[Aus dem neulich erschienenen Heft #18]
There’s a negative copy of me
In a bus station on a dusty plain
A thousand miles away
And one day we’ll meet
Swept up by different flags
We’ll lock eyes through gunsights
And I wonder which one of us
Will die beneath the other’s knives
And I hope it will be him
It’s not personal
But I’ll rip your throat out if I have to
I’ll tear your guts out if I’m asked to
Pyrrhon, „Balkanized“
Man sah es kommen, doch man wollte es nicht wahrhaben. Acht Jahre nach Beginn der Einverleibung der Ukraine durch Russland, hat Putin eskaliert, sich, in der Terminologie des weltberühmten Verschwörungstheoretikers Alexandr Dugin, plötzlich aus einem „lunaren“ in einen „solaren“ verwandelt und aufs Gaspedal seiner Kriegsmaschine getreten. Was hat ihn dazu getrieben? Hat er etwa in freiwilliger Quarantäne in seinem Bunker die Zeichen der belarussischen und kasachischen Unruhen an der Wand gesehen, gedeutet und beschlossen, nach vorne zu fliehen? Hat die Kriegsartei im Kreml, als die „Spezialoperation zur Demilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine“ immer mehr zum militärischen und politischen Desaster geriet, ihrerseits die Flucht nach vorne ergriffen und dem Chef beschönigte Berichte auf den Tisch gelegt? Es wurde immer klarer, dass die ganzen gigantischen Unsummen aus dem Staatsbudget, die fürs Aufpeppen des Militärs und die Vorbereitung der ukrainischen Gesellschaft für einen möglichen Anschluss hätten verwendet werden müssen, irgendwo gelandet sind, nur nicht dort, wo sie sollten. Und jetzt gibt es kein zurück für niemand, vielleicht liegt es an der Logik der „Operation“ selbst. Russland kann sich nicht erlauben, zu scheitern. Doch das tut es gerade und es klappt zusammen, wenn es aufhört zu expandieren.
Aktuell kämpfen Gerüchten zufolge zwei große Gruppen um den alten Mann im Bunker. Das ist zum Einen die bereits erwähnte Kriegspartei um Schoigu, Kadyrow, Kirienko, Medwedew, Gromow, Prigoschin usw., grob gesagt das Verteidigungsministerium und die Abteilung für den militärischen Abschirmdienst des FSB; und zum Zweiten die sog. Realistenpartei um Patruschew, Wajno, Naryschkin usw., sprich die Präsidialverwaltung, der FSB, der Sicherheitsrat und der Dienst der Außenaufklärung. Es gäbe rein theoretisch noch eine dritte – das sind Putins Oligarchen wie Tschubajs, Tschemesow usw., deren Aufgabe es war, die westlichen Eliten zu korrumpieren und an den Kreml zu binden. (1) Das sind allerdings die Leute, die als Erste geflohen sind und jetzt nach und nach sterben. Die Kriegspartei hat keinen Ort mehr auf der Welt, wo sie hin fliehen könnte, nicht einmal Kadyrow, sie hat also nichts zu verlieren. Die Realisten wissen wenigsten, dass für den ganzen Spass später jemand aufkommen muss. Der alte Mann hört z.Z. eher auf die Ersteren und lauscht sehr gerne den Berichten über neue Wunderwaffen zur radio-elektronischen und laserbasierten Kampfführung. Die Kriegstreiber sind nicht blöd und wissen: Je unsichtbarer die Waffen, desto mehr Gelder lassen sich zweckentfremden. Dafür waren es vermutlich die Realisten, die ihrem althergebrachten Hass (2) freien Lauf ließen und die kadyrowschen Halsabschneider in den ersten Kriegstagen an die ukrainischen Streitkräfte ausgeliefert haben. So läuft fast alles in diesem Potemkinschen Staat.
Es scheint mir beinahe, der Weltgeist kann sich nicht festlegen, gestaltet er den alltäglichen Irrsinn in Russland nach Vorlage des postmodernistischen Romans „SNUFF. Utøpie“ (orig. 2011) Schriftstellers Viktor Pelewin , wo eine fiktive, im Himmel schwebende Metropole Byzantinium regelmäßig militärische Auseinandersetzungen im fiktiven failed state Urkaine wegen der spannenden Schlachtbilder fürs Fernsehen inszeniert; oder nach dem bereits 2006 orig. erschienenen Roman Wladimir Sorokins „Der Tag des Opritschniks“, in dem das Land vom Rest der Welt abgeschottet, dafür in wirtschaftlicher Union mit China nach einem Weltkrieg seine Renaissance als eine cyberpunkige Standesgesellschaft erlebt. Warum denn nicht aus beidem „das Beste“ nehmen? Mann sollte sich nicht wundern: Immerhin war der Verkäufer der imperialen Träume im Kreml bis vor kurzem noch Wladislaw Surkow, selbst ein begnadeter postmodernistischer Schriftsteller. Er war es, dessen Job es in den letzten 20 Jahren war, dem schlafwandelnden Imperium die ideologische Marschrichtung vorzugeben, nicht Dugin, wie viele im Ausland denken. Also versuchte das neue postsowjetische Russland zwecks Regimelegitimation ganz technokratisch an vorgeblich in der Volksseele vorherrschende Glaubenssätze und Traditionen.
So schrieb z.B. ein Krop Petrotkin vor etwa 10 Jahren als er noch im Tal zwischen den unterfränkischen Hügeln erstickte:
„Die fortschrittlichen Kräfte haben in Russland einen Feind, den mensch weder über- noch unterschätzen darf. In der Presse werden sie als Nationalisten bezeichnet, auf Fotos von den Protesten oft mit den schwarz-gelb-weißen Reichsfahnen zu sehen. Selbst wenn der vornehmer und salonfähiger Teil dieser organisierten Kraft sich als ‚Nationalisten‘, ‚Patrioten‘ oder ‚Bewahrer‘ bezeichnet, ist er, genau wie die, am untersten Ende der Hierarchie, schlicht und einfach faschistisch. Von Faschos gibt es inzwischen viele Sorten: es sind Salon-Patrioten mit Geld und Einfluss, christlich-orthodoxen möchte-gern-Nachfolger der Schwarzen Hundert, Verehrer von Adolf Hitler, neoheidnische Anhänger des Slawentums mit unterschiedlichen Graden der Durchgeknalltheit. All sie, selbst die banalsten Nazi-Skins, sind allerdings im heutigen Russland mit seinem Siegesmythos vom großen vaterländischen Krieg kein Fremdkörper. Das ist nämlich der Teil der gekränkten Imperiumsbewohnern, die die Ressentiments nicht nur aufnehmen, sondern auch offen ausleben. D.h. sie jagen, schlagen zusammen und morden Linke, Schwule, Gewerkschafter, Migranten und Obdachlose, oder – sie geben konkret-praktische Deckung für nazistische Mörder-Banden. Diskursiv wird das längst vom Regime selbst gedeckt. (…) Mensch müsste weit ausholen, um das Bild einer abwesenden Zivilgesellschaft zu malen. Was gehört so alles dazu? Die imperiale Tradition dieses Staates von der Bysanz-Nachfolge über den Zaren-Reich bis zum Wiederaufleben der großrussischen Chauvinismus unter Väterchen Stalin, für den heute Babuschkas in den Kirchen Kerzen anzünden? Ist ein ideeller Imperium-Bewohner noch stolzer, dafür aber noch loyaler und unterwürfiger als ein ideeller Bürger eines Nationalstaates? Der Zerfall des Reichs setzt seinen BewohnerInnen schwer zu: die ersten anti-sowjetischen Aufstände in Kasachstan und in den baltischen Republiken, selbst wenn sie für die Erneuerung des maroden Sozialismus standen, richteten sich auch gegen die politische Vorherrschaft der Russen; der Zerfall des Warschauer Paktes und somit das Wegfallen von ferneren ‚Kolonien‘; dann der Zerfall der Sowjetunion selber, von schweren ethnischen Konflikten und dem fast überall anzutreffenden pogromträchtigen Hass auf Russen begleitet; krampfhafte Versuche selbst die Reste des Reichs zusammenzuhalten – das, was im Kaukasus, und vor allem in Tschetschenien passiert, ist ein seit gut 200 Jahren andauernder Kolonialkrieg, den Zaren, Generalsekretäre und Präsidenten fortgesetzt geführt haben. (…) Der Staat hat sich so in ein paar abtrünnige kaukasische Stämme verbissen, nicht nur weil durch die Region wichtige Pipelines gehen, sondern weil dem unabhängigen kaukasischen Imarat höchstwahrscheinlich Tatarstan und womöglich auch Sibirien folgen wird. Dann ist das Selbstzerstückelung der Russländischen ‚Föderation‘ nicht mehr zu stoppen. Gehört das Trauma des letzten sowjetischen Krieges in Afghanistan dazu? (Die afghanischen Mudschaheddin begrüßten übrigens im ersten tschetschenischen Krieg russische Armeefrischlinge herzlichst). Der Westen schwieg darüber und zerfleischte indes ganz dreist ein weiteres traditionelles Protektorat Russlands: Jugoslawien. Die neue alte Elite des Staates zettelte mit Terroranschlägen (einer davon ist Rjazan dummerweise von Hausbewohnern und der Polizei vereitelt worden) den zweiten Krieg in Tschetschenien an und führte so eine Rochade durch: die FSB-Clique trat in den Vordergrund, löste die alte ‚Oligarchen-Familie‘ Jeltzins ab und garantierte ihr weiterhin ein günstiges Akkumulationsregime. Hätte z.B. Chodorkowskij den Pakt durch seine politischen Ambitionen nicht verletzt, könnte er seinen Geschäften ungestört weiter nachgehen“. (3)
So wurde in den letzten Jahren gewaltsam der christlich-orthodoxe Glaube wie ein Frosch durch den Strohhalm aufgeblasen, sodass wir vermutlich schon sehr bald erleben dürfen, wie er platzt. Der zweite Aspekt war die Erinnerung an den sog. Großen Vaterländischen Krieg. Der offiziell verordnete Krieges- und Opferkult ist mittlerweile aus jenseits von Gut und Böse, kulturindustriell-propagandistisch regelrecht ausgeschlachtet, hat die allerletzten Spuren von Demut und Trauer verloren und wird im Volksmund nur noch als „Siegesdämonie“ bezeichnet. (4)
Den dritten Aspekt musste man nicht künstlich heranzüchten, der war schon immer da. Obwohl bekanntlich alles auf dieser Welt ist erst „so“ geworden, wie es „schon immer gewesen“ sein möchte. Man kann ihn „Imperialität“ nennen. Abalow und Inozemzev skizzieren in ihrem jüngst erschienen Buch „Beskonetschnaja imperija“ (dt. „Das unendliche Imperium“) den Werdegang dieses gigantischen Landes, das von seinem historischen Ursprung als byzantinischer und europäischer Hinterhof an aufs Kolonisieren und Expandieren ausgelegt war, sich währenddessen mehrmals wandelte und wechselte die Richtung seiner Expansion bis es schließlich 1917 beinahe kollabierte. Danach mussten ironischerweise die bolschewistischen Kosmopoliten das Reich fast in den alten Grenzen wiederherstellen. Es war und bleibt keine Metropole mit Kolonien, die sie wie die europäischen Großmächte verlieren und das dennoch verkraften kann. Es ist bis auf die zentralasiatischen und kaukasischen Gebiete das Imperium selbst; die Imperialität bezeichnet das Verwischen von Unterschieden in den Verwaltungsstrukturen zwischen der Metropole und den Kolonien bis es letztendlich keine Metropole mehr gibt. Eine wie auch immer geartete Ideologie gibt es kaum, vor allem heute – es müssen weder Christenheit noch sozialistische Errungenschaften verteidigt und verbreitet werden, das Reich existiert, damit es existiert. Als Kolonien kann man tatsächlich noch den Nordkaukasus bezeichnen. Die tschetschenische Teilrepublik ist ein gutes Beispiel dafür: nach der zweiten Militärkampagne wurden alle Ölraffinerien in der Region geschlossen, mit denen Tschetschenien sich selbst hätte finanzieren und entwickeln können. Es muss jetzt Kraftstoff aus eigenem Öl von Russland kaufen und gehört zu den größten Subventionenfressern innerhalb der RF, dafür ist Kadyrow „Putins persönlicher Soldat“. Dies war eine politische Entscheidung, wirtschaftlich gesehen war sie irrational.
Das ist eine steile These, die stark idealistisch anmutet, aber man möge mir nicht erzählen, dieser Krieg wurde aus rationalen ökonomischen bzw. geopolitischen Interessen losgetreten. Außerdem vor diesem Hintergrund macht das absurd grausame Justizsystem Russlands plötzlich Sinn. Es ist das System der Terrorisierung, Zermalmung und Atomisierung der eigenen Bevölkerung. Die viel gepriesene Machtvertikale, die das Land zusammenhält, spüren die Gefangenen buchstäblich in ihren Gedärmen. (5) Das Großrussische Reich lieben heißt den Besenstiel im Arsch lieben. Kein imperialer Stolz ohne einen Besenstiel, dieser wird sogar zu einem Teil einer rudimentär ausgebildeten nationalen Identität: „United more by chauvinism than by an articulate sense of national identity, when Russians did ascribe characteristics to themselves, they imagined an ethnic community coloured by an abstract – almost maudlin – fascination with national suffering and the ability to endure hardship”. (6) Ähnliches wird übrigens auch aus dem belarussischen Justizvollzug berichtet, das System hat offensichtlich keinen anderen Zweck als möglichst großen Teil der Bevölkerung zu brechen und handlungsunfähig zu machen. (7)
Diese famosen Umfragen mit recht großen Zustimmungswerten zu Putin und zur sog. „Spezialoperation“ ergeben auch nur Sinn als Identifikation mit dem Aggressor. Man hat es noch zu Sowjetzeiten gelernt, die Fresse zu halten, zu lächeln und zu winken. Man weiß, dass man für ein Kommentar in den sozialen Medien locker ein paar Jährchen bekommen kann. Mit der Willkür und bitterer Armut muss jedeR auf eigene Faust fertig werden, einfache Weltbilder sind willkommen und der Hass kanalisiert sich gern nach außen. „Die Menschen verfallen in einen Zustand der Erstarrung, der einem moralischen Koma gleichkommt“, wie es Leo Löwenthal mal über eine planmäßig terrorisierte Gesellschaft formuliert hat. Wie kann das keine Umfragewerte „verzerren“? Natürlich ist es u.A. eine Frage der Generation und des Medienkonsums auch. (8) Kennt man das nicht von der Corona-Bekämpfung von neulich? Während Russland in die halbe Welt mit Corona-Fakes exportierte, versuchte man im Inneren vergeblich die eigene Bevölkerung für eine Impfkampagne zu motivieren, worauf die letztere mit Spott und allerlei Verschwörungsglauben reagierte, was bekanntlich ein deutliches Zeichen des Misstrauens gegenüber Autoritäten ist. (9)
Meine Solidarität mit der Ukraine in diesem Krieg ist meine Solidarität mit der zertrampelten russischen Gesellschaft. Die sich abzeichnende militärische Niederlage wird einen politischen Niedergang des Regimes einleiten. Das Land verwandelt sich in etwas, was der weißgardistische General und Nazi-Kollaborateur Krasnow Anfang des 20. Jahrhunderts in einem faschistischen utopischen Roman entwarf: Ein Land hinter verpesteten Distelfeldern, das von der Außenwelt für unbewohnbar gehalten wird, nur die Nachkommen der russischen Exilanten werden nachts von seltsamen Alpträumen geplagt, da lebe noch jemand mitten im grenzenlosen Tod. Es stimmt gewissermaßen, auch in Nordkorea ist Leben. Es lässt sich sicherlich diesbezüglich auch was vom verbündeten Iran lernen.
Anastasia Tikhomirova fordert Dekolonisierung des russländischen Imperiums. (10) Dann also noch mal: wer und warum macht‘s? Auf einen guten Willen einer eventuellen neuen politischen Elite würde ich nicht setzen. Selenskyjs Militärberater Arestowitsch erklärt es regelmäßig den Nawalnysten in den Interviews: Russland kann in seiner jetzigen Verfasstheit, in seiner territorialen Ausdehnung nicht anders werden, und keiner der Nachbarn kann es sich wünschen, dass es so weiter bleibt. Die kurzlebige Liberalität der Jeltzyn-Ära mündete sehr schnell im Beschuss des Parlamentsgebäudes, dem ersten Versuch, pro-russische Unruhen und Referendum auf der Krim zu organisieren und schließlich in der „ersten tschetschenischen Kampagne“, die man auch nicht als Krieg bezeichnen wollte. Die sogenannten Liberalen wollen schon gerne das Land beerben, wie es ist, samt seiner Öl- und Gasvorkommen, d.h. sie müssen Arestowitsch jedes mal überhören und missverstehen. Sie haben angefangen, sich schon mal Gedanken über die Fahne und das Wappen des künftigen Russlands zu machen. Großer Beliebtheit erfreut sich z.Z. die weiß-azurblau-weiße Fahne, die an die weiß-rot-weiße der belarussischen Opposition anlehnt. (11) Witziger- und bestimmt nicht ganz zufälligerweise erinnert das auch ein wenig an die Farben der Gefangenentransporte der russländschen Polizei: hellgrau-blau-hellgrau. Eine andere Fahne scheint die (neo-)liberale Opposition in Russland nicht besser passen zu können. (12) Der (Neo-)Liberalismus steht nicht für Freiheit, er steht für stramme wirtschaftlich-politische Ordnung. Das heilige Recht eines/r StaatsbürgerIn, gemäß ihrer Klassenzugehörigkeit sein/ihr Eigentum (sei es Produktionsmittel, sei es die bloße körperliche Arbeitskraft, wenn man kein Glück hat – se la vis) kapitalvermehrend einzusetzen, muss immer von einer wohlgesinnten Polizei und nach außen von einer Armee bewacht und beschützt werden. Klingt nach einem stinknormalen Nationalstaat? Aber Russland war nie einer und kann nie einer werden. Besonders solange es sich auf Rohstoffexport spezialisiert. (13) Und Russland ist nicht Russland, wenn es nicht seine Kolonien aussaugt.
Die Idee ist ja schön, hat was bakunistisches an sich: Das Reich fällt auseinander, seine ehemaligen Insassen (und viele andere!) finden auf einer gerechter und freiheitlicher Basis wieder zusammen. Realiter muss man bedenken: Es ist niemand da, weder im Inneren noch Außen, der vorhat und auch vermag, diese sogenannte Föderation zu zerstückeln. Das dumme Öl-Gas-Embargo, das voraussichtlich nur die weltweiten Lieferketten umgestalten würde, wird es sicherlich nicht. (14) Vielleicht zerstreiten sich die Regionen nur an der Frage der Kriegsschuld und versuchen die kommenden Konzessionen und Reparationen auf einander abzuwälzen. Dann können sich auf dem Territorium zwischen Polen und China sehr schnell neue hässliche Kriege nach jugoslawischer Art entzünden. Wer weiß, vielleicht wachsen auch Diestelfelder drum herum. Russland hat sich in der Ukraine ordentlich festgefahren und ist gerade im Begriff, sich nachhaltig für die nächsten 20-30 Jahre zu demilitarisieren, um es zynisch auszudrücken. Wer, welche Macht wird diese Gesellschaft entnazifizieren und gesund pflegen? Es ist niemand da.
von ndejra
Fußnoten:
1) https://dasgrossethier.noblogs.org/2019/11/khashoggis-ship/
2) „Die 2000er sind vorbei“, irgendwann mal auch beim GT erschienen. https://liberadio.noblogs.org/?p=1529
3) Immer noch lesbar und lesenswert. Es stimmt sogar (fast!) alles noch. Nur: die Dauerkrise und die Unruhen damals wurden ganz gut gemeistert. Das Regime ist, das muss man neidlos anerkennen, noch stärker daraus gegangen. http://bildungdiskutieren.blogsport.de/2012/04/25/wahl-proteste-soziale-kaempfe-und-die-linke-in-russland/
4) Man braucht sich nur die Bilder anzuschauen und sich zu fragen, geschieht diese Entweihung der angeblich sakralen Erinnerung aus reiner geschichtlicher Ignoranz oder schimmert da etwa eine unbewusste psychologische Abwehrreaktion durch? https://tyler78.livejournal.com/441991.html / https://tyler78.livejournal.com/446582.html / https://bootsector.livejournal.com/33064.html / https://yury-nesterenko.livejournal.com/1275922.html
5) https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_91077682/russland-schreckliche-und-sadistische-foltervideos-aus-gefaengnissen-.html
6) Vgl. David Brandenberger: “National Bolshevism. Stalinist Mass Culture and the Formation of Modern Russian National Identity, 1931-1956”, Cambridge 2002
7) Vgl. Ihar Alinevich: „Auf dem Weg nach Magadan“, Dresden 2016
8) https://ridl.io/en/can-you-trust-russia-s-public-support-for-a-military-operation-in-ukraine/
9) https://ridl.io/en/how-did-russian-society-react-to-covid-19/
10) https://www.akweb.de/gesellschaft/kolonialismus-in-russland-sowjetunion/
11) Es ist noch nichts passiert, Putin hängt noch nicht Kopf über an der nächsten Tankstelle, Hauptsache die neue Fahne ist da, die nicht einmal eine vergleichsweise lange Geschichte wie die weiß-rot-weiße der belarussischen Opposition hat. https://meduza.io/en/feature/2022/03/16/a-new-symbol-of-russia-s-anti-war-movement
12) Wie die Herrschaften ticken und wozu sie fähig sind, haben wir bereits beschrieben. https://dasgrossethier.noblogs.org/2021/02/nawalny-dies-nawalny-das/ /
https://dasgrossethier.noblogs.org/2021/06/extremely-concerned-about-your-class-attitude/
13) Abalow/Inozemzew (s.O.): Der Anteil der Rohstoffe im sowjetischen Export betrug 1989 etwa 50,4%, 2001 – waren das im russländischen Export bereits 73,5%; innerhalb dessen hat sich der Anteil von Erdöl mehr als verdoppelt. Der Anteil der Ölerlöse macht seit 2008 mehr als 50% des Staatsbudgets aus (kann nach der Art der Datenerhebung noch variieren und noch mehr sein). Moskau hat sich auf verschiedenen Wegen die gigantische Naturrente der Regionen angeeignet und verteilt im Gegenzug sehr ungleich Dotationen und Subventionen an die Regionen zurück (die wenigsten Subjekte der Russländischen Föderation finanzieren sich selbst, die wirtschaftlich-politische Abhängigkeit wird somit zementiert).
14) https://ridl.io/en/instead-of-an-embargo/