Gedanken über die 2010er Linke

Nehmen wir diesen Artikel als das, was er wohl ist: den Grabstein der 2010er Linken. Damit meine ich grösstenteils diejenigen „Strukturen“, die in diesem Jahrzehnt aufgebaut worden sind; im weiteren Sinne die meisten, die nach dem Tiefpunkt um 2000 entstanden sind. Darüber hinaus aber noch einen ganz bestimmten Stil von Politik, der diesen ausgeprägten Simulations-Charakter hat; diese Nähe zur schützenden und ernährenden öffentlichen Hand; die Oberflächlichkeit der Analyse, der alles durchziehende Opportunismus ihrer Strategie.

Die 2010er Linke ist aber mehr als das gewesen. Es ist in dem Milieu der Bewegungslinken einmal viel Arbeit getan worden, und es ist auch viel erreicht worden. Das Erreichte ist nur wieder verspielt worden. Alles, was getan wurde, musste an den „Bewegungs“strukturen vorbei getan werden, die meistens im Weg standen, Leute abzogen, sie mit Unsinn beschäftigten, frustrierten und schliesslich vergraulten.

Schon ab 2018 etwa ist alles Stück für Stück kaputtgegangen; man versucht es heute der Corona-Zeit in die Schuhe zu schieben, aber es war schon vorher spürbar. Nur die „Strukturen“ sind übriggeblieben und füllen die Lüfte mit ihrem nutzlosen Lärm.

Es muss einen Punkt gegeben haben, wo die Leute, die es ernst meinten, sich zurückgezogen haben, und die Mode-Leute kamen. Die Sorte, die zu gar nichts einen wirklichen Bezug haben, aber unbedingt auf der „richtigen“ Seite stehen wollen. Weil sie da eigentlich nicht hingehören, mussten sie Leute wegbeissen. Zu Hilfe kamen ihnen ihre Modethemen und ihre Menge. Sie tun auch keine Arbeit, und wenn, dann nicht gut.

Die Sorte Leute, die vor 5 oder 10 Jahren kam, kommt heute gar nicht erst mehr. Was kommt, sind staatsfromme Leute; Gefolgsleute der Regierungsparteien, auch wenn sie sich als Opposition missverstehen; sie halten sich für radikaler, weil sie für deren Ziele mehr Zwang aufzubieten bereit sind.

Diese Leute hat man sich auf den Hals gesetzt, weil man in den 10ern vor allem defensiv, „gegen Rechts“ und mit grossen Bündnissen gearbeitet hat. Man hat nicht von Veränderun gesprochen, sondern vom status quo. Diese „Verbündeten“ sind es jetzt, die einen erdrosseln.

Unter denen, die sich zurückgezogen haben, hat es bisher keine Verständigung oder gemeinsame Reflexion gegeben. Wahrscheinlich sind ihre Gründe sehr verschieden. Man kann es vorerst nicht wissen: ausser in einzelnen Gesprächen erfährt man es nicht, es ist aus der Öffentlichkeit vorerst verdrängt.

Auch die selbstgewählte Isolation ist eine Strategie, um der Lüge nicht huldigen zu müssen; sie ist so gewählt, dass sie hartnäckig ist und schwer aufzubrechen, von Freund wie Feind. Alles, was künftig geschieht, wird damit rechnen müssen; man wird Tunnel graben müssen unter die Mauern, ehe man wieder zueinander kommt.

Die Szene, und sie war nie besonders gut, ist nach den letzten 5 Jahren nicht mehr wiederzuerkennen. Mitten in der grössten Betriebsamkeit jetzt die vollständige Implosion. Künftige Historiker werden sich schwertun, das zu begreifen. Die dabei waren, wissen es sehr gut.

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