einheit der Gesellschaft, als seinem Gegner. Diese seine erborgte Allgemeinheit fällt auseinander im Falle des Umsturzes, und verteilt sich auf einander gegnerisch gegenüberstehenden Ansprüche seiner gesellschaftlichen Träger. Aber in dem hier beschriebenen Szenario bleibt der Umsturz bloss teilweise. Das Regime gibt zwar seine Legitimität preis, aber nicht seine Position als überwältigende Gewalt. Die Gesellschaft bleibt mit ihm durch unsichtbare Kettenglieder verbunden, auf vielerlei Weise, auch dann, wenn das Regime ganze Landesteile nicht mehr unter Kontrolle hat. Man muss nur an eine Einrichtung wie die Zentralbank denken.

Solche Dinge wie die Währung, und ganz allgemein alle diejenigen Formen, die der Gesellschaft gegenüber ihre Einheit darstellen, können vielleicht nicht mit roher Waffengewalt aufgerichtet werden; aber mit roher Waffengehalt können sie, sobald sie einmal bestehen, sehr wohl gehalten werden, und solange sie gehalten werden, behält der Staat seine Position gegenüber der Gesellschaft überraschenderweise auch dann, wenn er mit ihr in offenem Krieg liegt. Die Gesellschaft zerbricht also keineswegs in Stücke, sondern ihre Teile werden unverändert von dem alten Band zusammengehalten; die Ausbeutung kann genausogut über Bürgerkriegsfronten hinweg organisiert werden.

Die Neuorganisation der Eigentumsstrukturen, die ökonomische Autonomie der aufständischen Klassen wird irgendwann eine direkte militärische Notwendigkeit sein. Ohne diese lässt sich das Band nicht zertrennen. Mit einem einzigen blanken Streich wird das nicht getan sein.

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Die Eigentumsordnung ist dasjenige Geheimnis unserer Gesellschaftsordnung, über das man nicht mehr so gerne redet. Sogar in den Kreise von Sozialisten und sogenannten Marxisten betrachtet man die eigene Geschichte von Eingriffen in die Eigentumsstruktur als bedauerliche Missgriffe. Stattdessen hat man sich allerhand andere Massnahmen ausgedacht, die einen Weg zum Sozialismus eröffnen sollen: von den Varianten einer sozialistischen Marktwirtschaft zu den auf Staatsausgaben gestützten Ideen zu dem sogenannten Sozialismus des 21. Jahrhunderts.

Alle haben sie miteinander gemeinsam, dass sie ohne intensive Tätigkeit des Staats nicht denkbar sind. Das teilen sie mit dem Staatssozialismus der stalinistischen Regime. Von diesem geht, wie sich zeigte, ein Weg zum Sozialismus nicht aus; nicht nur kein gerader, direkter, einfacher, linearer, sondern gar kein überhaupt möglicher. Die Arbeiterschaft begriff irgendwann in den 1970ern endgültig, und ebenso die demokratischen Sozialisten am Rande der Staatsparteien, dass der gesamte Pseudosozialismus eine Sackgasse war.

Dieser Pseudosozialismus, undenkbar ohne die Staatspartei, konnte eine Veränderung nicht zulassen, denn die Staatspartei müsste dann verschwinden; und damit der Pseudosozialismus, dessen zentrale Wirtschaft fast von allein ins Privateigentum der Staatskaste überführt werden würde. Aus dieser Sackgasse, die die Gesellschaft lähmte und immobilisierte, gab es nur den einen Weg, den ganzen Pseudosozialismus abzuräumen, ganz und gar. Und das ist es, was geschah, und zwar überall unter wenn auch nicht begeisterter Beteiligung der Arbeiterschaft.

Ein Weg zum Sozialismus, der Tätigkeit des Staats, irgendeines Staats voraussetzt, ist kein Weg zum Sozialismus. Ein Weg zum Sozialismus, der gegen die wirklichen Bedürfnisse und gegen das eigene Gefälle der Gesellschaft durchgesetzt werden soll, ist kein Weg zum Sozialismus. Das ist die grosse Lektion des 20. Jahrhunderts, und sie muss gelernt werden.

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Der Sozialismus, der gesucht wird, kann nicht von einer bereits bestehenden Totalität ausgehen. Er hat auch nichts mit dem gemein, was die Leninisten und was die Sozialdemokraten Sozialismus genannt haben. Er muss zu den spontanen Verteidigungsmassregeln passen, mit denen die unteren Klassen überall ihr Leben einrichten müssen. Er muss sich Institutionen bilden, die schon unter der Herrschaft des alten Staats bestehen können, offen oder geheim; und die schon unter der alten Gesellschaft funktionieren; aber die in der Lage sind, eine eigene andere Logik zu entwickeln.

Er kann und wird sich aber, und das ist der Hauptmangel des „Unsichtbaren Komittees“ wie auch aller seiner Kritiker, damit nicht zufriedengeben können. Wollt ihr Beispiele? Seht euch um, es ist ja alles schon Wirklichkeit. In der syrischen Revolution geriet die Macht ausserhalb der Hauptstädte zunächst in die Macht von Selbstverteidigungskräften aus desertierten Wehrpflichtigen, deren Zusammenschluss zur sogenannten Syrischen National-Armee von einzelnen politischen Kräften, die schon auf ein neues Regime schielten, betrieben worden ist; aber in gegenseitiger Konkurrent, wobei sie sich gegenseitig behinderten. Was schliesslich Syrische National-Armee hiess, war den Namen nicht wert; eine nutzlose Koalition, deren usurpiertes Zentralkommando nirgends akzeptiert wurde, und deren Bruchstücke unter die Herrschaft der benachbarten Mächte geriet.

Die Koordination der revolutionären Territorialverteidigung ist durch diese Intrigen effektiv zerstört worden. Wenn man keine zentralen Institutionen bildet, werden andere welche bilden. Dieselbe Lektion kann man in Venezuela bilden. Keinerlei Massenbewegung wird Anstalten machen, sich hinter dem verfassungsmässigen Präsidenten Guiado zu versammeln, und man verdenkt es ihnen nicht; auch wenn das die einzige Möglichkeit wäre, das ganze ohne zehnjährigen Bürgerkrieg zu beenden. Aber andere werden es tun, auswärtige Mächte. Die übergrosse Mehrheit entzieht sich so gut es geht beiden Parteien, und sie hat vielleicht die besten Gründe dafür; aber die Folge wird sein, dass sie beide Seiten lange nicht losbekommen wird.

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Das Problem ist von den hier aufgezeigten Massregeln aus gar nicht auflösbar. Jede Lösung hat zur Voraussetzung, dass die Bastionen der kapitalistischen Akkumulation in die Hände der Arbeiter fallen. Und dafür fehlen sowohl der situationistischen Schule, als auch den Invisibilisten (wie ich sie jetzt mal nenne, weil es so plausibel klingt) jede Idee. Keine Sorge! Sie sind es auch nicht, auf deren Ideen es dabei ankommt.

Der Zusammenhang zwischen den Krisen und den Revolutionen ist bisher rein äusserlich. Die Krise scheint im politischen Gesamtprozess ein von aussen kommendes störendes Eriegnis zu sein, die Revolution im ökonomischen. Die äusserste Form der ökonomischen Selbstverteidigung der Arbeiterklasse, die Besetzung und Übernahme der Fabriken, ist auch die äusserste Form ihres politischen Machtanspruchs; erst von diesem Punkt aus ist eine dauernde Veränderung denkbar, erst von hier aus sind die Ereignisse der letzten 15 Jahre überhaupt in ihrem Zusammenhang zu überblicken. Denn die Ereignisse laufen mit Notwendigkeit darauf hin. Das heisst nicht, dass es sicher geschehen wird; das heisst nur, dass ohne das diese Ereignisse eine wirre sinnlose Wüstenei bleiben werden.

Die beiden Tendenzen, die wir unterscheiden, die recht unbedingte Allgemeinheit des Aufstands, und die mühvoll einzelne Konkretion der praktisch aufbauenden Arbeit, bleiben als gegensätzliche einstweilen bestehen; aber sie sind beide für sich unwahr. Sie sind ohne einander nichts, und können einstweilen nicht gut miteinander sein. Getrennt aber stehen sie den wechselnden politischen Ideen zur Ausbeutung zur Verfügung, je nachdem reformistischen oder nihilistischen.

Getrennt von der gesellschaftlichen Praxis wird auch die Partei des Aufstands, wenn sie auf Permanenz gestellt ist, eine gewalttätige Gruppe sein, von der Gesellschaft widerwillig ertragen, nicht anders als sie die Polizei erträgt; deren Handlungen ihr äusserlich bleiben wie die des Staats, eine Tribulation und kein Versprechen. Und auch dieses Problem kann von keiner bestehenden Kraft gelöst werden. Ein hundertjähriger Krieg, der vielleicht hätte vermieden werden können; nur dass, in der Zeit, als er angefangen hat, niemand da war, der es vermocht hätte.

7

Das Problem des gesellschaftlichen Zusammenhangs ist auch unseren schlimmsten Marx-Fetischisten in seiner ganzen Schärfe völlig unbekannt, ja sie wehren es als Kränkung wütend ab, es begreifen zu sollen; aber es ist gar nicht unlösbar, wenn es erst einmal begriffen ist. Es ist nur auf alle Weisen unlösbar, auf denen es bisher versucht wurde.

Zentrale Erfassung des gesellschaftlichen Bedarfs und der gesellschaftlichen Arbeit, eine zentrale Planung der Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums ist nicht eine technische Frage, eine der Informationstechnik oder der Effizienz; nicht daran ist der sowjetische Versuch, eine Wirtschaft ohne Geld aufzubauen, gescheitert. Und es wird auch nicht besser, wenn man sich eine demokratischer ausgestaltete Neuauflage denkt; die Rätedemokratie bestand in Russland, ehe die bolschewistische Wirtschaft sie zerstört hat.

Die alte Gesellschaft beruht auf dem Eigentum, einem irrationalen Prinzip, gerade weil ein rationaler, ein objektiv vernünftiger Masstab der Bewertung des gesellschaftlichen Produkts, ein gerechter oder effizienter Masstab nicht besteht und nicht bestehen kann. Diese Erkenntnis wird heute als Einwand gegen eine sozialistische Gesellschaft gehandelt; aber sie ist ein Einwand gegen jede bisherige Gesellschaft und die meisten gängigen politischen Ideen. Mit diesem Einwand hört es nicht auf, mit diesem Einwand fängt vielmehr alles erst an.

Alle noch so schön ausgedachten Systeme, mit denen das allseitige Glück sichergestellt werden soll, sind zuschanden geworden und werden zuschanden werden; sie alle behandeln die eigensinnige Unlogik des gesellschaftlichen Verhältnisses als ein Hindernis, statt als den einzigen möglichen Ausgangspunkt. Als einzige Ausnahme möchte man den revolutionären oder anarchistischen Syndikalismus gelten lassen, der als einziger eine Ahnung gehabt hat; er steht in der Tat im praktischen Sinne am Anfang aller heutigen Arbeiterbewegung, aber das hat ihn nicht bewahrt, im 20. Jahrhundert zerrieben zu werden. Er kann heute nicht einfach wiederaufgerichtet werden; das würde nicht mehr ausreichen. Aber alles, in dem sein Geist nicht mehr wohnt, ist verloren.

8

Es geht nicht mehr darum, einen neuen Himmel und eine neue Erde zu errichten, und man wird einstweilen den Wolf nicht Gras rupfen sehen neben dem Schaf. Die Übernahme der Betriebe durch die Arbeiter garantiert nicht, sondern ermöglicht nur die Abtragung der Last kapitalistischer Ausbeutung; die Kommunalisierung des Bodens schafft nicht, sondern ermöglicht erst Gemeinden, die als unterste und oberste Gliederungen des Gemeinwesens taugen. Die Aufhebung des Privateigentums ist selbst nicht der Ersatz des Geldes; die Einrichtung von Gemeinden freier Menschen noch nicht der der Familie. Sie sind nur ihre erste Voraussetzung. Die grossen Auseinandersetzungen, die über die Zukunft der Spezies Mensch bestimmen, werden dadurch nicht entschieden; sie werden dadurch nur auf eine Bühne gestellt, auf der sie endlich entschieden werden können.

Nichts von alledem wird es geben, wenn die Menschen sich nicht gezwungen sehen, es einzuführen. Alle Theorie der linken Intellektuellen verhält sich dazu im Grunde religiös. Gott ist von jeher der Name, unter dem die Religionen die Gesellschaft gefasst haben, aber als eine neben der Gesellschaft stehende Macht. Religion aber ist Götzendienst.

Ein Schreiner, sagt man, arbeitet mit dem Holz und nicht gegen das Holz. Es steht nicht zur Entscheidung, ob man mit oder gegen das Holz arbeiten möchte. Es steht nur zur Entscheidung, ob man sinnvolle Arbeit tun möchte. Die wirkliche Arbeit gegen das Holz werden ganz andere zu tun haben, als wir es sind, und ich sehe in allen unseren Büchern keine Weisheit, die dazu etwas beizutragen hätte.

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