Aus der ungewöhnlich empfehlenswerten Telegram-Gruppe Neue Feindschaft nehmen wir folgende kurze Rezension.
Link zur Verlagsankündigung: Kim Posster, Männlichkeit verraten! Neofelis Verlag, 2023
Mich macht die ganze Logik dessen, was hier angekündigt wird, ratlos. Mir scheint das, was mich so ratlos macht, kennzeichnend für eine ganze Richtung aus der 2010er Linken.
Also die Männer sollen ihr Verhalten ändern. Einverstanden. Dazu findet man erst einen Begriff von Männlichkeit, um ihn danach zu kritisieren. Der Autor ist sehr dafür gelobt worden, dass er in seine Kritik auch diejenige „neue Männlichkeit“ von Männern, die sich Feminsten nennen, mit einbezieht. Wieder einverstanden! Diese neue oder kritische Männlichkeit ist in der Tat eine Tarnung für jede Sorte Schmierlappen.
Was aber nicht vorkommt, ist eine Veränderung der Einrichtungen, an denen das Verhalten seinen Rückhalt hat. Die Gesellschaft ist nach wie vor eine, die nach dem Mass der Männer errichtet ist. Männlich übergriffiges Verhalten hat in ihren Einrichtungen einen Rückhalt, weil Frauen immer genötigt sind, sich einzufügen.
Wie soll die Männlichkeitskritik eine Veränderung erreichen? Sie kann ja nicht anders, als partout auf der Ebene des indivuellen Verhaltens bleiben. Soll sie immerfort auf die Leute einreden. Die zu kritisierende Männlichkeit mit ihren Ansprüchen wächst ja immer wieder nach; sie muss von berufenen Instanzen immer wieder bekämpft werden, so wie ein Gärtner den Rasen schneidet. Eine gerechte Gesellschaft braucht also einen machtvollen ideologischen Überbau, dauernde Belehrung und Besserung, und sie braucht damit vor allem Leute wie den Buchautor selbst. Sie bringt nicht Befreiung, sie bringt den permanenten Workshop.
Man bekommt ordentlich Lust darauf, Rona Duwes matrifokale Gesellschaft einzuführen, die Privateigentum, Staat und patriarchale Familie abschafft und den Frauen die Macht gibt; und sei es nur, damit das verlogene Treiben endlich, endlich ein Ende hat. Diejenigen Feministinnen, die so etwas propagieren, sind nach Ansicht unseres Autors natürlich keine Verbündeten. Sie sind nämlich in aller Regel anderer Ansicht als er in Fragen der sog. „Queerpolitik“, und statt sich zu fragen, warum das so ist, beteiligt er sich lieber an ihrer Diffamierung. Am Ende gilt vielleicht für diesen Männlichkeitskritiker ähnliches wie das, was er über die kritische Männlichkeit sagt.
Man kann hinter dem ganzen Konzept unschwer die Umrisse des Milieus erahnen, aus dem es stammt: keine veränderte Welt, sondern eine genauer verwaltete. Die Arbeit des Sisyphus, in der Tat, gefördert aus Mitteln der Rosa-Luxemburg-Stiftung und den Fördertöpfen des Bundesfamilienministeriums. Man muss sich den Männlichkeitskritiker als einen glücklichen Menschen vorstellen.
Das heutige „linken“ Verlagswesen, aus dem auch dieses Buch kommt, produziert bekanntlich nicht für eine Nachfrage, sondern nach Massgabe der Förderung, von der es völlig abhängig ist. Seine Erzeugnisse werden faktisch bestellt und bezahlt vom ideologischen Staatsapparat. Die Arbeiterbewegung, die Frauenbewegung usw. haben sich seinerzeit unter widrigen Umständen eigene Einrichtungen, auch ein Verlagswesen selbst aufgebaut, weil sie ein reales Bedürfnis danach hatten. Das nur, weil wir hatten es neulich über Erkennungszeichen hatten.