Die Krise in Deutschland

Gibt es eine Rezession in Deutschland? Xinhuanet hat die heissen Details:

Deutschland am Rande der Rezession

Der BDI weiss genaueres: eine lange Rezession droht, wenn die Regierung nicht in die richtigen Industrien „investiert“. Notieren wir im vorbeigehen, dass es ein sicheres Krisenzeichen ist, wenn die deutsche Industrie Staatsausgaben verlangt; auf die lustige Geschichte mit den Staatsausgaben kommen wir gleich noch zu sprechen.- Die Tagesschau ist schon etwas weiter: „Deutsche Wirtschaft in Rezession abgerutscht“, , aber das war schon vom Mai und ist deswegen veraltet. Es ging nämlich um eine ganz andere Rezession, die von Preisanstieg ausgelöst worden ist. Diesmal geht es um eine zyklische Rezession, die erstens von alleine kommt und zweitens mit einem Verfall der Preise einhergeht. Man sieht, man kann es den Leuten nicht recht machen; was man tut, es ist verkehrt.

Früher hatten wir viel über die Krise in China, und in der Tat ist inzwischen der zweite Immobilienkonzern dort offensichtlich insolvent. Aber das ist ja weit weg gewesen und kein Grund zur Sorge. Deutsche Grundstücke sind ja keine chinesischen. Nur der Markt für Grundstücke ist anscheinend derselbe.

„Wen reißt René Benko mit nach unten?“, fragt man sich seit diesen Tagen. Sein Signa-Konzern hat sich aufgelöst in ein „riskantes Finanzierungskarusell“, mit dem niemand etwas zu tun haben will, aber viele leider haben: Kaufhof z.B. ist schon wieder pleite, das Wort „Ankermieter“ geistert durch die sozialen Medien, und das Wort „Dominoeffekt“ durch die Wirtschaftsnachrichten.

Und der „Höhepunkt der Immobilienkrise“ ist „wohl noch nicht erreicht“.

Das sicherste Anzeichen der Krise ist natürlich die Insolvenz. „Im Zuge der Konjunkturflaute in Deutschland kommt es immer mehr zu Pleiten von Großunternehmen. In den ersten neun Monaten waren es bereits 45 Fälle, wie am Montag aus einer Umfrage des Kreditversicherers Allianz Trade hervorgeht. „Besonders viele große Pleiten gab es im bisherigen Jahresverlauf im Mode-Einzelhandel, bei Krankenhäusern und im Maschinenbau“ “

Und jetzt zur Politik. Das haushaltsrechtliche Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist eigentlich gemessen am geltenden Recht banal. Die Regierung hatte Kreditermächtigungen aus einem Corona-Haushaltsfonds in einen anderen Haushalt übertragenund einen Klima-Fonds draus gemacht. Zur Erinnerung: dieselben Parteien hatten damals die Hand gehoben, als es darum ging, die sogenannte „Schuldenbremse“ ins Grundgesetz zu schreiben. Nun war der Fonds durch eine „außergewöhnliche Notsituation“ im Jahr 2020 gerechtfertigt, aber der Fonds, in den er überführt wurde, nicht. Tja.

Es stellt sich nun aber heraus, dass diese Umgehung des eigenen Haushaltsrechts die eigentliche Geschäftsgrundlage dieser Regierungskoalition gewesen sein könnte. Das unerträgliche Bild, das sie bietet, hat seinen Grund darin, dass sie sich eigentlich über nichts einig ist. Sie bildet ein Zweckbündnis, das die verschiedensten Interessen bedienen muss; im Grund alles, was unter den CDU-geführten Regierungen seit 2005 nicht zum Zuge gekommen ist. Es zeigt sich im Politikstil, der an die Eröffnung eines kalten Buffets erinnert; an der Art und Weise, wie man sich gegenseitig abwechselnd hämisch ein Bein stellt, und abwechselnd sich gegenseitig deckt, wenn es den Bestand der Koalition betrifft.

Eine zusammenhängende gemeinsame Politik haben diese Leute nicht, von ihnen eine „Idee“ oder „Vision“ zu erwarten, ist albern. „Vision“ ist ein sehr kitschiges Wort, und man verbindet es gewöhnlich mit den Festtagsreden des Bundespräsidenten, aber es ist eigentlich der kitschige Name für Haushaltspolitik. Man muss wissen, wem man Geld abnimmt und wem man es gibt. Die politische Hauptidee dieser Koalition scheint gewesen zu sein, aus einem Fonds zu regieren, der schon da war, über den man nicht streiten musste, und für den keine andere Verwendung da war.

Von ihnen wird nichts übrigbleiben als womöglich das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz. Wie unbeliebt ist diese Koalition? „72 Prozent der FDP-Wähler hätten lieber eine GroKo„. Also eine Koalition ohne die eigene Partei.Die alte Frage: ist im Liberalismus noch Leben? beantwortet sich in der Tat immer deutlicher.

Die Rezession zeigt sich, wie schon seit Monaten absehbar war, in dieser Runde vor allem an Deutschland; Deutschland hat sich durch die grosse Krise 2008 und durch die kleinere 2015 durchgepisst auf Kosten andrer Volkswirtschaften, aber nichts ist für immer. Es ist deswegen nicht auffällig, dass unter den Wirtschaften der EU momentan als einziges Deutschland richtig drinzustecken scheint. Das wird sich wahrscheinlich ändern, sobald die deutschen Kapitalmärkte wirklich betroffen sind. Aber die Krise wird sich diesesmal in Europa auf ganz andere Weise ausbreiten und ganz anders geltend machen, als die letzten Male.

In ausländischen Medien finden wir viel Diskussion darüber, ob Deutschland am Beginn eines langfristigen Niedergangs steht. Unsre Medien hier sind viel zu vornehm, das zur Kenntnis zu nehmen, ausser denen der Rechten; wir finden so etwas daher in wenig reputierlichen Blättern wie dem Focus:

Der amerikanische Politologe Peter Zeihan prophezeit Deutschland gar den Untergang als moderne Wirtschaftsmacht. In seinem YouTube-Video „The End of Germany as a Modern Economy“ nennt der „New York Times“-Bestsellerautor drei Faktoren, die für ihn „das Ende Deutschlands als moderne Volkswirtschaft“ unausweichlich machen.
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„Vom Regen in die Traufe – die schlechte Lage in Deutschland hat sich noch weiter verschlimmert“, hieß es kürzlich auch in einem Leitartikel des „Wall Street Journal“ zum jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts über den Bundeshaushalt: „Jetzt muss Deutschland seiner grünen Steuerwahrheit ins Gesicht sehen.“

Die Nachrichtenagentur Reuters urteilt ähnlich: „Die deutsche Haushaltskrise wird die deutsche Wirtschaft noch viele Jahre lang lahmlegen“, prophezeit man hier. Der US-Sender „ABC News“ berichtet ebenfalls: „Jetzt trifft die schwächste große Wirtschaftsmacht der Welt auch noch eine Haushaltskrise“ und stellt die Frage: „Wie will Bundeskanzler Olaf Scholz das nur richten?“ Denn die jetzt notwendigen Einsparungen würden die ohnehin schwächste große Volkswirtschaft der Welt nur noch weiter ausbremsen.

In der britischen Tageszeitung „Guardian“ meint David Marsh vom Thinktank OMFIF (Official Monetary and Financial Institutions Forum): „Schon viele Male in der Vergangenheit wurde das Ende der deutschen Wirtschaft eingeläutet, aber Deutschland hat es immer wieder geschafft, auf die Beine zu kommen. Diesmal könnte allerdings es etwas anders sein.“

Wir werden Gelegenheit haben, das näher zu untersuchen. Auf das Geheul der deutschen Industrie und das Gezeter der deutschen Rechten gibt man nicht viel; man kennts. Und eine ungünstige Prognose lässt sich heute, und das ist gerade das interessant, ohne weiteres jeder grösseren Industriemacht ausstellen.

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