Neues von der Pseudo-Linken (IX)

Man kann, wir haben es schon angedeutet, nicht so tun, als wäre mit dem Wort „Pseudo-Linke“ substanziell schon etwas gesagt. Das Problem reicht weiter und geht tiefer in das Hinein, was wir die bestehende Linke nennen müssen.

Wir beobachten heute wahrscheinlich den Untergang der 2010er Linken; eine Formation, über die später noch einiges zu sagen sein wird. Die Lehren, die hier zu ziehen sind, müssen gründlich gezogen werden.

1
Das Problem ist, dass jetzt 15 Jahre lang eine Linke dringend nötig war, ein wirklicher Bedarf nach ihr Bestand, während die reale Linke nicht wusste, was tun.Das Ergebnis war, dass die reale Linke überrannt worden ist von einem Haufen von Leuten, die einem unklaren Gefühl nachgingen, meistens aus den Klassen, wo man genug Freizeit hat.

Diese Leute hatten einen Status zu verteidigen, oder eine Aussicht auf einen Status, mindestens einen eingebildeten Erkenntnisvorsprung vor den ungewaschnen Massen.
Sie reden laut von Veränderung, weil sie spüren, dass eine ansteht, aber sie fürchten sich davor mehr als vor allem anderen. Sie müssten sich dazu denen anvertrauen, die sie am meisten hassen, den gewöhnlichen Leuten.

Sie greifen begierig nach jedem noch so dummen Mittel, das ihnen hilft, Distanz zu schaffen. Sie unterschreiben unter die haarsträubendsten Luxusansichten des neuen Bürgertums; und sie hoffen, zu diesem irgendwann aufzusteigen. Was passiert, wenn diese rabiate Armee von konformierenden Rebellen begreift, dass dieser Aufstieg eine Illusion ist, weiss heute kein Mensch. Wir werden sie nicht brauchen können.

2
Diese Masse von im Kern unpolitischen Leuten hat auf den Rest der Linken einen korrosiven, korrumpierenden Effekt. Der Applaus, den sie den dümmsten Ansichten schenken, übertönt das Gewissen und treibt viele dazu, ihnen zu folgen. Es ist ein leichtes Leben, wenn man sich zu ihrem Sprecher macht. Es ist unermesslich schwerer, wenn man auf den Dingen besteht, die man früher gelernt hat.

In solchen Zeiten zeigt sich, wie genügsam viele in intellektueller Hinsicht immer gewesen sind, oder wie wenig Auflehnung in ihnen war. Aber wer die Kritik aufgibt und die Auflehnung und die Freiheit, nein zu sagen, hat nichts mehr in der Hand gegen den faktischen Zwang, den Tendenzen seiner Zeit passiv zu folgen.

Und die Haupttendenz unserer Zeit ist ein vernagelter Konformismus, der in den Untergang führt. Zum Glück ist es nie der vernagelte Konformismus der eigenen Seite.

3
Aber am Ende sieht es so aus. Diejenigen Leute, die es sich leisten können, haben diejenigen, die es nicht können, seit 15 Jahren um die anstehende Veränderung betrogen.
Sie haben ihnen stattdessen ihre eigenen Hobbies und Obessionen aufgezwungen. Sie glauben selbst nicht, dass sie damit durchkommen. Sie haben gelernt, die Veränderung immer mehr zu fürchten.

Sie ketten sich deshalb immer mehr an das Establishment, je deutlicher es wird, dass das Establishment sie nur benutzt und verachtet. Sie werden nicht froh damit werden. Aber sie sind nicht nur die Betrogenen, sondern auch die Betrüger; sie werden sich aus diesem Bündnis nicht lösen können, weil sie alles verlieren würden, was sie sich aufgebaut haben. Sie verlieren es ohnehin; aber sie sehen es nicht.

Wir sehen im Grunde die 2010er Linke an der Realität zerschellen. Und alle ihre Spezial-Ideen laufen am Ende nur auf eines hinaus, nämlich dass sie nicht einmal in der Lage ist, es zu sehen.

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