Die nächste Krise XVI

Die chinesische Krise bei den Grundstückspreisen ist noch lange nicht vorbei:

Shanghai-based Zhenro Properties Group Ltd on Tuesday warned of a huge loss for fiscal 2022, hurt by a steep decline in demand for new homes amid a crisis in the country’s real estate sector.

Cash-strapped Zhenro is expected to post an attributable loss of between 12.5 billion yuan (US$1.82 billion) and 13.5 billion yuan for the year ended Dec 31, compared with a profit of 809 million yuan recorded a year earlier.

Zhenro is one of several Chinese developers that has missed offshore bond payments and struggled to repay debt in the past year amid slowing sales, with some now scrambling to enter into restructuring agreements with their creditors.

Die NY Times macht sich derweil Gedanken, wie man die amerikanische Bankenkrise noch vermeiden könnte bzw. hätte vermeiden können. Bis vorgestern hat niemand von so etwas geredet.

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Die nächste Krise XV

Langsam zeigen sich die Umrisse der nächsten Stufe der Krise in China. Die Krise der Bodenpreise setzt sich fort als Krise der kommunalen Finanzen. Der Staat hatte der Krise der Bodenpreise abgeholfen durch kreditfinanzierte Investitionen der kommunalen Bodenentwicklungsgesellschaften (LGVs). Aber

„The LGFVs have become the black hole of the Chinese financial system. They have been used to fill the gap between local government revenue and expenditure,“ said Andrew Collier managing director at Orient Capital Research.

„They have little or no profit, and cannot pay back their debt owed,“ he said. „I expect many LGFVs to collapse, or to be quietly recapitalized by banks, putting some rural banks and some bondholders at risk of defaults.“

A deterioration in capital-market access can increase refinancing risk and deepen the liquidity crunch for the LGFV sector, Fitch Ratings said in a report last month, adding units in less economically developed regions are more at risk.

The worsening outlook for LGFVs has also made some shadow banks — lenders for sectors that are unable to tap bank funding directly — worried about their exposure to such units and averse to fresh lending.

Die Krise der kommunalen Finanzen wiederum setzt sich fort als Krise des regionalen Bankensystems:

The extension of credit for a local government-owned contractor in China’s southern Guizhou province that failed to pay some of its debt last year has led to concerns that the country’s smaller banks will become caught up in local governments’ debt crises and face increasing pressure to carry bad loans.

Banks might bear the brunt because local governments will want to avert payment defaults on publicly traded bonds.

Such small banks, especially in less developed regions like Guizhou province, Yunnan province and Inner Mongolia, are already “at the edge of failure”, analysts said. This is partly because of a serious funding shortage amid competition for deposits with larger banks, and large delinquencies at local borrowers due to China’s economic slowdown in recent years.

“So, problems at LGFVs might be the last straw for some small banks,” said Kaichung Lee, associate director of financial institutions ratings at CSPI Ratings.

Ein Crash der lokalen Banken kann leicht eine grössere Bankenkrise nach sich ziehen. Noch interessanter werden die Reaktionen des Systems darauf. Wird man Kapitalflucht administrativ verhindern, was die Entkopllung der Weltmärkte beschleunigen würde? Wird man ausstehende chinesische Kredite in den sogenannten Schwellenländern einziehen, was eine Schuldenkrise zur Folge haben würde? Und dabei ist noch nicht der Effekt auf die chinesische Weltmarktnachfrage einberechnet.

Der Verfall der chinesischen Bodenpreise im letzten Jahr ist noch lange nicht die ganze Krise gewesen, sondern nur erst der erste Anfang, und bereits jetzt ist die Krise im westlichen Tech-Sektor ausgebrochen.

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Die nächste Krise XIV

Banktitel in den USA:

The trigger for further de-risking was the official news that Silicon Valley Bank became the biggest US financial failure in more than a decade, after its long-established customer base of tech startups grew worried and yanked deposits. It’s also the second regional lender to fold this week after Silvergate Capital Corp. announced it was voluntarily liquidating its bank.

Genaueres:

SVB Financial Group (SIVB), which is partnered with nearly half of all venture-backed tech and health care companies in the United States, was forced to raise capital after it sold part of its portfolio of US Treasuries at a loss to cover a rapid decline in customer deposits.

Silicon Valley sendet seit längerem Krisensignale. Offenbar schlägt ein Umsatzrückgang schon auf den Bankensektor durch. Wir können sagen, wir hatten das auf unsrer Bingo-Karte für 2023. Das und noch mehr.

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4.5. Berlin: Vortrag Arbeitszeitrechnung Sandleben

Wir weisen auf folgenden Vortrag bei der Initiative demokratische Arbeitszeitrechnung hin:

„Alles ist schon irgendwie da, was eine befreite Gesellschaft ausmacht, wir müssen die vorhandenen Elemente nur in Freiheit setzen“, lautet der Schlusssatz des 2022 erschienenen Buches „Gesellschaft nach dem Geld“. Darin legt Günther Sandleben dar, wie sehr das Planen mit Arbeitszeit bereits heute verbreitet ist. Betriebe könnten deshalb ohne große Probleme die Arbeitszeitrechnung anstelle der heute üblichen kapitalistischen Kostenrechnung anwenden. Sandleben zeigt darüber hinaus, weshalb Arbeitsscheine kein Geld sind, Planwirtschaft keinen Staat braucht und Arbeitszeitrechnung nicht Arbeitszwang bedeutet. Es stellt sich davon ausgehend unter anderem die Frage: Kann die Arbeitszeitrechnung im Hier und Jetzt begonnen werden? Ein Abend nicht nur für sozialistische und syndikalistische Buchhalter*innen.

Vortrag des Autors mit anschließender Diskussion. Veranstaltet von der „Initiative demokratische Arbeitszeitrechnung“

4. Mai 2023, 19 Uhr
Baiz, Schönhauser Allee 26A, 10435 Berlin (web)
Eintritt frei

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Krise und Kritik. Versuch über Bruhn

Von Jörg Finkenberger
Aus Heft 19

Die Untersuchung des „Kapital“ setzt eine Unterscheidung voraus. Es gibt das „Kapital“ zweimal, einerseits das irdische Buch, das anscheinend ein Buch wie jedes andere ist, aber andererseits das himmlische, welches letztere bei den Ideen wohnt und unveränderlich und unfehlbar ist. Wir haben es hier mit dem ersteren zu tun, das letztere haben wir denen zu überlassen, die es „rekonstruieren“ wollen.

Das wirkliche „Kapital“ ist technisch gesehen unfertig und von Engels aus dem Nachlass zusammengestellt. Ob Engels treulos oder aus Unverstand für irgendwelche Mängel verantwortlich ist, ist Gegenstand der Wissenschaft vom himmlischen „Kapital“, hat uns also im strengen Sinne nichts anzugehen. Wir wollen aber anfügen, dass wir aus der heiligen Geschichte namentlich der schiitischen Sekten Beispiele kennen, die diese auf Erden sonst nicht begründbare Vermutung stützen können. Der Befund der veröffentlichten Manuskripte in der MEGA-Edition stützt sie jedenfalls nicht.

a. Das „Kapital“ soll nach manchen noch allerhand enthalten haben, insbesondere Bücher über den auswärtigen Handel, Staat und Weltmarkt. Das verdankt sich einer Notiz aus einem Brief von Marx aus einer Zeit, ehe das „Kapital“ konzipiert war. Diese Nachricht ist sehr nützlich, um das Fehlen jeder Ahnung von Weltmarkt oder Staat in der marxistischen Schule zu begründen, aber es ist in dem wirklichen „Kapital“ nicht zu ersehen, wie diese Bücher Wirklichkeit hätten werden können, ausser als selbständige Schriften ausserhalb des Werkzusammenhangs. Denn die Materie ist im „Kapital“ schon verhandelt, aber nie im Zusammenhang, sondern verteilt an den verschiednen Orten. Sie im Zusammenhang zu erörtern, hiesse das ganze Ding nocheinmal, aber von einem anderen Ausgangspunkt aus schreiben. Das ist normalerweise ein Kennzeichen eines selbständigen Werks. Diese Phantombücher gehören also wohl dem Reich des himmlischen „Kapital“ an.

Das wirkliche „Kapital“ endet in dem Kapitel über die Klassen. Dieses Kapitel ist nach derselben Art wie die vorherigen als Skizze angesetzt. In den erhaltenen Manuskripten über den Plan und Inhalt findet sich dieses Kapitel noch erwähnt, ein weiteres nicht mehr. Es ist auch mit diesem Kapitel gezeigt, wie der Aufbau der bürgerlichen Gesellschaft, von dem Anfang aus gesehen, stattfindet. Es ist eine so gute oder so schlechte Art, das Buch aufzuhören, wie jede andere auch. Das wirkliche „Kapital“ ist also nur technisch unfertig. Es hätte nicht sinnvoll weitergeführt werden können, ohne den Untersuchungsgegenstand zu wechseln.

b. Das „Kapital“ endet auf eine Weise, dass seine Voraussetzungen gerade nicht bewiesen, sondern widerlegt werden. Der Hegel-Marxismus muss sich das „Kapital“ so vorstellen wie eine Art materialistischen Hegel, d.h. Hegel, von den allergröbsten Einwänden befreit. Der Anfang, d.h. der Ansatz, ist zunächst einmal durch nichts begründbar. Er schwebt in der Luft, bis das Ende ihm zu Hilfe kommt und ihm beweist, dass er von jeher guten Boden unter seinen Füssen hatte. Damit ist es erreicht, dass der menschliche Geist sich wie Münchhausen selbst an seinem Zopfe aus dem Schlamm gezogen hat. Diese Idee ist unmaterialistisch, d.h. sie gehört genau zu dem, was zu Recht gegen Hegel eingewandt worden ist. Sie gehört also allenfalls dem „Kapital“ des Ideenhimmel an, aber nicht demjenigen, das hienieden auf Erden bekannt ist.

Das „Kapital“ endet bei einer Gesellschaft, in der die Idee, auf die der Anfang gegründet ist, eine Hypothese wie jede andere ist; in der sich zeigt, dass der Mehrwert, statt aus der Arbeit, genausogut auch einfach aus dem Profitaufschlag auf den Kostpreis zustandekommen kann, ja mehr noch wirklich zustandekommt. Spätestens bei der Herstellung der Durchschnittsprofitrate wird das, womit Marx anfängt, völlig unsichtbar, und spätestens seit der Debatte um das sogenannte „Transformationsproblem“ muss das den Marxisten klar sein.

Diese Debatte ist bekanntlich ausgegangen wie das Hornberger Schiessen. Der Ökonom Samuelson hat völlig Recht: die marxistische Ökonomie kann diese „Transformation“ nur so zuwege bringen, dass sie zuerst die Werte hinschreibt, sie dann mit dem Radiergummi ausradiert, und die Preise darüberschreibt. Ökonomen wie Sraffa haben daraus den völlig korrekten Schluss gezogen, dass man marxistische Ökonomie am besten treibt, indem man aufhört, marxistische Ökonomie zu treiben. Einige wenige Standhafte versuchen immer noch, eine Lösung für das Transformationsproblem zu finden, indem sie den „Algorithmus“, den Marx gegeben hat, verbessern. Aber der Algorithmus, den Marx gegeben hat, ist tatsächlich der, den Samuelson beschrieben hat: er radiert die Wertgrössen aus und schreibt Preisgrössen hin. Eine bessere Lösung für das Problem besteht nicht, weil das Problem nicht besteht, jedenfalls nicht für Marx.

Das Problem, das da gelöst werden soll, ist nämlich vom Gegenstand der Untersuchung schon gelöst, und zwar auf genau diese Weise. Die Kapitalien, soweit sie sich am Markt halten können, sind (idealerweise) Freie und Gleiche, d.h. solche, die eine gleiche Profitrate tragen. Die Spur ihrer naturbürtigen Ungleichheit, der verschiednen Bewegung menschlicher Arbeit, ist darin ausgelöscht, und mit ihr jede Spur, die die Begriffe des Bd. I hinterlassen haben könnten. Wenn es anders wäre, d.h. wenn in den Preisen die Wertverhältnisse sichtbar wären, dann wäre Bd. III daran gescheitert, die wirkliche Gesellschaft zu beschreiben.

Das „Kapital“ holt seine Voraussetzungen auf gar keine Weise ein, es besteht sogar darin, zu zeigen, warum das nicht möglich ist. Diese Voraussetzungen kann man also, im Rahmen einer Wissenschaft von der Ökonomie, glauben oder auch nicht. Sobald diese Wissenschaft sich von dem Begriff eines Werts, der auf Arbeitszeit gründet, abwandte, ist alles, was im „Kapital“ steht, grundsätzlich für sie ohne Belang.

Das wäre auf keine Weise anders, wenn Marx das irdische „Kapital“ seinem Urbild im Himmel mehr angenähert hätte. Denn es ist kein wissenschaftlicher Beweis für diese Voraussetzungen denkbar, ausser wenn alles, was in Bd. III steht, falsch ist. Wir müssen also annehmen, dass das himmlische „Kapital“ entweder nur aus Bd. I besteht, denn den Bd. II hat bekanntlich niemand je gelesen, oder genauer aus den ersten hundert Seiten; dann würde es aber genausowenig funktionieren. Oder wir müssen annehmen, dass es in Wahrheit viel umfassender ist, weit über den Bereich der Ökonomie hinausgreift, so dass deren Grundbegriff, der gesellschaftliche Reichtum, sich auflöst in einen allgemeinen Begriff von gesellschaftlicher Herrschaft; dann ist das „Kapital“ nur das Prolegomenon zu einer kritischen Theorie der Gesellschaft, und zwar einer, die alle bisherige Geschichte in sich enthält. Aber das überschreitet m.E. den ursprünglichen Werkplan.

c. Wie ist es denn dann um die geistesgeschichtliche Stellung des „Kapital“ bestellt, wenn es so dürftig endet? Es sieht verdächtig so aus wie einfach irgendein Buch. Erweist sich nicht die Wahrheit seiner Anfangsgründe in irgendeiner Weise aus dem Gang der Darstellung? Es zeigt sich doch, dass in Bd. III tatsächlich gelingt, eine Gesellschaft darzustellen, die so aussieht wie die jetzige. Namentlich die Krisen, durch die hindurch der Fortschritt des Kapital sich wirklich vollzieht; sie sind doch in ihrem letzten Grund nur durch das „Kapital“ verständlich? Weiterlesen

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Situationist in sieben Tagen

[Erschienen im Heft #1 etwa 2011 oder 2012, wer weiß das schon, und an dieser Stelle der Ordnung und der Richtigkeit halber veröffentlicht. Und weil der Rinderwahnsinn, der i.d.R. junge, angehende Intellektuelle befällt, nach wie vor grassiert. – euer GT]

Gefunden in der New Yorker Internetzeitschrift „Shoe Polish Week“ unter http://library.nothingness.org/articles/all/en/dis-play/274. Der anonyme Autor bezeichnet sich als „the most profiled author/artist/revolutionary the world has ever seen“, was zweifellos stimmt, liest man seinen Besinnungsaufsatz „Drifting with the Situationist International“ (ebd.).

von N.N.


1. Lerne unbedingt Französisch. Kein Situationist, der etwas auf sich hält, würde auch nur im Traum daran denken, das nicht zu können.

2. Drücke dich stets so geheimnisvoll wie irgend möglich aus. Nimm’ ein Lexikon, such’ dir jede Menge hochtrabende wissenschaftliche Begriffe heraus und benutze sie reichlich. Zum Beispiel ist es schlecht zu sagen : „Die Verhältnisse sind mies.“ So geht’s viel besser : „Der konstitutive Mechanismus der Kultur hat sich zur Verdinglichung aller menschlicher Handlungen gesteigert und zur Versteinerung des Lebens, wodurch die Weitergabe der Erfahrung von Generation zu Generation nach dem Muster des Warentausches verformt wird, d. h. eine Verdinglichung ist eingetreten, die danach strebt, die Herrschaft der Vergangenheit über die Zukunft unaufhebbar zu machen.“

3. Insbesondere die Begriffe „Langeweile“ (etwa so : „Es gibt absolut nichts, was sie nicht tun würden, um die Langeweile zu vergrößern“), „Elend“ (z. B. das Elend der Studenten, der Universität und der Künste), dazu „Leidenschaft“ und „der Gebrauch der Lüste“ sind unverzichtbare Geräte im Werkzeugkasten des angehenden Situationisten; ihr freizügiger Gebrauch wird dein Image in der situationistischen Gemeinde nachhaltig stärken.

4. Beziehe dich im Gespräch ständig auf den Dadaismus und auf die Surrealisten. Obwohl das fast schon ein Jahrhundert her ist, sprich das Thema so oft wie möglich an, auch wenn es noch so unpassend sein mag.

5. Greife „die Universität“ und „den Kunstbetrieb“ so oft wie möglich energisch an (Ausdrücke wie „der Abfallhaufen“ oder „der Gully der Kunst“ kommen besonders gut). Schließ dich der renommiertesten Clique an und achte darauf, dass dein Freundeskreis zu mindestens neun Zehnteln aus Künstlern besteht.

6. Kultiviere deine Einbildung und deine Selbstgefälligkeit bis an die Grenze des Größenwahns. Rechne Dir die spontanen Aufstände in den entlegensten Weltwinkeln als deinen Verdienst zu und verhöhne alle, die dir widersprechen oder nicht mit dir übereinstimmen.

7. Leute zu denunzieren und auszuschließen ist immer gut. Achte darauf, daß deine Clique so exklusiv und klein wie möglich bleibt, aber betrachte es als Selbstverständlichkeit, dass alle Welt mit deiner Arbeit bestens vertraut ist, selbst wenn es in Wahrheit nicht mehr als eine Handvoll Leute sind.

8. Entwendung/Détournement : Nimm eine Schere, schneide dir einen Comic aus der Zeitung („Bigbeatland” aus der Jungle World ist bestens, zur Not geht auch „Strizz“ aus der FAZ oder „Touché“ aus der taz) und schreibe was anderes in die Sprechblasen. Spare dabei nicht mit situationistischem Vokabular. Was ein Spaß!

9. Übe dich in der marxistischen Umkehrtechnik. Das ist eine bombensichere Methode, die Leute mit der Nase darauf zu stoßen, daß du ein Situationist bist oder begierig darauf, einer zu werden. Sag’: „Die Irrationalität des Spektakels spektakularisiert die Ratio“, oder, noch besser, sag’ : „Die getrennte Produktion ist die Produktion der Trennung.“

10. Beschwöre so oft wie möglich „die Klasse“ und die Fabrik. Schrecke vor keiner Arbeitertümlerei zurück, aber tu’ dich unter keinen Umständen wirklich mit Proleten zusammen (einige für Situationisten akzeptable Jobs sind Student, Lehrer, Professor, Künstler).

11. Vermeide um jeden Preis solch ätzend proletarische Accesoires wie die allerneueste Baseballkappe à la Michael Moore, Che Guevara-Shirts, Garfield- oder Snoopyposter oder Underdog-Zigaretten wie HB, Reval oder Rothhändle.

Nachbemerkung des Übersetzers: Wenn Du nach sieben Tagen noch immer nicht als Situationist auftrumpfen kannst, dann lese die Zeitschrift „Kosmoprolet“ der „Freunde der klassenlosen Gesellschaft“ aus Berlin oder lieber gleich das Buch „Situationistische Revolutionstheorie“ von Biene Baumeister Zwi Negator (Schmetterling–Verlag : Stuttgart 2006), um Dir erklären zu lassen, warum es sich beim dröhnenden Schweigen der Debord & Co. zur Shoa um „Ignoranz“, „Ausblendung“ und „Verdrängung“ gehandelt haben soll, also um „eine sonst so genaue Wahrnehmung, die an dieser Stelle ausfällt“ (Bd. 1, S. 219), und keinesfalls um genaue Absicht. Dann wirst Du auf jeder Party der Held sein. Denn die Linken mögen „Defizite“ über alles auf der Welt, da machen die Situationisten keine Ausnahme. Das löst die Zunge. Urteile dagegen öden sie an.
Joachim Bruhn

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News unterm Radar III

Die News sollten auf eindringliche Bitten der werktätigen Massen hin nicht so „esoterisch“ ausfallen, wie letztes Mal. Es sind schon Dinge, die einem/r Interessenten beinahe von selbst ins Gesicht springen.

Ein Jahr Krieg Russlands gegen die Ukraine, ein Jahr militärische Aggression, die der ukrainischen Gesellschaft unvorstellbare Schäden und Leid zufügt; ein Krieg, der genozidale Züge aufweist und man muss richtig blind sein, um nach einem Jahr dafür noch irgendeine geopolitische, wirtschaftspoltitische oder – richtig zynisch – humanitär-menschenrechtliche Begründung zu suchen. Jeder einzelne Tag und jede einzelne Nacht davon ist zuviel. Viele Prognosen, auch unsere eigenen haben sich öfters als falsch erwiesen, die Wende im Krieg war da, doch ist noch lange nicht vorbei. Stattdessen reden dieselben Experten, die den Krieg noch letzten Herbst beendet sehen wollten, genauso selbstverständlich von „2023/24 oder so um den Dreh“. Vielleicht argumentieren sie alle nicht von einem proletarisch-wissenschaftlichen Standpunkt aus und deswegen sind ihre Expertisen gar nicht so hervorragend und den Durchschnitt übersteigend, wie es das Proletariat gerne bräuchte. Die Ausdauer der russländischen Wirtschaft und der unverrückbar apathische Zustand der russländischen Gesellschaft, die wirklich alles mit sich machen lässt, haben, ganz ehrlich, auch uns überrascht.

Wie auch immer gibt es Menschen, unter Anderem viele Linke, die mit Regime Putin verhandeln wollen – offensichtlich über die Köpfe der UkrainerInnen. Diese sollen sich nicht so anstellen, wenn die großen Nationen mal wieder miteinander schnacken wollen, es geht um unser aller Wohl.

Also, bei der Linkspertei Leipzig hieß es anlässlich des Jahrestages des russischen Krieges am 24. Februar z.B. so: „Verhandlungen statt Panzer“ –

Die Ukraine hat das Recht auf Selbstverteidigung gegen den Angriff Russlands. Aber mehr Waffenlieferungen werden nicht zu einem Ende des Krieges führen – das geht nur mit Verhandlungen und Diplomatie. Stattdessen steigt die Gefahr, dass der Krieg eskaliert und sich weiter hinzieht: Mit immer mehr Toten und mit immer mehr Verwüstung. Ein langer Krieg verbraucht viel Material. Das ist gut für die Rüstungsindustrie. Für die Menschen bedeutet das: unendliches Leid. Wenn auch der größte Panzer der Welt nicht zum Sieg der Ukraine führt, was wird als Nächstes gefordert? Kampfjets? Soldat*innen? Wir sagen: Raus aus der Eskalation! Mehr Waffen schaffen keinen Frieden. Stattdessen müssen die Kriegsparteien zu Verhandlungen gedrängt werden.

Und ich denke, überall sonst in Land haben sie ungefähr das Gleiche gefordert, weil ihr Klientel das so fordern würde. Oder – es wird angenommen, dass es so fordern würde.

Auf der (verregneten) Straße, zumindest in Leipzig, saß es anders aus:

In welche argumentative Sackgasse sich die Linke mit ihrem (hier besser beschrieben durch Kolumnist David Gray) seltsamen Pazifismus mittlerweile manövriert hat, kann man mit einem Bild vom heutigen Abend illustrieren.

50 Menschen sind aktuell dabei, zur linken Kundgebung am Leuschnerplatz anzutreten. Die gesamte Leipziger Linkenszene lässt heute diese Partei mit ihrem Bundestagsabgeordneten Sören Pellmann und der Videoansprache Gregor Gysis allein im Regen stehen. Stattdessen sind die Freunde um Anette H. und ihre noch etwa 10 Menschen umfassende Initiative „Leipzig steht auf“ gekommen, um sich anzuschließen. Das ist offenbar sogar der Linkspartei zu viel Querfront, Anette H. (eine umtriebige Protagonistin der hiesigen Schwurblerszene – Anm. GT) muss wieder einpacken.

* * *

Auch Putins Rede vor der Föderalversammlung am 23.2., ehrlich gesagt, eine einzige Enttäuschung. Eine ganz schlechte Standup-Comedy. Von von einigen dad jokes über „Pädophilie als Lebensnorm“ und einen „gender-neutralen Gott“ abgesehen, ging es ganz ohne seine üblichen Iljin-Zitate zum selben ökonomischen Programm, mit dem er bereits seit 20 Jahren die russländische Wirtschaft von der oil needle herunterholen und ihr das Laufen auf eigenen Beinen bis zur fast vollständigen Autarkie wieder beibringen möchte. Während seines Auftritts beschossen russländische Streitkräfte die Stadt Cherson.

Besorgniserregend ist natürlich seine Ankündigung, den Vertrag über Measures for the Further Reduction and Limitation of Strategic Offensive Arms von 2010, auch SNW-III oder New START genannt, vorübergehend auszusetzen. Egal, wie sonst China und Indien gerade zum Krieg stehen, die Vorstellung, dass Drohungen mit Atomwaffen jetzt wieder als „normal“ auf die Tagesordnung kommen, dürfte sie auch nicht begeistern. Weiterlesen

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Die Krise der Klimabewegung

Aus Heft „19“

1
Jede Generation muss ihre eigene Erfahrung mit den Grünen machen. Und die Ereignisse von Lützerath, so vorhersehbar sie waren, werden unter der Klima-Bewegung dieselbe Verbitterung erzeugen wie entsprechende Erfahrungen früher. Die Grünen bleiben sich immer gleich. Wir erinnern uns noch an den Minister Trittin, der eine Energiewende versprochen hat, die durch moderne Erdgaskraftwerke mit billigem russischem Gas eingeleitet werden sollte. Das ist zwanzig Jahre her, billiges Gas aus Russland und die Hartz-Reformen waren der Kern der rot-grünen Politik. Diese Energiepolitik fliegt ihnen jetzt um die Ohren; und deswegen muss Lützerath geopfert werden. Die Versprechen, die heute gebrochen werden, sind dieselben Versprechen, die damals gebrochen wurden; es reisst nie ab, und es wird nie anders.(1)

Es ist aber nicht nur eine Krise der Grünen, sondern auch eine Krise der Klimabewegung. Die Klima-Bewegung ist, wie der meiste neuere Aktivismus, in einer ernsthaften Sackgasse. Und das liegt nicht etwa daran, dass sie zu radikal aufträte. Alle ihre politische Mobilisierung ist im Gegenteil völlig auf den bestehenden Staat ausgerichtet, und auf die Vorherrschaft von Parteien wie der SPD und der Grünen.

Das gilt sogar für die vermeintlch radikalsten von ihnen, die „Letzte Generation“. Der Verfassungsschutzpräsident Haldenwang hat völlig recht: „Also, anders kann man eigentlich gar nicht ausdrücken, wie sehr man dieses System eigentlich respektiert, wenn man die Funktionsträger zum Handeln auffordert.“

Die strategische Sackgasse besteht natürlich darin, dass man mit der jahrelangen Agitation z.B. den Grund für einen Wahlsieg der Grünen legt, nur damit die Grünen einen dann betrügen. Man kann sich dann vorstellen, dass als nächstes die Linkspartei an der Reihe ist, aber weder hat diese noch Aussicht auf irgendeinen Sieg, noch wird sie jemals anders handeln. Die Linkspartei bewirbt sich heftig auf dieses Erbe; sie benimmt sich in vieler Hinsicht heute nicht anders, als wäre sie eine Bundesarbeitsgemeinschaft der Grünen. Je mehr sie sich an die Bewegung heranwirft, desto glaubhafter macht sie den bevorstehenden Verrat.

Es ist genau dieselbe Situation wie bei dem berliner Wohnungsvolksentscheid; auch dort hat man, vielleicht ohne es zu wollen, zum Wahlsieg der „linken“ Parteien beigetragen, weil man sich ausrechnet, diese zur Umsetzung der Entscheidung zwingen zu können. Nichts dergleichen wird passieren.

Es steht natürlich ganz ausser Frage, dass den „linken“ Parteien diese betrügerische Politik nichts nützen wird. Sie werden in der Tat weniger gewählt werden und irgendwann ihre Macht an die konservative Rechte verlieren. Aus der Sicht der Bewegung ist mit dem einen so wenig gewonnen wie mit dem anderen; ausser, sie fallen auf den Trick herein, sich an der „politischen Neuaufstellung“ nach der Wahl zu beteiligen. So etwas wird sich für einzelne verdiente Kader vielleicht prächtig lohnen, aber die Bewegung selbst wird auch dort wieder betrogen werden.

Also, was ist der Plan? Die Frage geht vor allem an diejenige Organisation, die in beiden Agitationen führend beteiligt ist, nämlich die Interventionistische Linke. Und diese Frage wird bereits gestellt, und sie wird den Niedergang dieser Organisation sehr beschleunigen.

2
Uns empört nicht die vermeintliche Radikalität der Klimabewegung. Uns empört ihre skandalöse Bescheidenheit. Oder sollen wir vielleicht sagen Beschränktheit? Ihre Kritik ist zum Haareausraufen eindimensional.

Nehmen wir ein Beispiel. Es gibt vom Beginn des Automobilzeitalters her eine Tradition einer radikalen und populären Kritik des Automobilismus. „Das Auto als höchstes Gut eines entfremdeten Lebens und untrennbar davon als Hauptprodukt des kapitalistischen Marktes steht im Mittelpunkt derselben globalen Propaganda“; das Auto als Ware ist es gewesen, das in den 1950ern ein neues kapitalistisches Zeitalter ermöglicht hat. Um die Ruinen dieses Zeitalters handelt es sich.

Das Auto steht wie keine andere Ware für genau die Sorte von Wohlstand und Freiheit, die dieses Zeitalter versprochen hat; und es verwirklicht sich von Anfang an als Knechtschaft und Abhängigkeit. Das Auto hat die neuere Veränderung der Siedlungsgeographie ermöglicht und gleichzeitig erzwungen; die Trennung von Funktionen, weit abgelegene Gewerbezonen, öde und menschenfeindliche Altorte, und vereinsamte Wohnviertel. Das Auto hat eine ungeheure Zunahme des Verkehrs erzwungen, so dass der Arbeitstag sich um die Stunde Fahrzeit oder Stau verlängert; für die meisten ist ohne das Auto nichts lebensnotwendiges mehr in Reichweite.

Wo ist die Kritik dieser Gesellschaft, die diese ungeheure Beraubung und Verarmung noch sehen kann? Und diese Verarmung hinterlässt ihre Spuren sehr deutlich in jedem einzelnen Leben, und in dem, was man mangels eines anderen Wortes das öffentliche Leben dieser Gesellschaft nennen muss. Eine solche Kritik ist aber nur zu haben als eine umfassende Kritik dieser Gesellschaft. Sie hätte es nicht mit einem einfach abgrenzbaren Problem zu tun; aber sie käme auch nicht auf den Gedanken, das Auto als einen schädlichen Luxus zu betrachten, den eine aufgeklärte Staatskunst den unwissenden Massen aus der Hand zu winden hätte.

Sie müsste sich stattdessen auf die Sprache der Sehnsüchte und Träume derer verstehen, die um das versprochene Glück betrogen worden sind. Sie müsste sich mit dieser Gesellschaftsordnung anlegen und vor allen Dingen mit der aufgeklärten Staatskunst, die uns ja in diese Lage überhaupt erst gebracht hat. Und sie müsste aufhören, die betrügerische Sprache des Verzichts zu sprechen, von dem jeder weiss, dass es die Sprache derer ist, die sich diesen Verzicht leisten können; ja von ihm profitieren.

Die Rettung ist nicht davon zu erwarten, dass die arbeitenden Klassen auf irgendetwas verzichten, sondern davon, dass sie die Welt in Besitz nehmen. Wir reden nicht vom 9-Euro-Ticket, wir reden von der sozialen Revolution. Wir reden nicht von einem Sozialismus, den sich die besseren Kreise als eine Diktatur über die Bedürfnisse vorstellen; wir reden von der Befreiung der arbeitenden Klassen. Weiterlesen

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Heft #19 ist da

Nun denn, droogs, das neue Heft ist da und ist bereits im Versand. In gewohnter Optik und mit den Themen, die man erwarten kann: feministischer Selbstschutz, Klimabewegung, Theorie und Praxis, russländische Gesellschaft im Krieg, soziale Revolution und die Arbeitszeitrechnung. Alles wichtig und unabgingbar, wichtig und unabgingbar wie „the old Ludvig van“, droogs.

Bestellungen, Rückmeldungen und finanzielle Zuwendungen an die bereits bekannten toten Briefkästen

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Würzburg, 23.02. in der Kellerperle

Die Weltcommune. Übergänge in eine klassenlose Gesellschaft, 18:30

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Solidarität mit der besetzten Fabrik Bio.Me in Thessaloníki

Das hier kam grad rein:

Solidarität mit der besetzten Fabrik Bio.Me in Thessaloníki
Aufruf des AKU – Wiesbaden und der Bio.Me – Kolleg*innen vom Februar 2023

Erneut müssen wir euch leider mitteilen, dass die seit 2011 besetzte und seit 2013 selbstverwaltet produzierende Seifenfabrik Bio.Me in Thessaloníki in höchster Gefahr ist. Justiz und Kapital haben das Grundstück, auf dem sich die Fabrik befindet, klammheimlich an eine Investmentfondsgesellschaft verkauft.
Wir, die Bio.Me – Arbeiter*innen, erklären, dass wir weiter in der Fabrik produzieren werden, auch wenn Staat und Kapital uns die Sondereinsatzkräfte der Polizei auf den Hals hetzen. Wir werden uns einer Räumung widersetzen. Weil dieser Ort unser Leben ist und weil wir diesen Ort auch euch verdanken. Das sind wir den zehntausenden solidarischen Menschen schuldig, mit denen wir im Laufe der Jahre zusammengekommen sind. Weil ihr in unsere Fabrik gekommen seid. Weil ihr unsere Arbeit durch den Erwerb der Bio.Me – Produkte gewürdigt habt. Weil ihr in Demonstrationen an unserer Seite wart. Weil ihr Konzerte und Feste in der besetzten Fabrik gefeiert habt. Weil ihr Schulter an Schulter mit uns den Einsatzkräften der Polizei gegenüber gestanden habt.
Die einzige Fabrik in Griechenland, die ohne Chef*in arbeitet; die einzige Fabrik, in der alle gleich bezahlt werden; die einzige Fabrik, die von Kapitalist*innen befreit und der Gesellschaft zurückgegeben wurde, ist akut in Gefahr. Und die Einzigen, die helfen können, seid ihr. In den vergangenen 10 Jahren Selbstverwaltung haben wir den Kampf gegen alle möglichen Gegner aufgenommen. Wir wurden von den Sondereinheiten der Polizei angegriffen. Das Öffentliche Elektrizitätsunternehmen DEI hat die Stromversorgung gekappt. Die Justiz betreibt die Zwangsversteigerung unserer Fabrik. Doch wir haben Widerstand geleistet und den Angriffen widerstanden. Das werden wir auch jetzt tun. Doch egal wie entschlossen wir sind, unsere wahre Stärke seid ihr, die diese Zeilen lesen. Wir haben nur wenig Zeit, ihr Vorhaben zu blockieren. Und das werden wir tun. Jede Aktion zählt: Jede Diskussion über Bio.Me, jedes Plakat, jeder Slogan an der Wand, jeder Autokorso, jedes Solikonzert, jeder Protestzug, jede kleine oder große Versammlung in Griechenland und Europa. Jeder Beitrag in den Medien. Jede Solidaritätsadresse von gewerkschaftlichen Strukturen und jede Unterschrift. All diese Aktionen führen zu einem großen Fluss von Menschen, die auf die Straße gehen und protestieren. Die Gesetze des Kapitals sind mächtig. Entschlossene Menschen können diese Gesetze aushebeln.
Solidarität mit Bio.Me!

Und vielleicht noch den Werbeblock dazu:

AKU – Wiesbaden und das Café Klatsch Kollektiv vertreiben Produkte von Bio.Me:

Soli – Seifen zu 3,- Euro,
Bio.Me – T-Shirts, s, m, l, xl, xxl, zu 13,-
Spülmittel, 500 ml zu 3,50

Im Café Klatsch an der Theke, jeden Dienstag im AKU, Rüdesheimer Str.19, 20 Uhr

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Aus gegebenem Anlass

Weil es in den Wochen vor der nürnberger Diskussionsveranstaltung grad die Runde macht. Wer sich fragt, was Jörg Finkenberger über bisexuelle Männer wirklich gesagt hat, findet es hier.

Das erzeugte oft eine seltsame Assymetrie: die Bisexuellen waren öfter die, die eher an grossartigen Ideen hingen als die Schwulen. Das kommt, weil es für uns ein Abenteuer war, für die Schwulen ihr normales Leben. Das gab unseren Vorstellungen von dem, was wir da taten, zweierlei: erstens einen gewissen Überschwang, aber andererseits auch eine Realitätsferne. Uns nervte auch der Mief, den es in der schwulen Szene gab; wir redeten uns auch leicht, wir waren im Grunde nicht auf sie angewiesen. Umgekehrt betrachtete man uns Gestaltwandler mit völlig berechtigtem Misstrauen; wir konnten, und die meisten würden auch irgendwann, ein normales Leben führen, da lassen sich leicht grosse Reden schwingen.

Und so weiter. Also mit anderen Worten: übelste Hetze.

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