Leila Shami über den türkischen Angriff

Über die derzeitigen Entwicklungen im syrischen Krieg wird noch viel zu sagen sein. Und was zu sagen sein wird, ist mit Forderungen wie „Hände weg von Rojava“ noch lange nicht gesagt. Aber wir werden, dem Standpunkt getreu, den wir von Anfang an eingenommen haben, weniger auf diejenigen hören, denen zu Syrien nur Kurdistan und die PKK einfallen will; wir haben von Anfang an auf den Verrat an den Arabern hingewiesen.

It is not the first time the US has abandoned allies in Syria, and it’s unlikely this betrayal will easily be forgotten by those who will suffer the consequences.

So schreibt Leila Shami, eine der wenigen hörbaren Stimmen, der wir in diesen Fragen trauen können; eine der wenigen, auf die man sich verlassen konnte, als alle Welt und auch die Linke Syrien untergehen liess; als in Ost und West alle so taten, als wäre die syrische Revolution das Werk einer imperialistischen oder einer islamistischen Verschwörung.

Was, wenn nicht Rassismus, ist es eigentlich, was der Welt diese ungeheure Lüge so glatt hat eingehen lassen? Jetzt, wo die selbe Logik auch die Kurden verschlingt, käme die Einsicht zu spät; die Führung der PKK hat sich in Gegensatz zu der arabischen Bevölkerung bringen lassen, um sich von Assad einen kurzfristigen Vorteil schenken zu lassen. Jetzt, wo die Revolution in den arabischen Landesteilen liquidiert ist, ist ihre Rolle ausgespielt, und die grossen Mächte werfen sie fort.

…the PYD has been left with little option but to negotiate a return of regime control, ending an experiment in Kurdish autonomy which has led to significant gains for the population in the realization of many of their rights long denied by the Arabist regime. This was likely only a matter of time. When the regime handed power to the PYD it probably calculated three factors: that this transfer of power would stop the Kurds fighting the regime, allowing the regime to concentrate military resources elsewhere; that it would fragment and thus weaken the Syrian opposition to Assad along sectarian divisions; and that if the PYD became too powerful, Turkey would intervene to prevent them from expanding, allowing the regime to retake control.

Die einäugigen Enthusiasten, die die PKK feiern, wie man früher die Sowjetunion gefeiert hat, haben sich nie die Frage gestellt, wie die PKK denn am Anfang in den Besitz der Macht im nördlichen Syrien gekommen war. Dieser ursprüngliche Betrug verstrickte das Schicksal der Revolution in Nord-Syrien von Anfang an in Komplizenschaft. Die kurdische Revolution, sogar die PKK hätte der syrischen Revolution viel mitzuteilen gehabt; die PKK hat sich von Anfang an dagegen entschieden. Sie hat Schuld auf sich geladen; sie hat, als Aleppo fiel, von den Bergen von Afrin zugesehen. Zu dieser Zeit hatten die geschlagenen arabischen Syrer keinen Freund mehr auf der Welt. Heute gibt man sich verwundert, dass es arabische Milizen gibt, die mit der Türkei gegen die PKK vorrücken.

Anti-regime activists, both Arabs and Kurds, are now at risk of being rounded up and detained for possible death by torture. SDF fighters are also not safe. Just days ago Syria’s Deputy Foreign Minister Faisal Maqdad declared that they had “betrayed their country and committed crimes against it.” Whilst many Kurds, abandoned by the US, may feel safer under Assad than Turkey, some Arab civilians living in SDF controlled areas such as Deir Al Zour and Raqqa fear a reconquest by the regime and Iranian militias above all else, and feel safer under Turkish protection. Syrians are rendered desperate, and dependent on foreign powers for survival.

Die Putinisten erzählen uns, Syrien sei zerrissen worden durch die Revolution. Die Wahrheit ist, dass Syrien zerrissen worden ist durch den Verrat an der Revolution.

What is happening today is a disaster not only for Kurds but for all Free Syrians. … Many of those protesting Turkey’s assault on north eastern Syria failed to mobilise to condemn the ongoing Russian and regime assault on Idlib where three million civilians are living in daily terror. In fact they’ve failed to notice that for years Syrians have been massacred by bombs, chemical weapons and industrial scale torture. Some of those calling for a No Fly Zone to protect Kurdish civilians from aerial bombardment previously slandered Syrians elsewhere calling for the same protection as warmongerers and agents of imperialism. Once again solidarity seems dependent not on outrage against war crimes, but on who is the perpetrator and who is the victim. Syrian lives are expendable in the battle for narratives and grand ideological frameworks.

„Syrian lives are expendable“, so ist es. Und so haben es alle gehalten. Nicht nur die grossen Mächte. Auch die Weltöffentlichkeit, von der diejenigen nur ein kleiner Teil sind, die sich für Linke halten. Es haben sich noch 1914 allerhand Leute für Linke gehalten, die bald herausgefunden haben, dass sie das nicht mehr sind; nicht das, was man glaubt, dass man ist, entscheidet das, sondern das, was man tut. Die Linke dieses jetzigen Zeitalters wird kleiner sein als gedacht; sie wird nicht aus den Reihen dieser Leute hervorgehen.

The Syrian tragedy is a stain on the conscience of humanity.

Und das ist nicht alles. Die syrische Tragödie hat alle Verhältnisse verändert. Sie zwingt allen nachkommenden Geschlechtern einige Einsichten auf. Aber auch das ist nicht alles. Auch für die Sieger ist die Geschichte noch nicht zuende. Selbst die geschlagene Revolution kann leicht in dem Sog noch ihre eigenen Henker mit in den Abgrund reissen. Erdogan, Putin, Assad, selbst Trump. Wir sehen uns das in den nächsten Fortsetzungen an.

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2 Antworten zu Leila Shami über den türkischen Angriff

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