Do Not Congratulate

Amüsante Nachrichten heute über die Vereidigung Putins, featuring seinen Begrüss-Gustav:

Putin sprach, dann schritt er zur ersten Reihe und ließ die Gäste seine Hand halten. Erst den Patriarchen, dann Schröder und dann erst Medwedew, Premier und für vier Jahre Putins ergebener Platzhalter auf dem russischen Präsidentenstuhl.

Lol.

Hm, wer noch?

Veröffentlicht unter Geschireben | Kommentare deaktiviert für Do Not Congratulate

Gute Frage III

Was regen sich die Leute eigentlich über die AfD auf? Bei „uns in Bayern“ regieren die seit 1957.

Veröffentlicht unter Geschireben | Kommentare deaktiviert für Gute Frage III

Unbegreiflichkeiten

Ich muss nochmal auf die syrische Frage zurückkommen, und die ist auf eine bestimmte Weise auch eine Weltfrage geworden, leider. Ich habe irgendwann neuerdings als folgende Einsendung eines Bürgers erhalten, die ich zitiere, um nochmal klarzustellen, dass derartige Diskussionen von mir nur öffentlich geführt werden.

Ich frage mich, war dieser „Frühling“ ein spontanes Ereignis? Wenn ja, wer waren die Träger? Gab es nur eine oder mehr Ursachen für diese Revolten? Was waren die Ziele (zumindest haben sich vormals vielleicht westlich angehauchte Werte von Menschenrechten, Demokratie etc. inzwischen zu meist islamistischen Kanons gewandelt)? Und, wer hat da noch mitgemischt? Wenn ich mir das anschaue und feststellen muss, dass die USA u.a. bereits seit 2001 den Sturz Assads planen, dass 2006 Wikileaks diese Pläne veröffentlicht hat, seit 2012 immer wieder „rote Linien“ erfunden werden (als Interventionsvorwand), komme ich nicht umhin zu folgern (so sehr ich auch Assad und Co ablehne), dass der Westen ein massives Interesse daran hat, diese (ehemals staatssozialistischen) Staaten -wie Syrien, Irak, Libyen- zu zerschlagen , um sowohl an deren Rohstoffe zu kommen ,als auch, um zu verhindern, dass sich „antiimperialistische“ Achsen (Iran-Irak-Syrien-Libanon-Libyen..) bilden könnten. Der 1. Irakkrieg war nun mal ne CIA-Inszenierung. Auch Israel hat daran kein Interesse (jetzt kannst du mir „Antisemitismus“ unterstellen).

Solche Sachen, die ja noch eher gemässigt sind, wird man öfter hören, meistens von Linken der älteren Generation. Ich bekomme immer den Eindruck, dass deren Uhren 1991 stehengeblieben sind, aber ziemlich sicher hatten sie vorher schon Unrecht. Es ist aussichtslos, zu versuchen, in ein so organisiertes Gehirn einen besseren Begriff zu bekommen davon, wie die Welt funktioniert. Mir will scheinen, unter den jüngeren müsste man sich solche Mühe nicht geben, weil sie nach 1991 sozialisiert sind; aber vielleicht sind auch einfach nur die unter den jüngeren, die so denken, nicht mehr zur Linken gekommen.

Die weniger gemässigte Variante eines solchen Denkens findet man bei Leuten, die sich nicht die Mühe geben, auch nur so zu tun, als verabscheuten sie die Assad, Ghadhafi, Putin oder wie sie alle heissen. Im Gegenteil, wenn man schon so weit ist, deren Regimes als „ehemals staatssozialistisch“ zu bezeichnen, wäre es nicht da sogar noch konsequenter, ihre Steuermänner gleich zu Verkörperungen der Einheit und Unabhängigkeit ihrer Nationen gegen den Imperialismus zu erklären? Wird nicht eigentlich die Lage dadurch nur klarer, und lädt das nicht energischere Naturen als unser Briefschreiber es ist dazu auch ein?

Die heutige Rechte bezieht die Plausibilität ihrer Glaubenssätze, wie jede historische Welle der Rechten, von abgesunkenen und populär gewordenen Irrtümern der Linken. Die Linken irren immer. Das macht ihr Verdienst aus. Die Linke hat hoch gespannte Ideale, an denen sie scheitert. Das ist ihr Ruhm. Aber sie selbst ist es, in ihrem Scheitern, die die Wege erst hervorbringt, auf denen spätere Reaktionäre gehen. Die radikale Linke in Frankreich z.B. brachte, nachdem sich ihre Arbeit erschöpft hatte und sie die Welt nicht mehr verstanden, ihr Erbe in die reaktionäre Bewegung Boulangers ein, den Zeev Sternhell völlig zu Recht den Begründer der Tradition des Faschismus nennt. Eine Rechte als Massenbewegung, so etwas ist nirgendwo auf der Welt ohne weiteres Möglich gewesen. Überall zeigt sich, dass der Boden vorbereitet war durch Irrtümer der Linken, wenn nicht gleich durch direktes Überlaufen einzelner Elemente oder ganzer Fraktionen von der Linken. Namentlich, wie das Beispiel der Blanqisten zeigt, das Überlaufen von Fraktionen, die in Vorstellungen erstarrt sind, die sie hindern, eine anscheinend völlig veränderte Welt zu verstehen, oder zu verstehen, dass sie nie so war, wie man ihnen beigebracht hatte, dass sie wäre.

Ich will die oben zitierten Mutmassungen eines Uninformierten mal kontrastieren mit folgendem Artikel über das selbe Thema, aus dem Blog Al Bab des Guardian-Journalisten Brian Whitaker. Whitaker ist von Tendenz her selbst Linker, er argumentiert konsistent gegen militärische Interventionen, er ist keineswegs ein Parteigänger von W. Bushs Regime Change-Politik gewesen, aber er kennt die Gegend und die Lage der Dinge.

Unter Leuten, die nicht lesen und die vor allem nicht Englisch lesen, wird sein Artikel „Warum die Geschichten eines westlichen Regime-Change-Plans (in Syrien) keinen Sinn ergeben“ wahrscheinlich kaum gehört werden.

If the Arab Spring protests hadn’t spread to Syria in 2011 and been met with a vicious response it’s very likely that relations between Syria and western governments would have been plodding along on the same bumpy road that we saw during the decade before the conflict broke out.

Claiming there was a long-standing plan to oust the regime serves a political purpose but the evidence simply does not support it. It’s a case of trying to shape the facts to fit a desired narrative – a narrative that blames the conflict on western machinations rather than decades of dictatorship. And that is an insult to the countless Syrians who, before the conflict turned violent, took to the streets demanding an end to repression.

Wer liest schon ein so langes Ding, in dem keine skandalöseren Sachen stehen als: der „Westen“ ist bis 2011 mit Assad immer irgendwie ausgekommen, es sind immer irgendwelche Deals geschlossen worden, die im Westen vorherrschende Politik war immer die, lieber ein solches Regime zu unterstützen als zu riskieren, dass ein Umsturz irgend ein anderes an die Macht bringt? Das klingt zu normal. Das klingt zu sehr danach, wie der Westen Leute wie Pinochet unterstützt hat.

To summarise, then, there is no sign that western governments, during the 10 years or so leading up to the current conflict, sought to overthrow the Assad regime or had serious plans to do so. The relationship – though fraught at times – was seen as one that could still be managed by diplomatic means and without a full-on confrontation. It’s also worth noting that in March 2011, during the initial stages of the Syrian uprising, US secretary of state Hillary Clinton was still calling Assad a reformer and an article in Haaretz newspaper described him as Israel’s favourite Arab dictator.

Was Brian Whitaker schreibt, ist für jeden, der sich ernsthaft mit der Sache befasst hat, überdeutlich zu sehen gewesen. Was für Schädel sind da, in die so etwas nicht eingeht? Natürlich würde das die politische Identität von Leuten aus dem, sagen wir, DKP-Umfelf beschädigen, so etwas zuzugeben. Aber warum sollte die Linke sich als Geisel solcher Empfindlichkeiten halten lassen? Es ist ein grosszügiger Abschied geboten, und er sollte umfassend sein.

Und weil unser ungenannter Briefsteller aus dem Zentrum der alten würzburger Linken stammt, und weil eine nachwachsende neue Linke nicht im Unklaren gelassen werden soll, wer denn eigentlich die freundlichen älteren Herren sind, die ihnen zuweilen ganz uneigennützig ihre Hilfe anbieten, und die gerade an den grössten Torheiten der jungen, den Rojava-Heimatabenden etwa, den grössten Gefallen finden: deswegen wird es wirklich nötig sein, dass der geplante längere Text bald erscheint, als Fortsetzung unseres letzten Würzburg-Artikels, und als Fortsetzung unseres älteren Textes von 2012.

Veröffentlicht unter Geschireben | Kommentare deaktiviert für Unbegreiflichkeiten

„Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung“

Man gewöhnt sich wohl besser an die Rhetorik von Horst Seehofer. Sie ist eine ganze Drehung extremistischer als die seiner Vorgänger.

Bundesinnenminister Seehofer nannte die gewaltsam verhinderte Abschiebung einen „Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung“.

Der Schreihals aus Ingolstadt hat natürlich allen Grund, so zu zetern. Es scheint, als ob es schwerer wird, Abschiebungen zu vollziehen, und es könnte sein, dass seine Idee, Ausländer in Lager zu konzentrieren, auf praktische Schwierigkeiten stösst, solange die dort sitzenden noch elementare Bewegungsfreiheit besitzen.

Die Dynamik, die er auslöst, wird ihn entweder zur Aufgabe zwingen, oder dazu, die Insassen dieser Lager offiziell rechtlos zu machen; d.h. diese Lager dem historischen Begriff des Lagers anzunähern.

Welches von beidem, das wird davon abhängen, wieviel Macht die Anti-Deportationsbewegung zu entfalten in der Lage ist. Und genau die versucht er mit aller Macht zu delegitimieren, weil alleine ihre Existenz auf Dauer ausreichen würde, um ihn zu delegitimieren. Seine Abschiebelager können schnell sein Wackersdorf werden.

Die letzten Male, als Abschiebeversuche gescheitert sind, zeigt sich übrigens gelegentlich, dass die versuchte Abschiebung rechtswidrig gewesen ist, oder, wie unsere politische Klasse es zweifellos nennen würde: ein

„Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung“

Veröffentlicht unter Geschireben | Kommentare deaktiviert für „Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung“

Gute Frage II

Peter Hacks, das war doch so eine Art Will Vesper der DDR, oder?

Veröffentlicht unter Geschireben | Kommentare deaktiviert für Gute Frage II

Weird Shit V

So, weil wir bei weirdem Shit sind, darf natürlich gegen Ende der ernstgemeinte Debattenbeitrag der „AG“ aus Halle nicht fehlen. Text selbst natürlich sng, aber aus diesem Facebook ist uns eine Zusammenfassung zugestellt worden:

In der Tat, und stimmt es nicht sogar, dass der Staatsschutz Leuten mit Skalarwellen in den Hals schiesst? Aus dem Stockwerk drüber.

Gegen Ende finden wir noch folgende schöne Wendung:

Heute geht Ihr mit Hunderten auf die Straßen. Wenn es aber nicht deutschstämmige Nazis sondern Migranten sind, die, wie am 16. Dezember vergangenen Jahres, eine Demonstration abhalten, die offener antisemitisch ist als jeder Aufmarsch der Brigade-Suffnazis aus der hallischen Silberhöhe, dann bleibt ihr zuhause.

Vor Zeiten schrieb natürlich Martin Sellner von den Identitären über solche Leute:

Mein Prognose ist, dass im deutschen Sprachraum innerhalb der nächsten 5-6 Jahre die ersten Antifa-Demos gegen die Islamisierung entstehen könnten. Auslöser werden wohl antisemitische Übergriffe der „kulturellen Bereicherer“ und/oder antisemitische Ausfälle ihrer salafistischen Brüder sein. Eine israelsolidarische Antifa wird sich dann nicht um echte Reaktionen drücken können, bei der sie, zum ersten Mal in ihrem Leben, eine echte Front jenseits des „Gegen Rechts“-Dreiecks erleben. Das was sich dann um Blogs wie Lizas Welt, Zeitungen wie Bahamas und Denker wie Grigat und Werthmüller formieren wird, wird keine „Antifa“ im herkömmlichen Sinne, und damit eine Stütze des Status Quo sein, sondern der ernsthafte Krisenmodus einer radikalen Linken, die erkennt, dass mit dem Untergang der Völker Europas auch ihre Utopie des Kommunismus fürs Erste flöten geht.

Für einen Identitären ein ganz flotter Kopf, dieser Sellner. Woanders schreibt er über unsere Brüder von der AG:

Darüber hinaus hat sich allerdings ein Teil der Szene durch die Ereignisse nach dem 11. September 2001 einem Politikstil zugewandt, der mit dem materialistischen Verständnis von »Kritik« der ISF nur noch wenig gemein hat. Ausgangspunkt hierfür sind Paradigmen, die vor allem von der Zeitschrift Bahamas vorgegeben wurden.

In der Tat, mit dem materialistischen Verständnis der ISF Freiburg von Kritik hat das, was die Kinderbeilage der Bahamas veranstaltet, nicht mehr viel zu tun. In der Tat für einen Identitären nicht mal so dumm, wenn man ihn etwa mit Simon Kaupert vergleicht, der wirklich zu glauben scheint, Frontex importiere Flüchtlinge und die IG Metall arbeite aus linker Volksfeindlichkeit und im Auftrag der Hochfinanz auf den Niedergang der deutschen Industrie hin. Kein hoher Standard, muss man zugeben. Aber einer, wo es ziemlich blöd wäre, wenn die Linken sich noch dümmer stellen würden.

Veröffentlicht unter Geschireben | 2 Kommentare

Weird Shit IV

Was ist denn eigentlich das Ding an diesem Text Being a Bat von Felix Bartels? Anscheinend lesen den alle, und weil der so schön schreibt, fragt keiner, wie denn so etwas geht:

Was also bedeutet Ideologiekritik? Zunächst mal tatsächlich, die Welt nicht als Welt, sondern als falsches Bewusstsein von ihr zu erfassen. Das Verfahren geht auf Marx zurück, wie auch der Begriff der Ideologie selbst (der früher schon vom Comte de Tracy verwendete Ausdruck hat eine andere Bedeutung und darf hier ausgeklammert bleiben). Ideologiekritik war für Marx eine Art Propädeutikum, ehe er in der Reifephase zunehmend auf die Welt selbst kam. Sein gesamtes Frühwerk ist ja davon gezeichnet, dass er sich vom als subjektiven Idealisten missdeuteten Hegel freimacht und nicht einfach frei von ihm ist. Und während bei Marx Ideologiekritik dem Materialismus vorausgeht, ist das bei den heutigen Ideologiekritikern interessanterweise umgekehrt. Sie haben meist einen marxistischen Hintergrund, kommen von der materialistischen Methode her, und enden als Ideologiekritiker.

Kann man Ideologiekritik wirklich von den Aussagen über die wirkliche Welt abtrennen? Unter welchen Bedingungen kann man denn überhaupt Aussagen über diese wirkliche Welt machen? Unter Vermittlung des Geistes. Dessen Erzeugnisse erscheinen in diesem Verhätnis dann als etwas primäres, und die „wirkliche Welt“ als von diesem bestimmt oder produziert. Im Verhältnis zur Natur fallen wir darauf natürlich nicht herein (or do we?), aber im Verhältnis zu den gesellschaftlichen Tatsachen geht es um lauter Sachen, die von Menschen produziert werden, und zwar unter Benutzung gerade des selben Geistes. Über solche Tatsachen lässt sich nichts aussagen, was nicht auch eine ideologiekritische Bedeutung hat. Der Witz ist ja, dass es nicht nur eine solche hat, sondern (ich möchte fast sagen unmittelbar) eine real-kritische.

Das ist eigentlich eine (ich möchte fast sagen:) Grundeinsicht der kritischen Theorie, im weitesten Sinne, und trotzdem fallen mir wenige ein, die Ideologiekritik derart im strengen Sinne verstanden hätten. Manfred Dahlmann wäre der erste Name unter den Lebenden gewesen, der mir eingefallen wäre, aber der ist ja nun tot. Der hätte sich eher die Zunge abgebissen, als Ideologiekritik als so eine Art Propädeutik zu fassen.

Felix Bartels tut aber noch etwas anderes, um das kritische Kind mitsamt dem ideologiekritischen Bade ganz beruhigt ausschütten zu dürfen. Er nimmt den Bahamas ihren Anspruch, dass sie wirklich Ideologiekritik betrieben, ganz einfach und ohne zu fragen auch ab. Und das tun sie gar nicht. Es fällt ihm schon auch auf, dass die schon lange nicht mehr über wirkliche Dinge reden wollen, sondern nur darüber, wie andere Leute über diese Dinge reden. Er findet sich aber anscheinend damit ab, das sei nun (formal) Ideologekritik.

Stattdessen könnte man auch sagen: nein, sondern das ist ganz genau dasselbe, was man landläufig meint, wenn man „postmodern“ sagt. Ein Haufen Leute, die gar keine ernsthaft als sachbezogene gemeinten Aussagen austauschen, sondern Aussagen über Aussagen. Statt zu schauen, was z.B. in Ägypten passiert, schaut man, was die Zeitung drüber schreibt, und dann leitet man aus dem, was die Zeitung sonst noch so schreibt, ab, was man dann von Ägypten halten soll. Oder, wenn man z.B. Magnus Klaue ist, schreibt man das ensprechende Feuilleton, das alle abschreiben, gleich selbst.

Felix Bartels scheint der Unterschied wurst zu sein, den verbliebenen Antideutschen oder materialistischen Kritiker oder wie sie sich nennen, sollte das nicht egal sein. Die sogenannte ideologiekritische Schule, auch die wiener, steht vor grösseren Anstrengungen, wenn sie nicht einfach untergehen will. Man kann nicht glauben, dass man unter solchen Umständen ruhig ein Blatt wie die Sans Phrase vollschreiben kann, unangefochten; weil man wird angefochten, und man wird angefochten werden, und wenn ihr eure eigene Kritik nicht selbst in die Hand nehmt, dann müssen wir das tun. Oder ist es euch lieber, es bleibt nur noch die Wahl zwischen Felix Bartels und der Bahamas?

Veröffentlicht unter Geschireben | 8 Kommentare

Weird Shit III

Das hier ist der dritte Teil einer Reihe über das erstaunliche Ausmass der Verdummung und Verrohung unter demjenigen Teil der früheren antideutschen Szene, der auf den Namen der Zeitschrift Bahamas hört. Das erstaunliche daran ist, dass sich die Verdummung nicht auf diesen Teil beschränkt. Auch solche Gruppen (früher traten solche Leute unweigerlich in Gruppen auf), die sich vor Jahren anlässlich des „Existenzialismus-Streits“ (fragt mich erst gar nicht, was das ist) von der Bahamas getrennt hatten, nehmen im grossen und ganzen an dieser Tendenz Teil. Die früher mal als szeneorthodox anerkannte Prodomo zum Beispiel fühlte sich bemüssigt, eine neue Ausgabe zu veranstalten, die gerade so vernagelt und fanatisch auf dem früher gemeinsamen Hausthema herumritt, nämlich „dem Islam“, wie früher. So, als hätte sich nicht schon 2011 herausgestellt, wie wenig man gemeinsam hat, mit den bekannten ergötzlichen Folgen.

Trotzdem waren „die Kölner“ dem Vernehmen nach enttäuscht, dass sie, als bestimmte Disagreements laut wurden, von „den Berlinern“ behandelt wurden, „als wären sie aus einer Sekte ausgetreten“, wie es einer ihrer grossen Leute formuliert hatte. Naja, wo dachten sie denn, dass sie wären? Im übrig gebliebenen kleiner und irrer gewordenen Szenesumpf radikalisierten sich die dummen Ideen, die die Leute in den Köpfen hatten, natürlich schneller weiter als ausserhalb des eingeschworenen Zwangszusammenhangs der Sekte, aber waren es nicht, liebe „Kölner“, doch die gemeinsamen dummen Ideen?

Ich z.B. verstehe eigentlich nicht, dass die Entwicklung der Bahamiten seit der Wahl Trumps offenbar als neue Eskalationsstufe wahrgenommen wird. Der Wahnsinn hat doch schon bedeutend früher begonnen, vielleicht 2005, wer weiss das schon. Es sind nur die ausgestiegenen Opfer der immer erneuten und immer irreren Säuberungsbewegungen, die es vollkommen richtig fanden, was bis zum Tag ihrer Ausstossung getrieben worden ist, und die völlig verständnislos vor der konsequenten Fortführung stehen. 2017 scheint viel von der dazugehörenden Abrechnungsliteratur produziert worden zu sein, von beiden Seiten; ob das ein gutes Zeichen ist, hängt davon ab, ob man glaubt, spät wäre besser als nie. Ich glaube das nicht.

„Die Kölner“ haben hier offenbar ihren Anteil an dieser Literatur hinterlassen: Ein fiktiver Dialog, absolutes Hefegespräch, nur die Personennamen sind echt und die Sätze, die gesagt werden; ein konfuser Haufen Trottel, Linke, Antideutsche, Ex-Antideutsche und Leute, bei denen man sich fragt, wo man die denn überhaupt her aufgetrieben hat. Die reden dann über die Lage nach Trump aneinander vorbei ganz genauso fokussiert, wie man das vor Trump schon kannte, aber es schwebt etwas von Vergeblichkeit und Trennung im Raum – vielleicht der Heilige Geist? Zum Schluss heisst es:

GWG: Dies scheint mir ein gutes Schlusswort zu sein. Vielen Dank für die erhellenden Antworten.

Ob den „Kölnern“ es klar ist oder nicht, aber nach Seiten auf Seiten dieses völlig vom Fisch bespuckten Geschwätzes von Leuten, die nichts miteinander zu tun haben können, in Zeiten, die keiner von ihnen versteht, kann dieser Satz, wenn man ihn teilnahmslos und unbefangen liest, nicht anders verstanden werden als eine Auflösungserklärung. Nur unter dieser Voraussetzung: dass klar wird, dass es gemeinsam nicht weitergeht, sind diese Antworten nämlich in irgendeiner Weise „erhellend“.

Warum nur fällt mir der Satz ein: „So long, and Thanks for all the Bullshit?“

Man kann nun, und das dürfte die Hauptschwierikeit der „anderen“ mit den Bahamiten sein, kaum einfach aussteigen, an einer vollkommen zufälligen Stelle Gefolgschaft und Konsequenz aufkündigen, und dann nicht vom dem Wahnsinnszug überrollt werden, den man mit in Gang gesetzt hat. Man müsste schon mindestens die früher geteilten Grundlagen in Frage stellen, man müsste vielleicht zum ersten Mal treiben, was man immer nur geglaubt hat zu betreiben, nämlich Ideologiekritik.

Ist die „Islamkritik“, wie sie betrieben wird, wirklich im Grundsatz i.O., wird nur aus irgendwelchen Gründen übertrieben? Ist die Unterscheidung in den guten, liberalen Leviathan und seinen bösen Zwilling Behemoth, mit dem er behauptet, nichts zu tun zu haben, nicht vielleicht so oberflächlich wie ein aufgeklebter Schnurrbart?

Das ist ein Prozess, den ich euch nicht ersparen kann, der euch weh tun wird, der aber nötig ist. Es ist einfach ungesund: Vor ein paar Jahren nahm die antideutsche Szene ohne grosse Regung hin, dass einer ihrer hauptsächlichsten Prediger, subjektiv übrigens völlig konsequent, einen ganz ähnlichen Weg begonnen hat, der ihn dann zu einem der Propagandahauptleute der heutigen Rechten machte. Wieso ist das für die antideutsche Linke nicht Anlass gewesen, nachzudenken, wie das passieren konnte?

Überläufer gibt es immer, sagte man schulterzuckend, aber wenn von den anderen Linken jemand zu den Nazis übergeht, dann heisst es: sieht mans mal wieder. Aber Elsässer, das hat mysteriöserweise nichts mit „uns“ zu tun, nichts mit Gremliza, nichts mit der Jungle World und ihrem Milieu. Nein, die schreiben doch ganz andere Sachen! Aber vielleicht ist das auch so oberflächlich wie ein aufgeklebter Schnurrbart.

Veröffentlicht unter Geschireben | 2 Kommentare

Weird Shit II

Das ist offenbar eine Lokalangelegenheit aus diesem Leipzig. Ich habs gelesen, fühle mich aber ausserstande, zu referieren, was die eigentlich wollen. Bei der AfD fühlen sie sich allerdings vom linken Gesinnungsterror abgestossen, nicht anders als beim Conne Island:

Heute ist aus dem automatisierten Wettlauf derer, die am meisten aus der Geschichte gelernt haben wollen, ein postnazistischer Gesinnungszwang entstanden, der mehr und mehr Themenfelder erfasst. Insbesondere auch die AfD scheint ohne NS-Vergleiche der »Merkel-Diktatur« nichts entgegensetzen zu können. Ist erst einmal eine politische Diskussion durch Erfahrungen aus dem Nationalsozialismus belehrt worden, so kann es keine Gegenrede mehr, sondern nur noch bekennende Antifaschisten geben. Zuletzt bekam das Plenum des Conne Island diesen Gesinnungszwang zu spüren, als es in einem Hilferuf über zunehmende Probleme mit »jungen Männern mit Migrationshintergrund« berichtete, denen das dortige Secu-Team nicht mit üblicher Entschlossenheit entgegentreten konnte

Wie hurtig das geht von der AfD vermittelst das „Gesinnungszwangs“ zur gescheiterten Türpolitik einer südleipziger Dorfdisco. Wie plötzlich das Wörtchen „postnazistisch“, weil es seit längerem in linken Szeneblättchen steht, aus Geschwätz etwas macht, das beinahe, aber nur beinahe bei Horkheimer hätte stehen können. Wie geschwind das geht, im Handumdrehen der Bahamas sich als noch bahamitischere, noch konsequentere Gefolgschaft zu empfehlen.

Man darf vermuten, dass die Autoren Anfang Mai auf der Bahamas-Convention zugegen sein werden. Deren Aufruf ist übrigens auch ganz schön weirder Shit:

diejenigen Antideutschen, die längst zu Hilfstruppen des Staatsapparats geworden sind

meint ja keineswegs solche Leute, denen es mit dem Abschieben nicht schnell genug geht, sondern im Gegenteil. Und die Zeiten vor 20 Jahren sind vergessen, als Horst Mahler der Antifa ins Gewissen reden wollte, sie betreibe in Wahrheit das Geschäft des kapitalistischen Weltsystems:

Untersucht Ihr noch unabhängig und kritisch, wer der Feind ist und wo er steht? Oder übernehmt Ihr Euer Feindbild aus den Systemmedien? Macht es Euch nicht nachdenklich, daß Ihr in der veröffentlichten Meinung recht wohl gelitten seid und die Polizei wenig Mühe darauf verwendet, Eure offenkundige Gewalttätigkeit einzudämmen? Beschleicht Euch nicht manchmal der Verdacht, daß Ihr mit Euren “antifaschistischen” Aktionen dem System die Dreckarbeit abnehmt?

Mit dem Schlachtruf: “Der Globalismus wird siegen!” bekriegen sie den Willen der Völker, als souveräne Staaten dazusein. Die Idee der Nation wird als Teufelswerk verunglimpft, das verantwortlich sein soll für die Blutbäder des vergehenden Jahrhunderts (Hans-Ulrich Wehler).

Veröffentlicht unter Geschireben | 5 Kommentare

Indien unter Modi

Ein krasser Fall von Gruppenvergewaltigung und Mord in Indien:

The 8-year-old girl belonged to the Muslim Bakarwal people, who move with their sheep and horses between high mountain pastures in the summer and the plains of the Hindu-dominated Jammu region in winter. There is tension with local Hindus over the right to graze animals on the land. According to the police, the motive of the premeditated crime was to terrorize the Bakarwals and dislodge them from the area. The bereaved parents were not even allowed to bury the child in the village. They have since fled the area.

A newly formed group called Hindu Ekta Manch, or Hindu Unity Forum, organized a protest march in defense of the accused, who include a retired government official and two police officers. Thousands joined in, many waving the Indian national flag. Vijay Sharma, a co-founder of the group and an organizer of the march, was also a high-ranking leader of Mr. Modi’s Bharatiya Janata Party in the region.

Oder:

The thread that binds these crimes is the sense of invincibility that a majoritarian regime has granted its personnel and supporters. Manifestations of the newfound swagger include vandalising sprees after electoral victories, and the lynching of Muslims and Dalits (the lowest in the Hindu caste hierarchy). The general idea is to create a sense of terror and uncertainty, and in this the tacit support of the state pumps up the mobs – and they rampage with greater confidence. In swathes of rural north India, violating women to signal caste, religious and masculine supremacy is only an extension of such activity. The primeval divisions within Indian society have never been sharper. The BJP’s ruthless drive to consolidate patriarchal Hinduism has pressurised women about what they can wear, families about what they can eat, and young people about who they may marry. Parties in the opposition, envying the electoral success of the BJP, tend to speak out against this culture of sectarian hatred after first sniffing which way the wind is blowing, then gauging how strongly it is blowing.

Wir hatten über solche Dinge schon früher geschrieben:

Die Lehre der Hindutva über die Stellung der Frauen ist nicht gut trennbar von ihrer Stellung zum indischen Kastenwesen. Diese peculiar institution kann man beschreiben als eine Einrichtung, in der der Binnenrassismus der indischen Gesellschaft, ihre soziale Segmentierung und die geschlechtliche Ungleichheit zusammengeführt sind: eine Einrichtung, die vor einigen Jahrzehnten erledigt zu sein schien (der Staatsgründer war ein Kastenloser), und die sich eben seit den 1970ern wieder neu zusammensetzt.

Aus der alltäglichen Gewalt gegen Frauen ist schon jetzt abzulesen, wie sehr man sie fürchtet. Das Potential von Terror, das in dieser Ordnung lauert für den Fall, dass die Frauen sich ernstlich wehrten, würde wahrscheinlich das, was wir in Ägypten und Syrien sehen, noch übertreffen. Es ist jetzt schon absehbar, womöglich jetzt schon in Bewegung gesetzt. Aber der zweite Schlussstein dieser Ordnung, das ist die indische Nuklearwaffe.

Veröffentlicht unter Geschireben | Kommentare deaktiviert für Indien unter Modi

Weird Shit

Elässer-Linke gibt es ja anscheinend mittlerweile in jedem Segment der Linken, nicht nur solche, sondern auch solche.

In Zeiten, in denen Ex-Genossen, die es besser wissen müssten, mit Merkel, Schulz und Roth gegen Amerika und die AfD klüngeln, damit der gesamtdeutsche Laden sauber bleibt, hält es die Gruppe Kir Royal dann doch lieber mit dem ehemaligen Klassenfeind CSU. Sie kann Horst Seehofers kritischem Satz, dass zwar die hier lebenden Muslime zu Deutschland gehören, nicht aber der Islam – beides selbstverständlich im normativen Sinne –, nur zustimmen. Im Jahr 2018 findet sich kritisches Denken, und das allein spricht für sich und in erster Linie gegen die Merkel-Antideutschen unserer Zeit, weit eher in bayerischen Bierzelten als bei antideutschen Nachwuchspolitikern, Entebbe-Ausstellungen und DIG-Gruppensitzungen. Insofern: Prost!

Ob die Jüngelchen dieses Zeug, das sie heute fabrizieren, genauso ernst meinen wie damals, als sie noch in FDJ-Hemden herumgerannt sind, kann man natürlich unmöglich wissen. „Wir“ halten es da lieber mit dem „kritischen Satz“ des Idols der 2003er Antideutschen:

That was some weird shit.

Veröffentlicht unter Geschireben | Kommentare deaktiviert für Weird Shit

Fluchtursachen und Gezielte Vertreibungen

Fangen wir doch mit dem an, was linken und rechten Fans der PKK am unangenehmsten sein wird:

In the Hassakeh and Raqqa countryside, human rights organizations such as Amnesty International and Human Rights Watch have documented PYD attacks against more than 14 locations, such as al-Husseiniyah and Solouk, with the aim of expelling their non-Kurdish residents.

Das ist Teil eines Musters gezielter Vertreibungen, um die sunnitisch-arabische Bevölkerung aus strategischen Orten zu verdrängen und zu enteignen.

The regime has conducted broad displacement operations in many Syrian regions, especially in Homs and Damascus and its environs, using as pretexts either reconciliations and truces or starvation and militia violence. The regime and Iran, while pursuing different goals, have worked together to effect real demographic change, a process which has proceeded openly, reaching a climax at the end of last year.

Das neue Gesetz Nr. 10 soll die Rechtsgrundlage abgeben, den Landbesitz von Geflohenen zu konfiszieren:

Advanced by the government under the pretense of reconstructing the war-torn nation and improving the quality of housing, the law empowers the government to designate areas inside Syria for redevelopment. Per the law, when an area is designated, property owners within it will have 30 days to go to the local administrative unit and file a claim of ownership, in order to ultimately be compensated as they will be displaced from their properties because of the government’s plans. Assuming that property owners even have their ownership documents—a fact that cannot be taken for granted amid displacement, war, and reports of systematic land registry destruction—the law entirely ignores the reality that the war is still ongoing, that over five million Syrians are refugees living outside the country, and that over six million Syrians are internally displaced from their original homes inside Syria.

Oder man verbrennt gleich die Grundbücher:

Senior officials in neighbouring Lebanon have been monitoring what they believe has been a systematic torching of Land Registry offices in areas of Syria recaptured on behalf of the regime. A lack of records make it difficult for residents to prove home ownership. Offices are confirmed to have been burned in Zabadani, Darayya, Syria’s fourth city, Homs, and Qusayr on the Lebanese border, which was seized by Hezbollah in early 2013.

Darkoush said whole neighbourhoods had been cleansed of their original inhabitants in Homs, and that many residents had been denied permission to return to their homes, with officials citing lack of proof that they had indeed lived there.

“The first step in the plan has been achieved,” he said. “It involved expelling the inhabitants of these areas and burning up anything which connects them to their land and homes. The second step will be replacing the original inhabitants with newcomers from Iraq and Lebanon.”

Die Sieger des syrischen Krieges haben vor, ihre Gegner oder die, die sie dafür halten müssen, aus dem Land zu halten, und zwar genau unter dem Vorwand des Wiederaufbaus:

And yet, reconstructing Syria is essential to President Assad’s regime. This is not because it cares about restoring basic services like healthcare and housing to a decent level, or about the return of Syrian refugees. Figures like Syrian Major General Issam Zahreddin (since killed in battle) made it abundantly clear some time ago that returning refugees should not count on a warm welcome.

No. Rather, reconstruction is essential to the regime’s survival because it must reward the networks of businessmen, military, and militia leaders that helped it win the war.

Soviel einstweilen zu „Fluchtursachen“!

Veröffentlicht unter Geschireben | Ein Kommentar