1. Die Neue Feindschaft ist neu, weil die alte nichts mehr getaugt hat. Aber sie ist ist schon immer dagewesen, und sie wird wie Phoenix auferstehen, auch wenn sie untergegangen zu sein scheint. Gemeint ist natürlich der Schauspieler River Phoenix, der entgegen anderslautenden Gerüchten nicht gestorben ist, sondern eine Tankstelle im Hinterland von Oregon betreibt und darauf wartet, dass die Stunde kommt.
2. Die Neue Feindschaft lehrt euch nur das, was ihr schon wisst, z.B. dass die Soziologie eine Pseudowissenschaft ist, Geld verdienen Klassenverrat, und das, was klingt wie unerträgliche Zipfelklatscherei, auch unerträgliche Zipfelklatscherei ist. Der Unterschied ist nicht, dass sie es ausspricht (das tun mehre), sondern dass sie nie etwas anderes redet.
3. Die Neue Feinschaft schämt sich nicht, Dinge auszusprechen wie, dass der Verrat der „Linken“ an der Revolution beantwortet muss vom Verrat der Linken an der „Linken“. Sie schämt auch nicht, es zu stehlen, wenn andere es ausgeprochen haben.
3a. Die Neue Feindschaft nimmt sich wie Moliere das Gute, wo sie es findet. Sie erhebt keinen Anspruch auf Eigentum an ihren Sätzen, Gedanken und Taten, und sie respektiert auch keines. Jeder kann sich Neue Feindschaft nennen; dafür, dass man ihn dafür hält, muss er selbst sorgen.
4. Die Neue Feindschaft ist ansteckend. Die Neue Feindschaft ist keine Organisation, sondern eine Methode. Oder besser gesagt, sie ist keine Methode, sondern eine Geisteskrankheit.
5. Die Neue Feindschaft geht vom Unwahren aus. Sie sucht und findet es überall und arbeitet sich von dort aus voran. Sie hält alles andere für eine schmutzige Lüge. So löst sie mit leichter Hand alle Rätsel, die für die Fachleute in undurchdringlichen Nebel gehüllt sind.
6. Die Neue Feinschaft ergreift selten Partei, und wenn, dann nur für die Neue Feindschaft. Das liegt nicht an Mangel an Prinzipien, sondern daran, dass die alten Feinschaften nichts mehr taugen. Was eine neue Feindschaft ist, erkennt man daran, dass die Neue Feindschaft eine Partei darin ergreift.
7. Es kommt der Neuen Feindschaft nicht darauf an, sich Freunde zu machen. Im Gegenteil kommt es ihr darauf an, Streit anzufangen. Ihre Sache ist es nicht, sorgfältig abuwägen. Ihre Sache ist es, streitlustige Leute zusammenzubringen; oder genauer gesagt, komplette Verrückte zu finden, denen das Fell juckt. Die Neue Feindschaft weiss, dass anders heute nichts ausgerichtet werden kann.
8. Die Neue Feindschaft kämpft gegen die neumodischen Verrücktheiten, aber nicht etwa, weil sie gegen neumodische Verrücktheiten wäre. Im Gegenteil beansprucht die Neue Feindschaft, die neumodischste aller Verrücktheiten zu sein, und sie wird es nicht zurückweisen, die verrückteste genannt zu werden. Wie alle neumodischen Verrücktheiten war sie schon von jeher da, und tut nur so, als wäre sie es erst seit gestern. Die grösste umfassendste Feindschaft, die an die Stelle der bloss begrenzten Feindschaften von gestern tritt; das letzte Gefecht, der Krieg, der den Krieg abschafft. Die Neue Feindschaft weiss, dass seit Jahrtausenden unter dieser Fahne des hellen Wahnsinns in den Krieg geritten worden ist, und dass jede Revolution gescheitert ist. Sie hört aufmerksam zu, wenn die Sieger rufen: ergebt euch, es ist zu Ende.
9. Die Neue Feindschaft sagt: nein, die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Sie wird noch mindestens eine Runde weitergehen. Ihr habt noch lange nicht gewonnen, auch wenn es so aussieht. Und so lange ihr nicht gewonnen habt, haben wir noch nicht verloren. Also vorwärts, ruft die Neue Feindschaft, alle ins Gefecht, für den blossen Schatten eines Schattens vom Sieg! Es ist ihr vollkommen ernst, und sie geht zuversichtlich davon aus, dass genügende folgen werden (wie immer), aber viel zuwenige, um zu gewinnen (wie immer).
10. Die Neue Feindschaft verspricht Dir T-Shirts, aber Du trägst lieber Jogginghosen.
Fortsetzung folgt
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