[Denis floh 2022 aus Russland nach Kasachstan, nachdem Kasachstan ihm den Schutzstatus verweigerte, konnte er 2024 der Extradiktion nach Russland entgehen und nach Deutschland ausreisen. Wir übernehmen den folgenden Beitrag, da wir der Meinung sind, hier werden wichtige Dinge angesprochen, während die FreundInnen der blau-gelben Folkloristik und die möchte-gern-Geopolitikasten uns mit bürgerlichem Idealismus und irgendwas „mit Europa vereint“ vollsülzen. Zwei grundsätzliche Kritikpunkte allerdings: die Frauen trifft es noch mal ganz anders, obwohl Osteuropäerinnen auch vor dem Krieg ganz gut in deutschen Bordells vertreten waren; zweitens, scheint der Kollege die ganze Hoffnung in die staatliche Regulation zu legen. Ohne die Selbstorganisation und solidarische Unterstützung jedoch wird sich nicht viel tun, punktuelle Erfolge und Erfahrungen gibt es mittlerweile. Es wird uns allen gut tun, den Kopf mal wieder aus dem Arsch zu ziehen. – das GT]
Denis Kosak
Anstelle einer Einleitung
Der Krieg in der Ukraine hat nicht nur Millionen von Menschen schweres Leid zugefügt, sondern auch einen massiven Zustrom von Flüchtlingen in westeuropäische Länder, vor allem nach Deutschland, ausgelöst. Bis Mai 2025 wurden in Europa über fünf Millionen Ukrainer registriert, die aus ihrer Heimat fliehen mussten. Nach Angaben des UNHCR ist Deutschland das Land, wo mit etwa 1,2 Millionen Menschen die meisten Anträge auf Asyl und vorübergehenden Schutz gestellt worden sind.
Deutschland bleibt eines der wichtigsten europäischen Länder hinsichtlich der Zahl der Flüchtlinge und Migranten. Im Jahr 2025 stieg ihre Gesamtanzahl um weitere 124.000 Menschen auf rund 3,5 Millionen. Etwa ein Drittel aller registrierten Flüchtlinge sind ukrainische StaatsbürgerInnen.
Deutschland verfügt über eines der am weitesten entwickelten sozialen Unterstützungssysteme in Europa sowie vereinfachte Mechanismen für den vorübergehenden Schutz ukrainischer StaatsbürgerInnen. Darüber hinaus besteht auf dem deutschen Arbeitsmarkt ein Bedarf an Arbeitskräften, was das Land nicht nur für Vertriebene, sondern auch für Migranten attraktiv macht, die stabilere Lebensbedingungen und Beschäftigungsaussichten suchen.
Als Migrant mit annulliertem Pass, der als Flüchtling in Deutschland lebt, habe ich die Komplexität der deutschen Bürokratie persönlich durchgestanden und aus erster Hand erfahren, dass Statistiken und offizielle Berichte nicht immer die Realität widerspiegeln. Heute gehöre ich der Arbeiterklasse an und arbeite Seite an Seite mit Ukrainerinnen und Ukrainern sowie anderen Migrantinnen und Migranten, die mit denselben Problemen und Herausforderungen konfrontiert sind. Deshalb ist es mir wichtig, meine Beobachtungen und Erfahrungen zu teilen, um zu zeigen, inwiefern das, was über die Situation von Flüchtlingen und MigrantInnen und Migranten in Deutschland erzählt wird, tatsächlich mit dem übereinstimmt, was wir täglich erleben.
Die Besonderheiten eines neuen Lebens
Jeder Wochentag beginnt für mich gleich: Der Wecker klingelt um 4:50 Uhr, und ich habe nur zwanzig Minuten Zeit, um mich fertigzumachen. Ich gehe raus, als es noch dunkel ist – die Fenster der Nachbarhäuser sind unbeleuchtet, als schliefe die Stadt noch. Ich warte auf den Bus und merke, dass ich allmählich von anderen Pendlern umgeben bin. Die Stille wird nur durch die Gespräche meiner Kollegen unterbrochen – überall wird Ukrainisch gesprochen, und es entsteht das Gefühl, gemeinsam einem neuen Arbeitstag entgegenzugehen. Weiterlesen

