Neues von der Pseudo-Linken (VII)

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Vielleicht gibt es ein einziges Kriterium. Diejenigen, die so irrsinnig stolz darauf sind, „Linke“ zu sein, die es für eine unglaublich tolle Sache halten, und die deswegen fast zwanghaft alles, was ihnen nicht gefällt, aus der Linken hinausdefiniert haben wollen, weisen uns hier den Weg. Sie wissen nichts von der abgrundtiefen Verzweiflung an der Linken, die jeder Linke kennt; nichts von der brennenden Ungeduld mit ihrer vernagelten Dickschädeligkeit, ihrer Unfähigkeit, ihrer Faulheit und Feigheit. Sie sind mit sich und der Welt im grossen und ganzen zufrieden. Diese Leute sind ganz offensichtlich keine Linken, sondern irgendetwas anderes. Es gibt ein paar Möglichkeiten.

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So wie es Live Action Role Players gibt, die in selbstgebastelten Rüstungen Mittelalter spielen, gibt es LARPer, die mit selbstausgedachten Parteien und Ideologien „Linke“ spielen.

Man tut sich leicht, es einfach als Ärgernis abzutun. Hat es sowas nicht schon immer gegeben? Waren wir nicht alle auch einmal so? Früher oder später werden sie diese Leute sich ihren Karrieren zuwenden, dann ist Ruhe. Aber dann wachsen andere nach; es wird nie anders werden. Und diese Leute haben eine ganz andere Sorte Unterstützung in der Medienöffentlichkeit und den Regierungsparteien; weil sie deren Modethemen völlig bedenkenlos übernehmen und bis ins Absurde übersteigern, tun sie diesen einen unschätzbaren Dienst; im Vergleich sieht die Regierungslinke harmlos aus, und sie ersticken effektiv jeden Einspruch von links.

Sie haben die ausserparlamentarische Linke zu einem Spielplatz für die Kinder der Bürgerklasse heruntergebracht. Die Situationisten hätten diese Leute Recouperateure genannt, sie erobern für ihre Gesellschaft dasjenige Terrain zurück, was an eine frühere oppositionelle Strömung verloren gegangen ist.

Jede potentiell oppositionelle Strömung, jede neue Generation war immer in der Versuchung, sich in die Kostüme historischer Vorgänger zu kleiden; darüber kann man sich mokieren, aber es lässt sich ja schlecht vermeiden. Diese historische Kostümierung ist vielleicht selbst schon ein Teil des Problems; es zeigt allen an, dass man sich nicht sicher ist über seinen eigenen Platz, und auch nicht über die Grundlagen der Opposition, die man sein will.

Wer aus der Punkszene kommt, kennt sicherlich den Moment, wenn ein bestimmter Ort, den man besucht, auf einmal einen anderen Schlag Leute anzieht. Ein bisschen zu gepflegt, ein bisschen zu gewandt, ein bisschen zu mühelos cool. Ein bisschen zu glatt. Es sind erst sehr wenige, und man weiss nicht, was an ihnen nicht stimmt. Die Introvertiertesten spüren es zuerst. Später kommen mehr von der Sorte. Geübt drängen sie sich nach vorne. Sehr bald haben sie das sagen. Sinnlos, ihnen klarmachen zu wollen, dass der Ort und die Szene und die Musik nicht für sie gedacht sind, sondern für andere, zerbrechlichere, verzweifeltere, ärmere; diese Leute bedeuten ihnen soviel wie der Dreck unter ihren Schuhen. Respekt haben sie nur vor Leuten ihrer eigenen Sorte.

Es ist völlig sinnlos, den LARPern etwas klarmachen zu wollen. Es führt nirgendwohin, sie sich als blosses Ärgernis vom Hals halten zu wollen. Man muss sie ernst nehmen als historische Erscheinung und als Bedrohung.

Sie zeigen an, dass für eine bestimmte Sorte von linker Politik die Zeit abgelaufen ist. Wenn sie von ihrer eigenen Parodie nicht mehr unterschieden werden kann, dann ist sie selbst zu einer Gestalt der Parodie geworden.

Sie führen uns vor Augen, in welchem Mass diese Gesellschaft in der Lage ist, uns unsere Begriffe, unsere Organisationsformen abzunehmen und mit ihnen zu hantieren gegen uns. Und, was noch viel interessanter und aufschlussreicher ist, in welchem Mass nicht: das wird der Kern sein, um den herum man sich in Zukunft sammeln wird.

Denn „recouperiert wird nur, was sich recouperieren lässt“. Weggenommen wird einem von diesen Leuten nur das, was als Schmuck für bessere Leute taugt, als Spielzeug, als Accessoire.

Es ist kein Zufall, dass es meistens die Sprösslinge der Klasse sind, die uns unter ihrem Stiefel hält. Und was sie treiben, muss man als einen Teil dieses Stiefels erkennen. Wie weit sich diese Erkenntnis verbreitet, und was für Folgen daraus gezogen werden, wird (neben einigem anderen) über die nähere Zukunft der Linken entscheiden.

Wird fortgesetzt

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