»Arbeite viel […] und habe keinerlei Motivation«

INTERVIEW: PETRA DÖRNER

Petra Dörner: Deine EP, „Dinkelbrot & Ölsardinen“, die im April 2012 auf der Homepage deines panels „Antilopengang“ publiziert wurde, enthält sieben reguläre Tracks und zwei Bonuslieder. Du löst dich von dem subkulturellen Reim-Schema. Gut, das könnte man auch von Haftbefehl, Audio88 und Hiob behaupten, allerdings verzichtest du ganz auf Punchlines, auf die für Hip Hop üblichen Kettenreime und Vergleiche. Woher rührt die Motivation?

Danger Dan: Als Vertreter eines HipHop-fremden Magazins darf ich dir deine Unwissenheit in Bezug auf Rap-Handwerk ja nicht vorwerfen. Aber weder Haftbefehl noch Hiob lösen sich vom „subkulturellen Reim-Schema“. Deine anderen Aussagen stimmen leider auch nicht. Ich löse mich nur selten von gängigen Reimstrukturen, ich verzichte nicht auf Kettenreime und Punchlines, arbeite viel mit Vergleichen und habe keinerlei Motivation. Sorry, nächste Frage…

P: Du besingst im ersten Track, die „Ölsardinenindustrie“, eine Metapher und schilderst wie du auf das Fischernetz zu schwimmst. Das hört sich äußerst wohltunend an. Ich schwimme leidenschaftlich gerne, dein dazugehöriges Video drehtest du vermutlich an der Ost- oder Nordsee, bist du im Netz (nicht nur auf Youtube) gelandet? Wo und was ist die Ölsadinenindustrie?

D: Ehrlich gesagt, ich kann und möchte die Metapher im Lied gar nicht auflösen. Ich freue mich aber, dass du ein leidenschaftlicher Schwimmer bist, danke für die Information. Lass mich in Ruhe!

P: Nachdem du in deinem Video zur „Ölsadinenindustrie“ Konserven bewirbst, wie hoch ist eigentlich der Salzgehalt in den Konservenbüchsen? Worin unterscheiden sich die verschiedenen Markenprodukte? Gerne kannst du an dieser Stelle für Anbieter werben, ob in Sonnenblumenöl eingelegt oder nicht.

D: Ich kenne mich damit leider gar nicht aus. Ich habe noch nie eine Ölsardine gegessen. Aber ich finde Delphine süß.

P: Wirklich? Seelachs? Mich haben Delphine sowieso noch nie interessiert.

D: Ich habe nichts von Seelachs gesagt. Aber Seelachs gibt es so ja gar nicht. Der Fisch heißt in Wirklichkeit Köhler und wird aus Gründen der Verkaufsförderung Seelachs genannt, sobald er in das Netz der Seelachsindustrie geschwommen ist.

P: Die von mir schon angesprochenen gängigen Muster fehlen gänzlich. Ist das Album genauso viel Aufwand wie ein herkömmliches? Immerhin haben deine Crewmitglieder als Backroundsänger fungiert und stimmt es, dass dein Album im Zuge deiner Masterarbeit für „Angewandte Kommunikationswissenschaften und Anglistik“ entstanden ist?

D: Uiuiui, das sind aber einige Fehlinformationen. Da der Herausgeber dieses Blattes meinen Recherchen nach Jurist ist, bin ich davon ausgegangen, dass seine Mitarbeiter die Informationen, die sie zu veröffentlichen gedenken, prüfen und nicht einfach drauf los spekulieren. Um es richtig zu stellen: Meine Crewmitglieder haben nicht als Backroundsänger fungiert, ich habe nie eine Masterarbeit geschrieben, weder Kommunikationswissenschaften noch Anglistik noch sonst irgendwas studiert, du hast bislang diese ominösen „gängigen Muster“ gar nicht erklärt und ich habe ja auch gar nicht gänzlich auf im Rap gängige Muster verzichtet. Das ist aber keine gute Reputation für dieses Blatt. Die andere Frage kann ich nicht beantworten. Wir als Antilopen Gang haben keine Erfahrung mit herkömmlichen Alben; alles was wir bislang machten, war allerdings mit viel Aufwand verbunden.

P: Außerdem hast du so treffsichere und inhaltlich wertvolle Lines wie:

„Es ist so scheiße mit dieser Scheiße / (Denn) Meine verranzte Lieblingsbar geht pleite / Scheiße mit dieser Scheiße / Ey /“ (3 mal in Folge)

. Dieser Track verfügt nur über wenige bis gar keine Vergleiche. Was ist die Message? Oder ist die Message keine Message? Und du bringst die Message trotzdem so autark und pejorativ herüber, dass man sich wundert, wie authentisch sie in den Ohren der Studenten klingen. In Hip Hop Foren fragt man sich daher – wohlmöglich zu Recht –, ob du deinen Poetry Slam Auftritt vertont hast. Stimmt das?

D: Das stimmt natürlich auch nicht, ich habe nichts mit Poetry Slam am Hut. Allerdings gibt es, seit es die Antilopen Gang gibt, die wahnwitzigsten Spekulationen über uns im Internet. Und was soll das eigentlich immer mit den Vergleichen? Such‘ doch mal die Message und wenn du sie gefunden hast, dann schick sie mir per Email.

P: Du behauptest, im oben schon zitierten Song, „Meine Lieblingsbar (Scheisse)“, selbst mit avantgardistischen Reim-Schemen zu brechen. Ärgerst du dich deswegen, dass man deine Songtexte nicht versteht oder ist das der „Witz“ (lautes Lachen)?

D: Ich ärgere mich deswegen jeden Tag! (lautes lachen)

P: Man kann dir trotz alledem keine fehlende Struktur in der EP vorwerfen. Du kotzt dich auf die Art und Weise aus, wie man es sonst nur von Stammkunden der Currywurstbude kennt, ist das der Clou? Also nah an der Realität zu sein und daher so authentisch aus der „Unterschicht“ berichten zu können? In Politikerkreisen wird das m. E. als nah an der „Basis“ getitelt.

D: Das ist der Clou! (lautes, hysterisches, manisches Lachen und wilde Zuckungen, gefolgt von absoluter Stille und einer eingefrorenen Miene)

P: Mit deiner Hip Hop Combo versuchst du aktuell, seit eurem mittlerweile – unter angehenden Akademikern populärsten Song – „Fick die Uni“, die Zuhörerschaft wieder zu vergraulen. Gewissermaßen verfolgte die Vorgängercrew „Anti Alles“ gleiches Projekt. Das erinnert stark daran, wie ihr mit der hässlichen linken Szene vorsätzlich „abgeschlossen“ habt. Wobei das auch nicht den Umstand mildert, dass ihr hauptsächlich Auftritte in versifften Jugendzentren vor Antifas spielt. Werdet ihr auch künftig das Konzept verfolgen, sich über Nicht-Identifikation mit der Szene zu identifizieren?

D: Das halte ich wieder für eine Spekulation. Ich fürchte noch eher, dass es sich hier um eine Projektion handelt. Auf der Homepage eures unter journalistischen Aspekten recht fragwürdigen „Lifestyle Magazins“ versucht ihr, mit eurem – unter Antifaschisten populären – Artikel „Sehr geehrte Robbenbabys“ eure Leserschaft wieder zu vergraulen. Ich unterstelle feierlich, dass ihr euch in eurer Redaktion damit brüstet, mit der sogenannten „hässlichen Linken“ abgeschlossen zu haben. Wobei das nicht den Umstand mildert, das eure Zeitung überwiegend in versifften Jugendzentren und von (Post-)Antifas diskutiert wird. Anders als bei der Antilopen Gang, spielt die sogenannte „Szene“ in eurem Leben wahrscheinlich eine recht große Rolle. Was auf mich und evtl. Koljah, Panik Panzer und NMZS allerdings zutrifft ist der Umstand, dass ich mich nur damit identifizieren kann, sich mit nichts zu identifizieren. Außer mit den Antilopen, denn diese sind für mich ein Zufluchtsort, ein Freundeskreis, ein Team. Antilopen Gang, das ist etwas schönes, positives, lebensbejahendes.

P: Vielleicht kannst du gerade zum Schluss noch erläutern wie man die gepressten Konservenbüchsen partizipieren kann. Damit kann man sich sicherlich neben den zwei Bonustracks gleich ein handsigniertes Relikt der Kulturindustrie sichern. Wärst du so nett?

D: Dein rhetorisches Rumgegurke ist wirklich anstrengend zu lesen. Das versteht doch keiner. Du willst also ein Autogramm auf deiner CD haben, ja? Gerne. Erwähne das einfach im Bemerkungsfeld, wenn du das Bestellformular der CD-Version meines Albums auf www.antilopengang.de ausfüllst.

Ein viel öderes, aber weitaus informativeres Interview mit Danger Dan ist auf diesem Blog einzusehen: http://herrmerkt.blogspot.de/2012/04/mein-album-danger-dan-dinkelbrot.html

Danger Dan – Dinkelbrot & Ölsardinen, EP, 2012, 7 Euro oder kostenloser Download

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