Die nächsten Dinge

-jf

Wir haben die letzten Wochen uns mit Einschätzungen zurückgehalten, es ist der verehrten Leser/innenschaft also erspart geblieben, uns „told you so“ krähen zu hören. Dass die russische Partei innerhalb der deutschen Linken jetzt, wie man hört, in Verlegenheiten gerät, nehmen wir zur Kenntnis.

Ich selbst hoffe, dass die Denkprozesse da schnell gehen; es gibt einige unter den Linken, die diesem Unsinn aufgesessen waren, und die dennoch wichtige Arbeit leisten, ich wünsche ihnen nichts schlimmes. Ich hoffe sehr, ihr Weltbild ist nicht zu sehr auf ihre aussenpolitische Dummheit aufgebaut, und sie sind in der Lage, sich schnell zu einem besseren durchzuringen. Sie seien erinnert, dass Verzeihung Einsicht voraussetzt; und dass die Öffentlichkeit ihnen in Zukunft vielleicht genausosehr trauen wird wie etwa Egon Krenz.

Die militärische Lage ist nicht gut zu überblicken, erwartungsgemäss ist die Luftwaffe und die Elektronik das anfälligste; ob aber Russland in der Lage ist, die Entscheidung so herbeizuführen, hängt auch noch an anderen Dingen. Die Ukrainer scheinen Kampfgeist genug zu haben; wenn es gelingt, die Entscheidung hinauszuschieben, kann Russland verlieren. Putin und auch Lukaschenko spielen dieses Spiel jetzt um ihre eigenen Köpfe.

Ein längerer Verteidigungskrieg wird notwendig mit revolutionären Methoden geführt werden. Aber ohne auswärtige Unterstützung ist er aussichtslos. Wird also der Westen sich herbeilassen, seine nur lauwarme Haltung aufzugeben? Immerhin hat ja der Selbstherrscher aller Reußen gegen Einmischungen nukleare Vergeltung angedroht. Aber wenn über Polen durch den Wald Waffen und Freiwillige ins Land sickern, wird er nicht gut die halbe Welt dafür anzünden wollen. Und Polen hat, Parteipolitik hin oder her, nationales Interesse daran.

In diesen Tagen entscheidet sich, ob der Westen und sein Liberalismus noch Leben in sich hat; die Frage ist ja vor einiger Zeit hier gestellt worden. Nachdem momentan alles pro-ukrainisch zu sein scheint, könnte man es so meinen. Aber wird der Liberalismus in der Lage sein, diese Auseinandersetzung zu führen und zu gewinnen? Wir haben gerade eine Auswertung der Corona-Jahre in der Pipeline; und die legt nahe, dass der liberale Konsens löchrig wird, und bald zu Recht eine ganz andere Opposition zu spüren bekommen wird als die pro-russische Partei, die er jetzt vielleicht mit leichter Hand an den Rand drücken mag. Viel Freude wird er mit diesem Sieg nicht haben; es werden ganz andere Stimmen sich hörbar machen, und uns interessieren diese brennend.

Die allgemeine blau-gelbe Verbrüderung ist gerade soviel wert wie alle anderen guten Sachen, von denen der Liberalismus immerfort redet; hier hilft kein Maulspitzen, hier muss gepfiffen sein! Der Westen spielt hier nämlich selbst um seinen Kopf.

Die letzte Runde Krieg in der Ukraine war wie eine kommunizierende Röhre verbunden mit dem Krieg in Syrien; diese Runde hier hat ihr Gegenstück ganz anderswo. Seit 2015 sind die Spannungen zwischen China und dem Rest der Welt auf ein unerträgliches Mass gestiegen, und es ist seitdem diskutiert worden, ob die Krim ein Präzendenzfall für Taiwan sein wird. Die Hälfte der Weltproduktion an den fortgeschrittensten Microchips ist dort. Wir haben letztes Jahr festgestellt, dass die chinesische Krise dieses Jahr zu erwarten ist; Auswege sind nur Implosion des Parteiregimes, oder Aggressionskrieg nach aussen.

Niemand hat recht Lust, den Krieg um Taiwan direkt auf Taiwan zu führen; es ist auch diesesmal die Ukraine wieder der Testfall. China und Russland haben ihr Bündnis rechtzeitig vor Beginn des Kriegs vertieft; das in Europa bald unverkäufliche Erdgas geht nach China, um das demnächst unerreichbare Erdgas aus Qatar zu ersetzen. Die jetzige Konfrontation ist nur das Vorspiel zu einem Krieg im südchinesischen Meer. Wenn der Westen morgen bereit ist, Kiew aufzugeben, wird er übermorgen fragen: warum mourir pour Taipeh? Das ist der Anfang vom Ende des Westens, und der Westen weiss es. Aber kann er gemäss diesen Wissen handeln, und was wird er tun?

Der Versuch, Russland mit Zugeständnissen von dem chinesischen Bündnis abzubringen, ist gescheitert. Die gesamte Idee, der Westen habe diesen Versuch nicht ernst gemeint, ist lachhaftt. Warum sollte der Westen gleichzeitig Russland und China sich zum Feind machen wollen? Diese Dummheiten sind jetzt unmöglich. Putin hat, wie nicht nur Wagenknecht jetzt einräumen muss, andere Ziele gehabt, als man sich dachte. Er will nicht Herrscher einer anerkannten, aber untergeordneten Regionalmacht sein. Er hat andere Ambitionen, und er ist nicht umsonst der Kopf der weltweiten militärischen Konterrevolution. Sein ganzes System kann koexistieren weder mit dem Liberalismus, noch der Revolution. Wer von beiden es beseitigen kann, wird gewinnen.

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Wider Ohnmacht und Kraftmeierei

Angesichts des offen vom Zaun gelassenen Krieges gegen die Ukraine sind Zynismus und Verbitterung gerade keine gute Hilfe. Sollte jemand sich in der aktuellen Situation gelähmt und desorientiert vorkommen – vergewissert euch, ihr wollt was tun, damit der Krieg aufhört, aber ihr wisst nicht was. Kyrilo Tkachenko (falls es kein Name sein sollte, es war Kyrilo, der 2014 auf indymedia linksunten die Spendenkampagne der Roten Hilfe für pro-russische „Antifaschisten“ angeprangert hat) macht für den Anfang einige Vorschläge allgemeiner Natur:

In case you want to support Ukraine but you don’t know what to do. A couple of humble suggestions.

First of all, you should have no doubts that your personal efforts matter. Taking part in a demonstration, signing a petition, writing a letter to your MP—everything counts. Even your personal statement on Facebook should be regarded as a little contribution.

Secondly, one should be clear about the goals and the addressee of your efforts. Basically, there are two major hindrances to the eventual Russian aggression: (1) the ability of Ukrainian army to resist, and (2) the strength of the Western sanctions.

(1) Ukraine needs weapons, especially those able to shut down Russian missiles and bombers. Modern anti-missile and anti-aircraft weapons is a must. If we get them, the chances of Ukrainian army to defend the country are substantially higher. If we don’t get them, the probability of Mariupol, Kharkiv or Kyiv turning into a new Grosny or a new Aleppo is extremely high. Please don’t have any doubts that Kremlin is capable of doing it. And don’t forget that Ukraine is home to four nuclear stations, including the one in Zaporizhzhya in Southern Ukraine—the largest nuclear station in Europe.

(2) Sanctions should include things still avoided by the collective West, like expulsion of Russia from SWIFT, complete ban of trade etc. Well, the world may suffer from it economically, but to a lesser extent as compared to the consequenses of a World War III.

In both cases, the (1) and the (2), you have a broad range of opportunities to pressure your respective government (the addressee of your efforts!).

P.S. The last but not least. If your are not ready to pressure for (1) or (2), at least you can abstain from victim blaming (Ukraine) or showing any kind of understanding for the phantom limbs pains of the crumbling empire (Russia). Portugal or the Netherland used to be bigger as well—so what? In case you, nevertheless, still believe that Russia should get something, than – please! – leave Ukraine alone and fight for finlandisation of your own country or try to appease Russia with Eastern Germany if your are German, Alaska if your are American etc. Why? Because it is not for you to you to decide about our lives.

Um das mal zu konkretisieren:

Die NGOs Libereco und Vostok SOS kümmern sich um die Verpflegung von Zivilisten in Gefahrengebieten.

Das libertäre Graswurzelprojekt Operation Solidarity sammelt für die sog. Territorialmilizen und evakuierte Leute.

Die zivilgesellschaftliche Stiftung Powernis‘ shivym supportet Militärangehörige und Veteranen der ukrainischen Armee.

Last but not least hat die ukrainische Staatsbank ein Konto für Spenden direkt fürs Militär eingerichtet. Ja, die Ukraine braucht Waffen, braucht Logistik usw. usf., um den Angriff abzuwehren.

Es ist jetzt schon was möglich und die Möglichkeiten werden mit der Zeit mehr. Ich bin jedenfalls der Meinung, für den Anfang ist es immer noch besser als Aufrufe zu abstrakter internationaler Klassensolidarität oder wie auch immer das immer heißt. Keine Sorge, UkrainerInnen wissen, dass sie alleine kämpfen müssen.

Polen hat gerade die Grenze für Flüchtlinge aus der Ukraine geöffnet. Sorgt dafür, dass Deutschland sich wenigstens an humanitärer Hilfe beteiligt, wenn schon der viertgrößte Waffenexporteur der Welt vor lauter Verantwortung Russland gegenüber für militärische Hilfe keinen Arsch in der Hose hatte. Danach wird man nicht ukrainische Straßen wiederaufbauen, man wird auch die zertrampelte russische Gesellschaft reparieren. Das aber vielleicht später, „danach“. Vielleicht wird man überhaupt alles reparieren müssen. Organisiert euch, werdet tätig und – vor allem – fürchtet euch nicht. Dafür ist es zu spät.

– spf

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Vorerst

Es ist gesagt worden:

Das Verhalten dieser Herrschaften erweckt den Eindruck, sie wollen nicht vor‘s internationale Tribunal in Den Haag. Auf gar keinen Fall wollen sie das. Sie wollen mit dem Kopf nach unten neben ihren Liebhaberinnen an einer Gasprom-Tankestelle hängen.

Je nachdem sind die Herrschaften diesem Ziel einen Schritt näher gekommen.

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Wer gedenkt der Gabriele Rathjen?

Heute vor zwei Jahren beging ein Mensch, dessen Weltbild im Wesentlichen von Verschwörungsmythen, blankem Rassismus und paranoidalem Verfolgungswahn bestimmt war, eine ungeheuerliche Tat. Am Abend suchte er im hessischen Hanau eine hauptsächlich von migrantischen Leuten frequentierte Bar, eine Shisha-Bar und ein Kiosk auf und erschoss neun, verletzte schwer zwei und leicht weitere drei von ihnen. Anschließend konnte er nach Hause zurückkehren, wo er seine alte bettlägerige Mutter und sich selbst erschoss.

Die Aufarbeitung der Geschehnisse lässt auf sich warten. Den Angehörigen der Opfer und den Überlebenden stellten sich die Fragen, die immer noch nicht beantwortet wurden. Von der Nichterreichbarkeit des polizeilichen Notrufs über das Verhalten der Polizei unmittelbar nach der Tat und während der Ermittlungen bis zur Frage, wie ein durch sein wahnhaftes Verhalten und rassistische Äußerungen aufgefallener Mensch legal eine Waffe hat besitzen können usw usf.

Unter anderen Elementen seiner extrem toxischen Ideologie finden sich auch Versatzstücke der Incel-Ideologie, des rechten Antifeminismus. Der Täter hatte ein Problem mit Frauen im Allgemeinen und mit seiner Mutter im Besonderen. Die er auch erschoss. Aber sieh an, man ist uneinig, ob ein „ausformulierter Frauenhass“ da war oder nicht. Ich kann es absolut nachvollziehen, dass die Angehörigen der neun migrantischen Opfer des Anschlags den Namen Rathjen neben den Namen ihrer Nächsten nicht sehen wollen. Aber der Linken scheint dieser Mord i.d.R. offensichtlich nicht der Rede wert zu sein. Man redet sogar nicht nur vom Rassismus, sondern, wie z.B. der Zusammenschluss von Solidaritätsnetzwerk, Frauen*kollektiv und der Internationalen Jugend, auch von der weltweiten Reaktion und Faschismus. Dass die Verachtung der Schwachen und Misogynie zum Kernbestand der „alten“ sowie der „neuen“ rechten Ideologien gehören, dürfte ein Allgemeinplatz sein. Aus welchen bündnispolitischen Gründen stellt man diese fundamentale Erkenntniss hinten an? Ist das der intersekzionale Konsens der deutschen Mittelschichtslinken mit akademischem Hintergrund?

Foto: Belltower News z.B. brachte am 20.2.2020 das Kunststück fertig, die ermordete Mutter zu erwähnen und weiterhin von „neun Opfern“ zu schreiben.

 

Das VL in Halle gedenkt auf diese Weise auch. Es hat ja nix mit nix zu tun.

Die Linke will wahrscheinlich schon von der Gesellschaft, die sie angeblich vertritt, ernst genommen werden. Sonst würde sie, vermute ich mal, sich nicht so viel Mühe mit ihren Kampagnen, Umzügen, Flyern und allen möglichen anderen Veranstaltungen machen. Sie will ernst genommen werden, wenn sie bei der nächsten tragischen Gelegenheit „Keine mehr!“ rufen wird.

Oder man gesteht sich und anderen ein, dass der proklamierte Feminismus wohl keiner ist, wenn ein Femizidopfer verschwiegen wird.

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Aus der Geschichte der Arbeiterbewegung: Die Gründung der DDR

Zahlreiche Betriebe vor allem in den Industriezentren von Berlin, Thüringen und Sachsen waren von den Belegschaften nach dem Zusammenbruch des Hitler-Regimes spontan enteignet und gewählten Betriebsräten unterstellt worden, die den Wiederaufbau der Produktion in die Hand genommen hatten. Die früheren Eigentümer und Direktoren wurden rausgeworfen und daran gehindert, wie in den Westzonen wieder Besitz von ihrem einstigen Eigentum zu ergreifen.

So wird in Mitteilungen aus verschiedenen Betrieben an den Bundesvorstand des Dachverbandes der Gewerkschaften in der sowjetisch besetzten Zone, den Freien Gewerkschaftsbund (FDGB), im Herbst 1946 unter anderem folgendes berichtet:

„Unser Betrieb gehört dem sogenannten Phrix-Konzern an, dessen Hauptleitung sich in Hamburg befindet. Wir sind aber durch Beschluss der Gesamtbelegschaft aus dem Konzern ausgeschieden… Zum Träuhander wurde im März dieses Jahres in geheimer Abstimmung ein bisheriger Werkmeister gewählt, der das Werk zur Zufriedenheit der Belegschaft leitet“. (Kurmärkische Zellwolle und Zellulose AG, Wittenberg, Belegschaft: 1409)

Oder:

„Im Juli 1945 setzte sich der damalige Nazidirektor Wussow (persönlicher Freund von Sauckel) vor dem Einmarsch der Roten Armee nach den Westen ab. An seine Stelle traten zwei Arbeiter, und zwar ein Dreher und ein Schlosser, in die Direktion ein“. (Olympia Büromaschinenwerk Erfurt, Belegschaft: 2323)

Um diese spontanen Initiativen politisch bewusster Schichten der Arbeiterklasse frühzeitig abzuwürgen, bevor sie zu einer breiten Massenbewegung werden konnten, sahen sich die sowjetischen Besatzungsbehörden gezwungen, zahlreiche dieser Enteignungen nachträglich durch Verstaatlichungen zumindest vorläufig zu bestätigen, um sie dann durch Überführung in die Landesverwaltung der Kontrolle des stalinistischen Apparats zu unterstellen. Im Oktober 1945 verfügte die SMAD die Beschlagnahme der Groß- und Schwerindustrie, die im Eigentum des deutschen Staats, nationalsozialistischer Organisationen oder von Kriegsverbrechern war. Auf dem Agrarsektor wurden durch eine Landreform die Ländereien von Junkern und anderen Großgrundbesitzern enteignet und unter kleineren Bauern aufgeteilt.

Wie sehr die Bürokratie dabei unter dem Druck der Arbeiterklasse stand, kam auch in der Volksabstimmung in Sachsen 1946 zum Ausdruck, als über 77% der Bevölkerung für die entschädigungslose Enteignung aller Kriegsverbrecher stimmten. Als die stalinistische Bürokratie 1946/47 viele Betriebe ihren früheren kapitalistischen Eigentümern zurückgeben wollte, wurde sie im Januar 1947 durch den ersten großen Massenstreik in Sachsen, dem wichtigsten Industriegebiet Ostdeutschlands, daran gehindert.

Aus: Wolfgang Weber, „DDR – 40 Jahre Stalinismus. Ein Beitrag zur Geschichte der DDR“, 1993 Essen

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Abgefahren: Eine kleine Zusammenstellung zu Freedom Convoys

Ende Januar / Anfang Februar sorgte eine massive Aktion gegen die Anti-Corona-Maßnahmen der kanadischen Regierung weltweit für Schlagzeilen. Während die einen eh die ganze Zeit auf die richtige Signale warten, war es für andere schwer, den Protest der kanadischen Trucker einzuordnen. Ich gehe davon aus, dass zwei Wochen später der Kontext wenigstens grob allgemein bekannt ist: seit eben fast zwei Wochen wird die kanadische Hauptstadt und auch einige Grenzübergänge zu den USA von Hunderten von LKWs zugeparkt und blockiert. Wegen der Impfpflicht für FahrerInnen angeblich und trotz allgemein hohen Impfquote und Zustimmung zu Hygienemaßnahmen in der Bevölkerung und unter der FernfahrerInnen insbesondere.

The so-called “Freedom Convoy” protest in Ottawa this weekend has attracted demonstrators flying Nazi and Confederate flags. In photos shared to social media, many were calling out the use of symbols of hate in a peaceful protest.

(…) With an estimated 90% of Canadian truckers reportedly vaccinated and protesters being disavowed by the Canadian Trucking Alliance, many of the protesters in Ottawa have no connection to the trucking industry.

Es mehren sich auch ZeugInnenberichte und Analysen der Lage vor Ort, die den Protest nicht unbedingt als einen erscheinen lassen, der sich für ArbeiterInnenbelange einsetzt. Die Ursprünge der rechten Organisierung liegen bereits 2019 zurück, in der „United We Roll“-Aktion der kanadischen möchte-gern „Gelbe-Westen“-Bewegung, die von Anfang an ein Projekt der Rechten war. Hinter den aktuellen Aktionen stehen laut antihate.ca die separatistischen Wexit-Movement und Maverick Party:

Now, arriving from different corners of Canada, the fleet of semi-trucks, half tonne pickups, SUVs and more than a few sedans is on its way to Parliament Hill. Many of their supporters swear this isn’t about the far-right, and even, bizarrely, that they aren’t anti-vaccine. Most of them probably believe it, too. But the organizers behind the convoy, and where it emerged from, paint a very different picture.

Einer der wichtigsten Mitinitiatoren ist James Bauder von Canada Unity:

Despite presenting the so-called “Freedom Convoy” as a protest centered on the concerns of blue-collar workers, the “president” of the convoy apparently doesn’t believe in unity if you’re in a union. (…)

Two years ago, Bauder was part of a similar far-right convoy that mobbed a picket line and threatened to run over locked-out oil refinery workers.

Bauder livestreamed the convoy’s anti-union protest, which featured interviews with figures linked to the far-right “Yellow Vest” group.

Außerdem wurden laut einem anderen Bericht von PressProgress religiöse Fundamentalisten, sovereign citizens und Personen aus dem Unfeld von People‘s Party, Ontario First Party, Hugs over Masks, Unified Grassroots, Plaid Army und anderer rechtsdrehender Gruppierungen, deren Gefährlichkeit man nicht unterschätzen sollte, gesichtet.

Interessant ist auch, welche ArbeiterInnen oder Gewerkschaften die Proteste unterstützen bzw. mitfinanzieren. Man ahnt es: keine. Dafür jede Menge reiche Geschäftsleute, teils mit sehr kruden Ansichten, denen die Hygienemaßnahmen der kapitalfreundlichen Regierung Trudeau offensichtlich wohl ein unzumutbar großer Kostenfaktor sind: Weiterlesen

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Aus gegebenem Anlass

Die „Grundprinzipien kommunistischer Produktion und Verteilung“ in der Ausgabe von 1970 als etwas verwaschenes PDF, aber mit nur 12 MB gibts jetzt hier.

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Broschüre Betriebe

Wir bitten um Beachtung:

So hallo,

von unsrer allseits beliebten #Ohnechef-Broschüre haben wir noch eine Nachlieferung mit einen Haufen Exemplaren. Sie sind für Arbeitnehmer in Krisenbetrieben gedacht. Wer noch welche haben will, auch zum Weiterverteilen, schreibt uns unter betriebe2020@gmx.de.

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Video: „Zur Ökonomie einer herrschaftsbefreiten Gesellschaft“

Hier findet sich das Video des Vortrags von Felix Klopotek bei der Initiative Demokratische Arbeitszeitrechnung vom 6.1.

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Kasachstankrise: Vom „sanften Machttransfer“ zu Aufstand und Intervention

Von Alexander Amethystow

Kasachstan, das zweitgrößte postsowjetische Land, die stärkste Wirtschaftsmacht in Zentralasien, ist zu Jahresbeginn in die Schlagzeilen der Medien weltweit geraten. Auf die Erhöhung der bisher subventionierten Flüssiggaspreise zum Jahreswechsel reagierten prekäre Teile der Bevölkerung zunächst mit Protesten, die in Straßenblockaden und Streiks übergingen. In einigen Regionen wurden Rohstoffförderung und Metallverarbeitungsindustrie bestreikt, von den Arbeitsniederlegungen waren auch Teile des Transportwesens gelähmt. 12 Städte des Landes wurden gleichzeitig von Protesten ergriffen.
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Buchbesprechung: Revolutionärer Feminismus

Es ist in diesem Heft behauptet worden, dass derzeit ein Feminismus nicht besteht. Das klingt natürlich anmassend. Es ist allerdings hier auch öfter gesagt worden, dass derzeit eine Linke nicht besteht. Alles, was sich heute so nennt und sich dafür hält, ist nur ein relativ selbständiges Anhängsel des Liberalismus. Der Liberalismus war in den 1990ern zu einer Art Vorherrschaft gekommen, er hat alle entgegenstehenden Traditionen unter sich begraben, sogar in sich aufgenommen und assimiliert, in sich aufgelöst; er ist vor etwa zehn Jahren aber selbst in die Krise gekommen, und hat sich seither in verfeindete Lager gespalten. Ob die Krise eine erneuerte Opposition möglich machen wird, ist immer noch unklar und ist nur praktisch zu ermitteln. Der Feminismus ist aber ein notwendiger Bestandteil einer solchen Opposition.

Wir halten das Geschlechterverhältnis für die Grundlage aller gesellschaftlichen Fragen, auch der Klassenfrage; und wir halten die Frauen für denjenigen Faktor, der überall über Beginn, Reichweite und Erfolg der Revolution entscheidet. Was hier getan wird, wird Folgen haben für den ganzen Gesellschaftsbau, denn er ruht hierauf. Wir wollen aber die scheinbar anmassende Behauptung nicht einfach so stehen lassen, sondern sie noch weiter ausführen; indem wir aus der reichen, aber heute anscheinend vergessenen Tradition des revolutionären Feminismus einige Sachen heraussuchen, vorerst nur rein literarische, die uns Klarheit geben sollen; über die Gründe für seinen Aufstieg und Niedergang, und über einige Bedingungen seiner Wiederaufnahme.

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Schal, ket! Ressej, ket!

Ein paar kurze Anmerkungen zu Geschehnissen in Kasachstan.

Den Ruf „Schal, ket“ hört man im Land seit mindestens 2014, wenn nicht schon früher. Der Clan des „Alten Mannes“ Nasarbawew in einem dermaßen reichen Land mit dieser Ungleichheit ist verständlicherweise ist sehr „beliebt“. Der Alte hat auch schon mal Wahlen gefälscht, Verfassungen umgeschrieben und immer mehr Befugnisse vom Parlament zum Präsidentenamt verschoben, genau wie der nördliche Nachbar.

Und ausgerechnet die Preiserhöhung fürs Flüssiggas ums Doppelte, und ausgerechnet im vor zehn Jahren demonstrativ brutal zertrampelten Schangaosen! Inzwischen brennt es im ganzen Land.

Es ist nicht die erste und wohl nicht die letzte Unruhe, diesmal ist sie aber massiv. Angesichts der Organisiertheit und der Entschlossenheit der Protestierenden fällt der Reaktion nur immer das Gleiche ein: es ist ein Eingriff von Außen, die Leute sind „finanziell interessiert“ (wie es Toqajew formuliert). Niemand hat vor, die Schuhe auszuziehen, bevor man sich auf eine Bank stellt. Dass es sich nicht lohnt, hat letztens Belarus sehr anschaulich demonstriert. Stattdessen fährt man mit einem Bagger in Waffen- und andere Geschäfte und Polizeistationen, setzt Militärfahrzeuge fest, die blockierte Straßen durch die Steppe zu umfahren versuchen. (Tbh, sieht für mich viel erfreulicher aus als abgefackelte Polizeifahrzeuge, die es auch schon weit über hundert gibt. Außerdem muss ich anmerken, das Abschalten von Internet ist das dümmste Aufstandsbekämpfungsmittel, wo gibt). Leute, die organisiert Almaty plünderten, scheinen eine eigene Gruppierung innerhalb des Protests zu sein. Ob sie doch noch zu jemand aus der abgesetzten Regierung gehören, werden wir, denke ich, erst in den nächsten Tagen erfahren. Doch die schwierigste Aufgabe wird sein, die ganzen liberalen FreundInnen des „gewaltfreien Machttransfers“ zum oppositionellen Oligarchenclan hin, des Demokratie- und der Menschenrechte-Gefasels vom Leib zu halten. Deren Reaktionen auf Plünderungen zeigen bereits sehr deutlich, dass es nur FreundInnen der Eigentumsordnung sind. Das muss und kann nur eine selbstbewusste und konsolidierte Instanz innerhalb der Gesellschaft tun, und so eine Instanz ist z.Z. nicht in Sicht.

Offensichtlich ist der Repressionsapparat gespalten, gestern noch solidarisierte sich die Polizei in Aqtöbe mit den Leuten auf der Straße, Soldaten lassen sich auch gerne entwaffnen. (Ein bekannter Nachteil der allgemeinen Wehrpflicht ist, dass die Armee zum Teil aus jungen Menschen besteht, die wider Willen einberufen worden sind und die nachher von Mama, Papa und den Dorfnachbarn gefragt werden, was sie in diesen Tagen gemacht haben). Das ist wohl der Grund, warum Toqajew das Sicherheitsbündnis um Hilfe gebeten hat. Was in erster Linie Russland auf den Plan ruft. Wird es alte national-bolschewistische Träume, ähnlich wie in der Ukraine, verwirklichen und den russischsprachigen Norden des Landes annektieren? Wird der Einsatz das Ende des alten Mannes im Kreml einläuten? Die ersten wackeligen Proteste gegen die Einmischung in kasachische Angelegenheiten haben in Russland schon begonnen.

Vereinfacht gesagt: Was wird das jetzt – „Belarus II“ oder „Ukraine II“? Stay tuned.

spf

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