Frankfur 24.11.: Die Woken und die Rechten

So, einmal ein bisschen Diskurs:

Die Woken und die Rechten: Zwei Fäuste für die Gegenaufklärung?

Freitag, den 24. November 2023 | 19:00-22:00 Uhr | SAALBAU Gutleut | Frankfurt am Main | Eintritt: 5€/3€

Für die einen ist es der Inbegriff des Kampfes gegen Intoleranz. Für die anderen ist es eine engstirnige Verirrung, die die politische Linke, ja die Gesellschaft insgesamt spalte. Das sind die Pole, die in der Debatte über linke Identitätspolitik aufeinandertreffen. Dabei dürfte sich die Frage eigentlich so nicht mehr stellen. Zu offensichtlich ist, dass dieser Ansatz – neuerdings auch als Wokismus verhandelt – versagt. Als dominante Denkform im eher linken Spektrum, die zunächst in linken Nischen keimte und dann alle Mitte-Links-Parteien beeinflusste, trägt jene Identitätspolitik eine Mitverantwortung für die aktuelle Situation: Wäre sie eine effektive Sache gegen Rechtsextremismus, gäbe es den Rechtsruck nicht.

Die Frage ist daher vielmehr: Handelt es sich bei den Woken bloß um Akteure, die den Kräften von Rechtsaußen ungewollt in die Hände spielen, um »nützliche Idioten«, wie manche sagen? Oder stehen sie gar für eine Denkform, die regressive Momente mit dem Rechtsextremismus teilt – zum Leid der aufgeklärten, dialogfähigen Teile der Gesellschaft? Diesen Fragen geht der Club Volantaire nach, in dem zahlreiche Diskutanten zu klären versuchen, wie sich das Zusammenspiel zwischen den Woken und den Rechten genau gestaltet.

Mit Till Randolf Amelung, Jörg Finkenberger, Chantalle El Helou, Eszter Kováts, Sinan Kurtulus, Holger Marcks, Sebastian Schnelle; Moderation: Malte Clausen & Judith Faessler.

Mehr dazu beim Club Volantaire. Kommt alle, es wird sehr gut!

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Krise der antideutschen Linken

1. Eine antideutsche Linke besteht zur Zeit nicht. Ihr Kerngeschäft, die Israelsolidarität, ist vom Staatsvorfeld übernommen worden (und sei es, dass man sich selbst in der DIG organisiert hat, einer ausgesprochen patriotischen Vereinigung). Das hat eine Reihe von Gründen, einen besonderen aber in den letzten 10 Jahren.

2. Solidarität auf einer politischen Ebene, wenn sie nicht völlig mechanisch und reflexartig ist, setzt voraus, dass der Gegenstand der Solidarität weiss, was er will. Seit dem Ghaza-Krieg von 2014 kann man daran zweifeln. Netanyahu hat niemandem eine Antwort gegeben, wohin es gehen soll. Er will keine Zwei-Staaten-Lösung, ohne dass er stattdessen etwa eine Ein-Staaten-Lösung wollte (wie z.B. Präsident Reuben Rivlin); seine Politik lief darauf hinaus, beide unmöglich zu machen. Wie das seiner Meinung nach ausgehen sollte, hat er bisher nicht gesagt. Zehn Jahre lang wechselt sich jetzt das gleiche Spiel ab: periodische Kriege, gefolgt von indirekter, aber wirksamer Unterstützung der Hamas. Nach 2014 liess er zu, dass qatarisches Geld nach Ghaza kam; ohne das qatarische Geld hätte Hamas niemals fiskalisch von Ramallah selbständig werden können. Nur durch Qatar war es möglich, dass Hamas eine Regierungh in Ghaza auf Dauer halten konnte, statt sich der Regierung in Ramallah zu unterstellen. Das aber war eingestanderweise der Zweck der Übung.

3. An diesem seltsamen Spiel verzweifelt die Logik der Parteilichkeit. Sie ist gewohnt, als Verschwörungstheorie abzutun, was ihr jetzt mit Belegen aus der israelischen Presse entgegengehalten wird. Allenfalls flüchtet man sich zur Einsicht, dass Politik nun mal kompliziert sei und sowieso ein schmutziges Geschäft; man erspart sich dadurch die Frage, wie es zu dieser Lage überhaupt kommen konnte.

Die Sache reicht ein Stück tiefer als bloss zehn Jahre. Hätte man, aus Treue zu den Oslo-Verträgen, 2006 nach dem Putsch Hamas vertreiben müssen? Aber dann wäre Fatah auf israelischen Panzern nach Ghaza gekommen; plus die Putschisten 2006 waren gar nicht Hamas, sondern Fatah. Hamas hatte die Wahlen gewonnen, vor allem deswegen, weil Fatah unfähig war, zu halten, was sie versprochen hatten. Das lag nicht bloss an den äusseren Umständen, sondern an ihren eigenen diktatorischen Tendenzen, ihrer Korruption und dem Wahnsinn der sogenannten zweiten Initfada.

Die palästinensische Autonomiebehörde ist von Anfang an ein disfunktionales Elend gewesen, sie konnte nichts anderes sein. Eine kleine Parteidiktatur schon vor der Unabhängigkeit. Oslo ist nicht erst unter Netanyahu zugrunde gerichtet worden. Oslo hat nie funktionieren können, denn es hat das Schicksal der Palästinenser in die Hände derjenigen palästinensischen Organisationen gelegt, die an einer palästinensischen Demokratie kein Interesse haben können. Der einzige Standpunkt, von dem Oslo aussehen konnte wie eine gute Idee, war der der Weltordnung der letzten 30 Jahre, die jetzt zu Grunde geht.

4. Israel-Solidarität, die von alle dem absieht, ist keine, sondern hat als Gegenstand nur  die eigene politische Identität, und das ist die mit dem Souverän und der politischen Ordnung. (Ralf Fischer hat zu Recht einige der pro-israelischen Demos „Schaulaufen für Deutschland“ genannt. Wir wollen gern sehen, wie weit diese berechtigte Kritik bereit ist zu gehen.) Und alle die Mächte, das teure Vaterland vornedran, sind mitursächlich für die jetzige Entwicklung.

Man hat zugegeben lustlos und mit tiefen Zweifeln zehn Jahre lang Netanyahus Politik unterstützt. Diese Politik trug den jetzigen Krieg in sich. Und wie auch immer er ausgeht, wird diese Politik nicht weitergetrieben werden können. Die Dinge in Israel werden sich zwangsläufig völlig neu sortieren. Man kann jetzt natürlich versuchen, pro-israelischer zu sein als die Israelis, aber im Inneren ist man genauso ratlos. Man kann lauthals alles im Vorhinein gutheissen, wozu sich Israel gezwungen sehen wird, aber man wird das dumpfe Gefühl nicht loswerden, dass es eine katastrophale Falle gewesen ist. Es ist nie eine gute Idee, das eigne Erschrecken über solche Dinge zum Schweigen zu bringen.

5. Man soll nicht glaube, dass die palästina-soldarische Linke nicht ein einer ganz ähnlichen Klemme steckt. Der einzige Weg voran wäre, seit langem, eine palästensische Bewegung für Gleichheit und Staatsbürgerrechte gewesen. Ein solcher Ansatz nähme Bewegungen wie die Hamas aus dem Spiel, ja stempelte sie direkt zu Feinden der palästinensischen Sache und brächte sie aus der Lage, als Sprecher für die Palästinenser in Betracht zu kommen. Es wäre auch der einzige Ansatz, der die Sache den verdorbenen Greisen in Ramallah aus der Hand nähme; und der Bevölkerung und nicht den Organisationen die Macht gäbe, den Weg zu entscheiden. Der einzige, der mit dem Erbe der ersten Intifada sich verträgt. Er setzt aber (auch auf Seiten der Palästina-Solidarität) einen Bruch mit einem bedeutenden Teil der palästinensischen Geschichte voraus; nämlich mit dem Bogen, der von Mufti Husseini zu Hamas führt. Das wird nicht einfach sein, vielleicht ist es unmöglich.

6. Heute geht nicht nur eine Ära zu Ende, die vor zehn oder zwanzig Jahren angefangen hat, sondern vor 50. Die 1968er Linke ist am Ende, und wenn nicht eine völlig neue entsteht, wird es keine mehr geben. „Vom Standpunkt der Veränderung her zu denken, hiesse: das Versteinerte unter dem Aspekt betrachten, dass es wieder flüssig werden kann. Von diesem Standpunkt aus scheisst der Hund, wenn Sie unsren Fachjargon verzeihen wollen, auf alle politischen Identitäten und Positionen“ (Neue Feindschaft).

7. Die bevorstehenden Spaltungen werden alle Fragmente der Linken betreffen. Die einen werden die Staatslinke loswerden müssen (nehmen wir als Beispiel Leute wie Robert Andreasch, diesen liberalen Schnüffler im Dienste des Staatszwecks, der sich nicht zu schade ist, zum spionieren um Kundgebungen der Frauenbewegung herumzuschleichen), die Israel-Solidaität als liberale Wehrertüchtigung, als Dienst am Vaterland betreiben. Die anderen werden sich gegen die „dekolonialistische“ Pseudolinke zur Wehr zu setzen haben, die Irren mit den Gleitschirm-Aufklebern, die Propagandisten des Pogroms. Es geht für die eine wie die andere Richtung um ihre Existenz.

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Anschauliches zur SPD aus Wuppertal

Das autonome Zentrum Gathe in Wuppertal führt seit etwa einem Jahr (vielleicht schon etwas länger) eine Auseinandersetzung mit dem Stadtrat, in dem gerade die SPD die Mehrheit stellt. In aller Kürze gesagt: die DITIB-Gemeinde würde sich gerne an der Gathe niederlassen und es geht dabei, soweit ich verstehe, nicht ein mal um das AZ-Haus selbst, sondern um ein benachbartes Grundstück und die DITIB möchte sich ihre Nachbarn selbst aussuchen, das AZ müsste dann „leider“ weg. Der Kampf gestaltet sich fürs AZ Gathe, wenn man sich aus der Ferne ein Urteil anmaßt, zwar nicht aussichtslos, aber sehr schwierig.

Mit der Denunziationskampagne gegen den ehemaligen Nachtbürgermeister Thomas haben Teile der Wuppertaler Politik (allen voran die SPD) und Medien, wie die WZ, die Grenzen des so viel beschworenen „demokratischen Diskurses“ längst verlassen.
Thomas verlor seine Stelle als Nachtbürgermeister, weil er sich offen für das autonome Zentrum aussprach und seinen Unmut gegen die Entscheidung des Stadtrates zu dem DITIB Projekt zum Ausdruck brachte.

Wuppertaler Medien veröffentlichten sofort nachdem Vorwürfe gegen seine Person im Raum standen Fotos und vollen Namen, wohl wissend ihn damit zum Ziel extrem rechter Agitatoren und Gewalttäter zu machen.
Schon jetzt finden sich die veröffentlichten Bilder auf extrem rechten Internetseiten.
In verleumderischer Weise wird Thomas von der WZ in einer Reihe mit Sachbeschädigungen genannt, für die nie Täter*innen ermittelt werden konnten. Es wird vermutet Autonome waren verantwortlich, diese werden im AZ verortet, ergo sind alle, die sich gegen dessen Verdrängung aussprechen, mitschuldig. Ist das die Sachebene auf die Sie die „Vertreter der Autonomen“ einladen wollen, Herr Schneidewind? Überhaupt scheint die Wuppertaler Politik davon auszugehen, dass alle Autonome auch Besucher*innen oder Aktive des AZ sind.
Sind also alle Besucher*innen des Zentrums auch Autonome? Wenn dem so ist, zieht sich dieser sog. „Dunstkreis“ bis tief in die Wuppertaler SPD.
Grüße gehen an dieser Stelle raus an Soufian Goudi. Die Faust zum Gruß, Genosse! (…)

Die SPD dreht in unverantwortlicher Weise an der Eskalationsschraube, ohne zu wissen ob sie diese wieder zurückdrehen kann.
Dabei wäre das zum jetzigen Zeitpunkt noch einfach.
Deeskalation würde bedeuten das AZ an seinem jetzigen Standort zu belassen. Moscheebau hin oder her.
Oder zumindest einen Vorschlag für einen Alternativstandort zu machen.
Stattdessen reagiert die Wuppertaler Politik mit Verschweigen von Tatsachen und Desinformation auf die vorgebrachte Kritik.
Teile von Politik und Medien blasen offen zum Angriff auf das AZ, starten Denunziations- und Hetzkampagnen.
Für eine Eskalation des Konfliktes tragen sie die Verantwortung!

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Dokumentiert: Roni Ben Efrat, Revolution and Tragedy. The Two Intifads Compared (2002)

Folgender Artikel stammt aus dem israelisch-palästinensischen Magazin „Challenge“, #74 July-August 2002. Er ist im Netz heute nicht mehr zu finden, nur noch auf archive.org. Eine gekürzte Fassung erschien im gleichen Jahr in der Jungle World. Wir dokumentieren ihn hier, um die Erinnerung wachzuhalten, dass einmal anders als heute über alle diese Dinge gesprochen worden ist.

Revolution and Tragedy: The Two Intifadas Compared
Roni Ben Efrat

Often in these pages we have called for an alternative Palestinian leadership – not, to be sure, of the tractable kind that the US and Israel would like, but a leadership that would stand for the rights of the Palestinian people. A look back at the first Intifada provides a concrete example of how such a leadership once emerged.

The following article is based on a lecture delivered at a seminar of the ODA, held in Galilee from June 13 – 15, 2002. The seminar undertook a Marxist analysis of contemporary topics.

In re-examining the first Intifada, we are not indulging in nostalgia. It is necessary to do so in order to understand how badly botched the second has been. We can also draw useful conclusions about future political steps. The first Intifada was not free of mistakes and problems, but at its root it expressed a sound revolutionary approach. Although not ripe enough to fulfill its potential, it did not exhaust the strength of the Palestinians, as the second has done, or leave them without a sense of direction.

Only fifteen years have passed since the onset of the first Intifada, yet its lessons have largely been washed away by the murky waters of the subsequent Oslo agreement. I shall now attempt to reclaim them.

Members of the present ODA (Organization for Democratic Action) had the privilege of taking part in the revolutionary wave that swept the Occupied Territories. In the months preceding the first Intifada, our journalists were constant visitors in the refugee camps of Gaza and the West Bank. We talked with union activists, students, women’s groups and prisoners‘ families. We followed the birth of the uprising, and once it began, we gave voice to its leaders.

We covered the events in our newspapers, Derech Hanitzotz (in Hebrew) and Tarik a-Sharara (in Arabic). Anyone who read them would not have been taken by surprise. The Israeli establishment did read them, indeed, but after the fact, closing them down and sentencing four of our major Jewish activists to prison for membership in the DFLP (The Democratic Front for the Liberation of Palestine). We did have a close connection, indeed, to leaders of the Intifada. Such an ideological bond, crossing ethnic lines, is hard to imagine today.
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Würzburg 22.10. Ralf Ruckus, Die Linke in China

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28.10. Nürnberg: Luxemburg

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Gedanken über die 2010er Linke

Nehmen wir diesen Artikel als das, was er wohl ist: den Grabstein der 2010er Linken. Damit meine ich grösstenteils diejenigen „Strukturen“, die in diesem Jahrzehnt aufgebaut worden sind; im weiteren Sinne die meisten, die nach dem Tiefpunkt um 2000 entstanden sind. Darüber hinaus aber noch einen ganz bestimmten Stil von Politik, der diesen ausgeprägten Simulations-Charakter hat; diese Nähe zur schützenden und ernährenden öffentlichen Hand; die Oberflächlichkeit der Analyse, der alles durchziehende Opportunismus ihrer Strategie.

Die 2010er Linke ist aber mehr als das gewesen. Es ist in dem Milieu der Bewegungslinken einmal viel Arbeit getan worden, und es ist auch viel erreicht worden. Das Erreichte ist nur wieder verspielt worden. Alles, was getan wurde, musste an den „Bewegungs“strukturen vorbei getan werden, die meistens im Weg standen, Leute abzogen, sie mit Unsinn beschäftigten, frustrierten und schliesslich vergraulten.

Schon ab 2018 etwa ist alles Stück für Stück kaputtgegangen; man versucht es heute der Corona-Zeit in die Schuhe zu schieben, aber es war schon vorher spürbar. Nur die „Strukturen“ sind übriggeblieben und füllen die Lüfte mit ihrem nutzlosen Lärm.

Es muss einen Punkt gegeben haben, wo die Leute, die es ernst meinten, sich zurückgezogen haben, und die Mode-Leute kamen. Die Sorte, die zu gar nichts einen wirklichen Bezug haben, aber unbedingt auf der „richtigen“ Seite stehen wollen. Weil sie da eigentlich nicht hingehören, mussten sie Leute wegbeissen. Zu Hilfe kamen ihnen ihre Modethemen und ihre Menge. Sie tun auch keine Arbeit, und wenn, dann nicht gut.

Die Sorte Leute, die vor 5 oder 10 Jahren kam, kommt heute gar nicht erst mehr. Was kommt, sind staatsfromme Leute; Gefolgsleute der Regierungsparteien, auch wenn sie sich als Opposition missverstehen; sie halten sich für radikaler, weil sie für deren Ziele mehr Zwang aufzubieten bereit sind.

Diese Leute hat man sich auf den Hals gesetzt, weil man in den 10ern vor allem defensiv, „gegen Rechts“ und mit grossen Bündnissen gearbeitet hat. Man hat nicht von Veränderun gesprochen, sondern vom status quo. Diese „Verbündeten“ sind es jetzt, die einen erdrosseln.

Unter denen, die sich zurückgezogen haben, hat es bisher keine Verständigung oder gemeinsame Reflexion gegeben. Wahrscheinlich sind ihre Gründe sehr verschieden. Man kann es vorerst nicht wissen: ausser in einzelnen Gesprächen erfährt man es nicht, es ist aus der Öffentlichkeit vorerst verdrängt.

Auch die selbstgewählte Isolation ist eine Strategie, um der Lüge nicht huldigen zu müssen; sie ist so gewählt, dass sie hartnäckig ist und schwer aufzubrechen, von Freund wie Feind. Alles, was künftig geschieht, wird damit rechnen müssen; man wird Tunnel graben müssen unter die Mauern, ehe man wieder zueinander kommt.

Die Szene, und sie war nie besonders gut, ist nach den letzten 5 Jahren nicht mehr wiederzuerkennen. Mitten in der grössten Betriebsamkeit jetzt die vollständige Implosion. Künftige Historiker werden sich schwertun, das zu begreifen. Die dabei waren, wissen es sehr gut.

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News unterm Radar V

Spannung an der syrischen Front, die russischen Rackets stehen kurz davor, aufeinander loszugehen. Es geht darum, die pseudo-PMC „Wagner“ einzuhegen und unter das direkte Kommando des sog. Verteidigungsministerium zu überstellen.

On the night of September 12, a conflict between the Russian army and militants of the Wagner PMC broke out in Syria. The situation was on the verge of hostilities. Such information was shared by the Russian Z-blogger, who is in the Middle East, reports dialog.ua.

The process of liquidating „Wagner“, apparently, is difficult. The Russian Defence Ministry is trying to subdue the rebel group, to which the militants are apparently resisting. The situation is quite tense.

The Z-blogger assures that at night the redeployment of his group of fighters to Palmyra was disrupted because of an acute conflict between the PMC and the Russian Ministry of Defence.

https://charter97.org/en/news/2023/9/13/563527/

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Viele Schneeflöckchen bilden eine Lawine

Ein interessanter Artikel der feministischen Bloggerin Jill Filipovic, die es für sich beansprucht, vor etwa 15 Jahren „trigger warnings“ in den Umlauf gebracht zu haben. Sie reflektiert darüber, wie es gemeint war und was es schließlich gebracht hat. Results may vary, wie man sagt. Das mag vielleicht einiges zum Verständnis der Aktivistengeneration beitragen, die sich zwar zur Aufgabe gemacht hat, weltweit gegen alles Böse und für alles Gute einzutreten, den Widerspruch aber weder ertragen will noch kann. Es würde allerdings nichts nützen, die Leute in der alt-right Manier als „Schneeflöckchen“ zu dissen, als wäre man selbst ohne ähnliche Macken. Wer aber so gerne von „empowerment“ redet, muss es selbst erst wirklich lernen.

In 2008, when I was a writer for the blog Feministe, commenters began requesting warnings at the top of posts discussing distressing topics, most commonly sexual assault. Violence is, unfortunately and inevitably, central to feminist writing. (…)

We thought we were making the world just a little bit better. It didn’t occur to me until much later that we might have been part of the problem. (…)

Around 2016, Richard Friedman, who ran the student mental-health program at Cornell for 22 years, started seeing the number of people seeking help each year increase by 10 or 15 percent. “Not just that,” he told me, “but the way young people were talking about upsetting events changed.” He described “this sense of being harmed by things that were unfamiliar and uncomfortable. The language that was being used seemed inflated relative to the actual harm that could be done. I mean, I was surprised—people were very upset about things that we would never have thought would be dangerous.” (…)

To a certain degree, Friedman said, this represented a positive change. Mental illness was becoming less stigmatized than ever before, and seeking care was more common. But Friedman worried that students also saw themselves as fragile, and seemed to believe that coming into contact with offensive or challenging information was psychologically detrimental. (…)

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Wieder mal etwas anderes

Wie uns mitgeteilt worden ist, versuchen sich einige subversive Leute an einem Telegram-Kanal. Es wird sich zeigen müssen, mit welchem Erfolg. Aber nach den bisherigen Äusserungen liegen sie mit der von uns vorgetragenen Kritik meistens auf einer vergleichbaren Linie.

Wir kennen die Gegenwart, in der wir leben, nur als eine andauernde und alles durchdringende Shitshow. Und wir wissen als Tatsache, dass es allen anderen nicht anders geht. Die Shitshow kann aber nur deshalb weitergehen, weil praktisch alle sich mit grosser Energie und Hingabe daran beteiligen. Und sie macht keine Anstalten, aufzuhören.

Warum das so ist, ist allen ein Rätsel. Einige bringt es um den Verstand. Wir haben nicht vor, uns um den Verstand bringen lassen, und wir greifen zur einzigen Gegenwehr, zu der wir momentan unbedingt die Mittel haben. Wir haben dieser Gesellschaft nie ein Wort geglaubt, auch lange, bevor es cool war.

Uns treibt ein anderes Rätsel um seit 15 Jahren, nämlich: wie schafft es dieses System, nach einer Krise wie der von 2008, nahezu unverändert weiterzuexistieren? Alles spricht für eine vollkommene Veränderung, aber alles bleibt beim alten, während ein ungeheurer Lärm stattfindet.

Wir behaupten nichts anderes, als das beide Rätsel sich gegenseitig auflösen. Die nicht enden wollende Shitshow, das ist die Krise dieser Gesellschaft, und sie wird erst aufhören, wenn eine gründliche Veränderung eintritt; alle die Kräfte, die eine Veränderung wollen, werden sich darin zu bewähren haben, dass sie dieser Shitshow entgegentreten.

Wir können an dieser Stelle, weil wir jede weitere Stimme der Opposition nur gutheissen können, nur zur Teilnahme aufrufen: t.me/neue_feindschaft

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Sozial ansteckend

Buchbesprechung: Chuang, „Social Contagion and other materail on microbiological class was in China“, 2021

Dezember 2019 brach in der chinesischen Stadt Wuhan unter immer noch nicht ganz geklärten Umständen eine hochansteckende Krankheit aus, die zunächst die Stadt, dann das ganze Land in einen Belagerungszustand und anschließend trotz Bemühungen der chinesischen Führung, das Problem unter den Teppich zu kehren, das Leben der gesamten Menschheit auf den Kopf stellte und den Schätzungen der WHO zufolge 7 bis 20 Mio. Menschen das Leben kostete. Was seitdem als die Covid-19-Pandemie bezeichnet wird, demonstrierte eindeutig, dass eine in Klassen und Staaten zerrissene Menschheit solchen globalen Herausforderungen nicht vernünftig begegnen kann. Die Linke weltweit nutze die Gelegenheit, auf die Sache nur immerzu das zu projizieren, was der jeweiligen Fraktion schon immer auf dem Herzen lag. Von daher ist es vielleicht nicht verkehrt, sich das Buch vom unabhängigen kommunistischen Kollektiv Chuang anzuschauen, falls es jemand noch nicht kennt (das Buch ist immerhin von 2021).

„Social contagion“ präsentiert nicht nur eine genuin chinesische Perspektive auf die Covid-19-Pandemie, die zudem direkt aus Wuhan stammt und sich vornehmlich mit Überlebensstrategien der Wuhaner Arbeiterschaft während des Lockdowns beschäftigt, es wird zudem noch angekündigt als als ein Versuch, die wahrscheinliche Entwicklungsbahn des globalen Kapitalismus zu bestimmen. Während es unter den linksdeutschen Publizisten immer wieder ein paar „tankies“ gibt, die glauben, dass der chinesische Staat ausgerechnet mit seiner Pandemiebekämpfung der ganzen Welt die Überlegenheit des sozialistisches Systems demonstriert hätte, für die unabhängige chinesische Linke scheint es überhaupt nicht in Frage zu stehen, dass China eine der führenden kapitalistischen Weltmächte ist und sein Weg, wenn ein sehr spezifischer, trotzdem ein profitorientierter und arbeiterInnenfeindlicher ist. Dass es ausgerechnet das Zusammenspiel des deregulierten Wirtschaftens und des autoritären Regierens für den Ausbruch der Covid-Pandemie in China verantwortlich ist, steht für das Chuang-Kollektiv ebenfalls außer Frage. Mit den Illusionen aufzuräumen, dass China das planmäßig agierende ultimative kapitalistische Böse schlechthin und für andere gleichzeitig der utopische Weggefährte auf dem Weg zum Weltsozialismus sei, ist das erklärte Ziel des Kollektivs (S. 2).

Zunächst stellen Chuang fest, dass die Geschichte des Kapitalismus, die von ihrem Anfang an global war, immer von rapider Industrialisierung und Urbanisierung, mit radikalen Änderungen in der Landwirtschaft und Ernährung und Verdichtung der Transportwege begleitet war. Der Zoonose, der Übertragung der ansteckenden Krankheiten von Tier zu Mensch bereitet natürlich der mittlerweile ins Mikrobiologische, ins Chemisch-Molekulare reichende Stoffwechsel der menschlichen Gattung mit der Natur und die weltumspannenden Waren- und Arbeitskraftströme den besten Nährboden. Die Pandemie setzt die Menschen miteinander in ein soziales Verhältnis so, wie das Kapital bzw. die Ware das tut. Und es gibt eben Gründe dafür, warum ausgerechnet die chinesische Gesellschaft in ihrem raschen Wandel während der letzten Jahrzehnte ein paar davon produziert hatte. Weiterlesen

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Feministischer Selbstschutz

[Aus dem Heft #19]

Als Feministin kämpfst du immer an vielen Fronten: Gegen das Patriarchat, gegen staatliche Gewalt, gegen die Gewalt von Männern, gegen Sexismus und gegen Konventionen, Regeln und deine eigene Sozialisation. Als linke Feministin kämpfst du dann noch gegen Nazis und Männer an deiner Seite, die sich für moralisch integer und klüger halten, es aber oft nicht sind. Als Feministin wirst du aber auch bekämpft, immer von Männern, die dir deine Emanzipation vorwerfen oder sich angegriffen fühlen und sich auf den weitverbreiteten Sexismus und Antifeminismus zu ihrer Unterstützung verlassen können. Und neuerdings auch von Frauen, die dir vorwerfen cis zu sein und da du angeblich etwas gegen sie hast. Nun denn, eine Feministin zu sein, ist ein hartes Brot und sehr unsexy. Da ich aber eine linke Feministin und auch noch Antifaschistin bin, habe ich auch schon viel über Selbstschutz gelernt und verinnerlicht und das Erlernte hat mir dabei immer geholfen, mich weder einschüchtern zu lassen, noch Angst zu haben zu müssen oder mich aus Strukturen zurückzuziehen. Darum gebe ich hier einen kleinen Einblick in meinen Methodenkatalog:

1. Pseudonymität schützt

Ich benutze immer wieder unterschiedliche Pseudonyme und ich meide Medien, in denen ich das nicht kann. Mit Pseudonymität erschwere ich Adressierbarkeit. Eine Redaktion ist gezwungen, den Hass auf mich abzufangen. Eine Redaktion ist Hemmschwelle und Torwächter zugleich. Da ich viele Texte schreibe, die der Mehrheitsgesellschaft gegen den Strich gehen, ist der Mangel an Adressierbarkeit ein Vorteil. Über falsche Namen erschwere ich neben der Zuordnung eines Namens, auch die einer Anschrift und die eines Gesichts.
Um mich und meine Texte zu schützen, veröffentliche ich nur auf entweder anonymen Medien, d.h. ohne Impressum, denen ich vertraue und die für Abmahnungen nicht erreichbar sind oder solchen, denen ich aus anderen Gründen vertraue. Wenn ich mich aktiv an einer Plattform beteilige, dann ohnehin nur einer, die mit Pseudonymen umgehen kann, die Autorin schützt, wie auch im Umgang mit unterschiedlichen Meinungen und Kritik versiert ist. Abmahnungen gehören heute leider zum Alltag im publizistischen Betrieb und ganz gleich wie berechtigt sie sind, es hängt immer eine Kostenforderung dran. Eine Abmahnung ignorieren zu können, ist ein Privileg. Gönnt euch das, in dem ihr sichere Server nutzt, die eure Zustellanschriften schützen oder bestenfalls selbst nicht kennen.

2. Unterstützung organisieren

Neulich ist eine befreundete Feministin bei einem Besuch einer Veranstaltung in eine Rangelei geraten. Ihr war es am unangenehmsten, in dieser bedrohlichen Situation auf den Schutz durch Männer angewiesen zu sein. Männer, mit dicken Armen und breiten Kreuzen, um Hilfe zu bitten, ist mir nicht unangenehm. Wenn ich Angst habe, rufe ich ohne die geringste Scheu Unterstützung und sie wird kommen. Das ist im Antifaschismus auch nichts Neues, die Bedrohung durch rechte Gewalt ist allgegenwärtig und wird durchaus bei der Organisation von Strukturen mitgedacht. Bei Veranstaltungen denke ich auch immer das Sicherheitskonzept mit. Aber auch zu Hause. Ein Feuerlöscher hinter der Tür, Reizgas im Schuhschrank, eine mehrfach gesicherte Tür, gesicherte Fenster, die Möglichkeit Hilfe zu rufen, eine Hausgemeinschaft, die nicht erst kommt, wenn es aus der Tür stinkt etc. In meinem Fall greife ich für den Selbstschutz auf antifaschistische Strukturen zurück, kann mich aber auch auf feministische Strukturen verlassen. Da gibt es ohnehin viele personelle Überschneidungen. Aber ich würde auch jeder feministischen Struktur raten, einen Notfallplan, eine Telefonkette und ein Konzept zum Selbstschutz der Involvierten parat zu halten. Die wichtigste Bedeutung einer Struktur ist neben einem gemeinsamen Ziel die Solidarität untereinander und einander verbindlich vertrauen können. Ich empfinde es mittlerweile als Ausdruck meiner fortschreitenden Emanzipation, die Hilfe von Männern in Anspruch zu nehmen, ja sogar darum zu bitten, denn damit leisten sie etwas sehr Gutes: Sie supporten mich, eine linke Feministin. Und sie geben mit dir Möglichkeit, mich geschützt zu äußern, in einer Welt, die genau das nicht will. Das ist eine sehr edle Aufgabe, die einem linken Mann da zukommt. Und oft ohne, dass er es weiß, bekämpft er damit auch die linken Macker, die das genau nicht wollen sondern selber glänzen, mit dem was sie Feminismus nennen. Weiterlesen

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