Na, dafür dass der take so hot war –
Hatte mein anarchistischer Genosse Recht, dass Student*innen unter den Revolutionär*innen konterrevolutionär sind?
– ist der Rest der Abhandlung ziemlich lauwarm. Also, ich wäre dafür, dass dieser Genosse seine Gedanken bei Gelegenheit etwas näher ausführt.
Wenn ihr euch dafür entscheidet, lange genug in der anarchistischen Bewegung zu bleiben, werdet ihr feststellen, dass ein großer Teil davon (wenn nicht der größte Teil) tatsächlich aus Studierenden besteht. Ich spreche nicht über Jugendliche im Allgemeinen, sondern über einen bestimmten Teil der Jugend, der die Möglichkeit hatte, nach der Schule einen Abschluss zu erhalten. Diejenigen der Arbeiter*innenklasse, die direkt nach der Schule arbeiten gegangen sind, nehmen selten teil. Und diese Dynamik ist in ganz Europa weit verbreitet. Die kurze Aufmerksamkeitsspanne ist eine weitere wahre Geschichte der modernen revolutionären Bewegung. Ich denke, das beste Beispiel der letzten Jahre dafür war die sogenannte “Flüchtlingskrise” in Europa. Für einen kurzen Moment schlossen sich viele Menschen aus Unterstützungsgruppen verschiedenen Initiativen an, um den Geflüchteten zu helfen, die in das Land kamen – Hilfe bei Sprachkursen, einfache Kommunikation, der Umgang mit Rassismus. Aber auch Protestaktionen zusammen mit Refugees, zu den Themen staatliche Unterdrückung und ungerechte Migrationspolitik, wurden organisiert. Einige Jahre später sind die meisten, der an dem Kampf beteiligten Menschen, verschwunden, die Situation der Geflüchtetenrechte verschlechtert sich. Einige Migrant*innengruppen protestieren, aber der Protest scheint keinen großen Stellenwert in der Gesellschaft zu haben. Es dauerte vielleicht ein Jahr, bis die Linken und Anarchist*innen von einem anderen Thema, das von einem anderen Thema überholt wurde, eingenommen waren, und es scheint, dass dieses Goldfischverhalten in der revolutionären Bewegung kein Ende findet.
Dass die soziale Zusammensetzung des „sozialrevolutionären Milieus“ sich verändert hat, diskutiert man seit den 60ern, wenn nicht seit dem Ende des 2. Wetkrieges (siehe z.B. die Einführung zu „Der Anarchismus“, hrg. von E. Oberländer, 1972).
Doch langsam beginnt der Kapitalismus Tag für Tag, uns zu töten. Die rebellischen Eigenschaften, die im Bildungssystem nicht zerstört werden konnten, werden durch die Erschöpfung durch die Beschäftigung und den Alltag zerstört. Und ihr werdet feststellen, wie schnell ihr am Ende die unpolitischen Personen geworden seid, auf die ihr damals noch von oben verächtlich herab geblickt hatten. Und die Ironie wird da sein, dass die neue Generation eine Revolution fordert, während ihr keine Zeit dafür habt, weil es wichtigere Dinge gibt.
Oder sie merken, dass eure jugendliche Subkultur der sog. Mehrheitsgesellschaft und ihnen selbst eigentlich nichts anzubieten hat und gehen in irgendwelchen Stiftungen, NGOs, Verlagen, Parteien, Vereinen und anderen staatlichen und nichtstaatlichen Bürokratien auf. Das ist das, was unsere aufständischen AnarchistInnen ohne jegliche Diskussion für einen legitimen Fortgang einer linksradikalen Szenekarriere halten. Man sollte bloß die lustigen und günstigen Wohnmöglichkeiten an den Nachwuchs abtreten:
Viele von Uns konnten nicht in Hausprojekte einziehe, da die dort lebenden über 35-Jährigen, die freien Plätze für ihre Hedo-Freund*innen reservieren. Wenige Leute ziehen aus Hausprojekten aus wenn sie sich eine normale Mietwohnung leisten können, dabei wird ihr Gehalt teilweise von der Bewegung gezahlt (Festanstellungen in linken Veranstaltungsorten, Vereinen, Stiftungen, Zeitungen).
Immerhin ist man bereit, den eigenen Leuten zu verzeihen, wenn sie sich in die Kapitalreproduktion begeben, um für ihre eigene Reproduktion zu sorgen. Wird das auch der Gesellschaft außerhalb der Subkultur verziehen? Oder sieht man darin nur gedankenlose StatistInnen im eigenen „revolutionären Kampf“, weil die Leute auf die leeren Versprechen der linken Subkultur nicht verfallen bzw. sich für andere Subkulturen entscheiden? Wie wär‘s damit, dass ihr aufhört, irgendwelche seltsamen Ideale (die vielmehr subkulturelle Rituale und keine Ideale sind) einer abstrakten Außengesellschaft entgegenzuhalten und stattdessen anfängt, erst mal in/mit der Gesellschaft zu leben? Vielleicht kommt man auf interessantere Gedanken, wenn das revolutionäre Sendungsbewusstsein erst mal verflogen ist, vielleicht sieht man plötzlich mehr.
– spf
Wer sich solche Hausprojekte genauer anschaut, der findet dort in Wahrheit nur Kleinbürgerliche Spießigkeit, die Behauptet Widerstand zu sein. Wer deren Gedöns nicht folgt, gilt als Feind
„Um es nochmal mit aller Schärfe zu sagen: Es gibt im Kapitalismus aktuell wenige linke und anarchistische Räume, welche kollektiv genutzt werden können. Es sollte daher nicht als Spaß, sondern als Aufgabe und Bürde gelten in einem Hausprojekt zu wohnen. Anstatt sich über den sicheren Nestplatz und die billige Miete zu freuen, sollten die Bewohner*innen mehr Geld ausgeben um Veranstaltungsorte, Plenumsräume, Ladenprojekte usw. zu ermöglichen. Hausprojekte sollten Orte sein, welche unsere Ideologie propagieren, gegenseitige Hilfe ausleben und neue Strukturen schaffen.“
Wenn Pseud-Linke offen zugeben, das Sie Ideologen sind,